30 Jahre deutsche Einheit – 30 Jahre Vielfalt und Unterschiede

Die deutsche Einheit ist ein Teil der europäischen Einheit. Die EU erweiterte sich nach Osten und Norden und machte große Schritte hin zu einem Vereinigten Europa. Und im kleineren Maßstab vereinigten sich BRD und DDR, wobei es auch hier eher eine Erweiterung der BRD nach Osten war.

Und genauso wie die EU in sich eine enorme Vielfalt an Kulturen und Politikstilen und Unterschieden in Wirtschaftsleistung und Lebensqualität beherbergt, gibt es innerhalb Deutschlands wunderbare Vielfalt und zugleich aber auch unschöne Unterschiede. Auch nach 30 Jahren sind die Wohlstandsgefälle nicht gelöst, so dass beispielsweise das Nettoeinkommen in den Alten Bundesländern 2,5 mal so hoch ist wie in den Neuen Bundesländern! Das führt zu Unverständnis und Protesten. Denn die wirtschaftliche Schwäche der Neuen Bundesländern ist nicht wirklich selbstverschuldet, sondern liegt insbesondere auch an den Standortverlagerungen vieler großer Konzerne von der Sowjetischen in die Amerikanische Zone nach dem Zweiten Weltkrieg.

Gleichzeitig aber ist „der Osten“ in einigen Bereichen aber auch Spitzenreiter: es gibt mehr Kindergartenplätze, Frauen sind gleichberechtigter, die Schulen schneiden bei PISA oftmals besser ab. Und „im Westen“ gibt es ebenso ökonomische Probleme, etwa in Bremerhaven oder Duisburg. Unterm Strich aber war die Deutsche Einheit ein Erfolg und die Unterschiede zwischen Nord und Süd, Stadt und Land, Alten und Jungen werden immer häufiger diskutiert als die manchmal öde gewordene Ost-West-Debatte.

Die Deutsche Einheit war ein historischer Akt, der seitdem mit Leben, Debatten und vielen individuellen Geschichten gefüllt wurde. Und vieles wird noch kommen, mit kleineren Rückschlägen, großen Herausforderungen, unerwarteten Ereignissen und neuen Ungewissheiten – und der wichtigen Erkenntnis, dass historische Prozesse nie am Ende sind, sondern wir jeden Tag unser aller Schicksal neu aushandeln und festlegen können – und in einigen Bereichen wie Klimaschutz, Artenschutz, Tierschutz, Menschenrechte und Friedenspolitik neu festlegen müssen.

Und hier gibt es kein Ost und West, keine Nationen, sondern nur eine Menschheit, die beweisen muss, dass sie vernünftig, friedlich und ethisch verantwortungsvoll handelt.