21.06.2014: Aus meinem Tagebuch

Wie die Wochen zuvor (seit ich in Brüssel die Arbeit aufgenommen habe) war auch die letzte Woche äußerst anstrengend.

In der ersten Woche mussten neben den Gesprächen mit den Europa-Grünen und der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke (Abkürzung: GUE/NGL) bezüglich der Fraktionszugehörigkeit umfangreiche bürokratische Arbeiten im Zusammenhang mit der Akkreditierung als MEP bzw. als MdEP (Member oft he European Parliament, Mitglied des Europäischen Parlamentes) erledigt werden.

Danach folgten stundenlange Gespräche mit meiner Kollegin Anja Hazekamp von der Partij voor de Dieren bezüglich der Fraktionszugehörigkeit. Nachdem dann feststand, dass wir gemeinsam der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke beitreten wollten, standen weiterführende Detailverhandlungen mit der stellvertretenden Generalsekretärin der Fraktion an.

Zwischendurch kamen Presseanfragen für Interviews. Man ist immer in Eile, weil ein Termin den anderen jagt. Vor allem waren die Presseanfragen wegen meiner Mahnwache in Dachau im Jahr 2006 zeitraubend. Falschinterpretation, um der Partei und mir zu schaden und die Aufnahme in der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke zu verhindern? Durch ein abschließendes Statement in der Zeitung „Neues Deutschland“ am 16.06.2014 war dann die Angelegenheit endgültig vom Tisch.

Nach dem offiziellen Antrag für die Aufnahme in die Fraktion GUE/NGL wurde ich voll in die Fraktion eingebunden, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich ging davon aus, dass erst ab dem 01.07.2014 meine Arbeit in Brüssel beginnen würde. Fast jeden Tag standen stundenlange Sitzungen an und Gespräche mit anderen Abgeordneten.

Einige Tage später wurde dann die Fraktionszugehörigkeit von Anja Hazekamp, mir und einigen anderen neuen Delegationen in der Fraktion bestätigt. Durch unsere Aufnahme wurde die GUE/NGL die drittstärkte Fraktion im EU-Parlament: ein historischer Tag für die Europäische Linke!

Ich habe mich sehr über die Herzlichkeit und das ausgesprochen harmonische Arbeitsklima in der Fraktion gefreut. Ich fühle mich jedenfalls dort unter Freund/innen (Genossinnen und Genossen) und gut aufgehoben.

In den beiden folgenden Wochen standen Sitzungen bezüglich des Fraktionspräsidiums und der zukünftigen Arbeitsweise des Präsidiums an, die nicht nur meine Geduld auf eine harte Probe stellten. Am Donnerstag, den 19. Juni 2014, wurde man sich in der Fraktion dann einig, wer die Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden sind und wer für das Amt des stellvertretenden Präsidenten des EU-Parlamentes aus der GUE/NGL benannt wird.

Seit meiner Arbeitsaufnahme in Brüssel steht mir Sandra Gabriel aus dem Landesverband NRW zur Seite, die mich schon bei meinen Wahlkampfaktivitäten im „Ruhrpott“ rund um die Uhr unterstütze. Ohne Sandra wären die anfänglichen bürokratischen Hürden, die Terminplanung, die Presseanfragen usw. kaum zu bewältigen gewesen. Außerdem passt sie auf, dass ich mich nicht in dem riesigen Gebäude andauernd verlaufe . Ihr Orientierungssinn grenzt fast an ein Wunder…

Was mir Probleme bereitete, war mein alter Toyota. Geparkt hatte ich in der Tiefgarage des Parlamentes und erledigte alle Gänge zu Fuß. Als ich den Wagen zwischendurch einmal benutzen wollte, sprang er nicht an: Die Batterie war leer. Die überaus freundlichen Bediensteten im Parlamentsgebäude mussten mir dann mittels „Booster“ Starthilfe geben.

Was meine vegane Ernährungsweise betriff, gibt es keine Probleme. In einem Restaurant im EU-Parlament werden täglich fleischfreie Gerichte (manchmal auch nur vegetarische Gerichte, dann geht es eben an die reichhaltige Salat-Gemüsebar) angeboten. Abends geht es zum Inder, Chinesen oder Italiener oder man versorgt sich mit Obst, Brot, Salaten und anderen veganen Nahrungsmitteln aus einem der vielen Läden rund um das Parlamentsgebäude. Die Tauben freuen sich, denn sie bekommen dann auch etwas ab…

An den sitzungsfreien Tagen war ich auf der Suche nach einer Unterkunft; es ist nicht einfach, ein Appartement zu finden, das preisgünstig, aber trotzdem nicht zu weit vom EU-Parlament entfernt ist. Bisher blieb die Suche leider erfolglos; vielleicht klappt es nächste Woche.

Dieses Wochenende (21. – 22.06.2014) bin ich in Saarbrücken; wollte einfach einmal ausspannen. Aber daraus wird wohl nichts: Im Posteingang sind zig E-Mails von Wähler/innen, zig FB-Freundschaftsanfragen, Einladungen zur Teilnahme an Tagungen und die ersten Kontaktversuche von Lobbyisten, die mich unbedingt sprechen wollen.

Ohne eine persönliche Sekretärin werde ich wohl zukünftig nicht auskommen, aber für die Personaleinstellungen sind Anja Hazekamp und ich gemeinsam zuständig, nachdem wir eine innerfraktionelle Gruppe hinsichtlich unserer Parlamentsbüros diese Woche gegründet haben, da jeder für sich die hohen Personalkosten in Brüssel gar nicht schultern kann. Eine gute Kraft verdient fast so viel wie ein Abgeordneter, aber ohne geschultes Personal geht es nicht.

Am Montag geht es wieder nach Brüssel (die Ausschuss- und Delegationsverhandlungen stehen an); vielleicht finde ich hier in Saarbrücken ein paar Stunden Zeit, um abzuschalten (glaube ich zwar nicht, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt). Jedenfalls muss ich am Montag wieder fit sein.