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„Amtliche Veterinäre schauen Tierquälereien tatenlos zu – und bleiben straffrei“

Glauben an Rechtsstaat verloren

Die Einstellung der strafrechtlichen Verfahren gegen die drei Amtsveterinäre, die bei unerträglichen Misshandlungen von Tieren im Schlachthof Tauberbischofsheim (Dank des Einsatzes von SOKO Tierschutz aufgedeckt) untätig geblieben sind, lässt uns den Glauben an unseren Rechtsstaat verlieren. Insbesondere die im u.a. Artikel angeführte Begründung der Staatsanwaltschaft ist haarsträubend.*

Die durch die Schlachthofmitarbeiter nicht nur in einem Einzelfall, sondern immer wieder über einen längeren Zeitraum ausgeführten Handlungen an den Tieren sind auf Grund der schweren Leiden für die Tiere schlichtweg gesetzlich verboten.

Die – im übrigen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Betrieb stehenden – Amtsveterinäre hätten einschreiten müssen!

Amtstierärztinnen und Amtstierärzte sind aufgrund §16a TierSchG i.V.m. Art.20a GG und §1 TierSchG „Beschützergaranten“ für das Wohl der Tiere und die Einhaltung des Tierschutzrechts und als solche verpflichtet, gegen tierschutzrechtswidrige weil gegen Normen des Tierschutzrechts verstoßende Handlungen und Zustände einzuschreiten.

Diese persönliche Pflicht einzelner Amtstierärztinnen und Amtstierärzte beruht auf der entsprechenden Pflicht der Behörde, für die sie tätig sind und deren Erfüllung ihnen als dienstliche Aufgabe obliegt. §16a S.1 TierSchG eröffnet Amtstierärztinnen und Amtstierärzten kein Entschließungsermessen. Stattdessen müssen sie immer handeln, wenn in ihrem Zuständigkeitsbereich Verstöße gegen Tierschutzrecht begangen wurden, noch werden oder bevorstehen. Bleiben Amtstierärztinnen und Amtstierärzte untätig, obwohl die Voraussetzungen der Generalermächtigung des §16a TierSchG erfüllt sind, können sie selbst Straftaten i. S. d. §17 TierSchG durch Unterlassen begehen.**

Wir möchten einfach nicht glauben, dass wir in einem Land leben, in dem es so zugeht, wie von Annabelle Thilo in ihrer juristischen Dissertation beschrieben: „Die Veterinärämter, sind Teil einer Behördenstruktur, die wirtschaftliche Interessen verfolgt und damit eng mit den Interessen derer verbunden sind, die sie eigentlich überwachen sollen“.

Aus diesem Grund baten wir

  • die Staatsanwaltschaft, die Einstellung der strafrechtlichen Verfahren gegen die drei Amtsveterinäre zu überprüfen,
  • das betroffene Landratsamt, die Ergreifung arbeits- bzw. dienstrechtlicher Maßnahmen gegen die Amtsveterinäre (wären ggf. auch für den Ruhestandsbeamten noch möglich) zu prüfen,
  • die Landesregierung um zeitnahe Aufklärung dieses Einzelfalles und Erarbeitung von Konzepten zur künftigen Einhaltung von Recht und Gesetz zum Schutz der uns anvertrauten Lebewesen.

*Artikel im Spiegel „Amtliche Veterinäre schauen Tierquälereien tatenlos zu – und bleiben straffrei“
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/amtliche-veterinaere-schauen-tierquaelereien-tatenlos-zu-und-bleiben-straffrei-a-6976ba7f-6cf6-4fb6-a70e-137fc43c99c0?fbclid=IwAR0FP8-bMNOG6_Men4pJjk6rHhtE1wP6kQtPa2S_w6zIPmsi_-W9-5bLQbk

** Rechtsgutachten über „Die Garantenstellung der Amtstierärztinnen und Amtstierärzte im Tierschutz“
https://tierschutz.hessen.de/sites/tierschutz.hessen.de/files/content-downloads/Kemper_Garantenstellung%20der%20Amtstierärzte%20im%20Tierschutz_Sept2006.pdf

Simone Oppermann, LaVo Niedersachsen