Artenschutz ist Existenzschutz

Vom 18. bis 29. Oktober 2010 findet in Nagoya/Japan die 16. Konferenz zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) statt. Den etwa 8.000 Delegierten aus 193 Ländern geht es in den Debatten nicht nur um den nachhaltigen weltweiten Schutz von Flora und Fauna. Vielmehr vertreten viele Teilnehmer der Konferenz auch direkte Wirtschaftsinteressen.

Mit Japan als Gastgeberland wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Bekannt wurde, dass die japanische Regierung sich u. a. mit Schmiergeld und Drohungen Unterstützung bei internationalen Konferenzen sichert, um Artenschutzinitiativen zu blockieren.

2010 ist das UN-weltweit deklarierte Jahr der Artenvielfalt. Die internationale Staatengemeinschaft hat das Millenniumsziel klar verfehlt, den Verlust an Arten und Lebensräumen bis 2010 deutlich zu verlangsamen – der Verlust hat sich vielmehr in dramatischem Tempo fortgesetzt. Die von Menschen verursachte Aussterberate liegt mindestens hundertmal höher als der natürliche Artenschwund. Nun soll wieder mal ein Rettungspaket zum Stopp des weltweiten Artensterbens geschnürt werden – bis 2020!

Schon 20 % der 380.000 Pflanzenarten drohen zu verschwinden, weil auch die wachsende Weltbevölkerung immer mehr Lebensräume zerstört. 70 % der weltweiten Fischbestände sind durch destruktive Fangmethoden von Überfischung bedroht. Einer Plünderung der Meere wird kein Riegel vorgeschoben – es gilt der Kniefall vor der Fischereilobby. Ozeane machen rund zwei Drittel der Erdoberfläche aus, aber nur ein Prozent ihrer Flächen sind geschützt, obwohl 2002 ein Schutz von zehn Prozent der Meeresflächen vereinbart wurde.

Ein wichtiges Thema der Konferenz ist die „Biopiraterie“. Die Entwicklungs- und Schwellenländer fordern Zugeständnisse von den Industrienationen, die jahrzehntelang dort Zugang zu allen biologischen Substanzen, wie z. B. Pflanzen im tropischen Regenwald, hatten, um diese für medizinische oder kosmetische Zwecke lukrativ zu vermarkten und patentieren zu lassen. An den Gewinnen wurden die Herkunftsländer bisher nicht beteiligt. Nun soll das sogenannte ABS-Protokoll (Access and Benefit-Sharing) gegen Biopiraterie verabschiedet werden, welches für eine gerechte Verteilung der Gewinne aus genetischen Ressourcen sorgen soll. Das Verabschieden dieses Protokolls könnte die Entwicklungsländer auch dazu bewegen, der globalen Artenschutzstrategie zuzustimmen.

Aktuell zur „Halbzeit“ der Konferenz ist es daher besonders empörend, dass ausgerechnet die Interessen der deutschen Pharmaindustrie, vertreten durch einen Abgesandten des Bundesgesundheitsministeriums, den dringend notwendigen Abschluss des ABS-Protokolls blockieren. Auch die EU agiert hier unrühmlich: Aus ihrer Sicht ist ein Protokoll gegen Biopiraterie nur dann sinnvoll, wenn es die Biopiraten nicht behindert!

Die immer weiter fortschreitende weltweite Naturzerstörung kommt die Menschheit auf Dauer teuer zu stehen, sie kostet schon jetzt jährlich Billionen von Dollars. Ökosysteme hingegen stellen einen konkreten Wert dar. Nach wissenschaftlichen Berechnungen kommen für jeden in Artenschutz investierten Euro zehn Euro zurück. Gemäß TEEB-Studie, initiiert 2007 vom deutschen Umweltministerium und der EU-Kommission und geleitet vom UN-Umweltprogramm, ist z. B. die Arbeitsleistung der Insekten durch Bestäubung von Pflanzen rund 150 Milliarden US-Dollar wert. Durch ein großes Bienensterben, mutmaßlich hervorgerufen durch die Verbreitung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen, wurden 2007 in den USA Ernten vernichtet; die Farmer büßten dadurch 14 Milliarden Dollar an Einkommen ein. Artenschutz bedeutet die Sicherung unserer Existenzgrundlagen. Unser Überleben hängt von gesunden Ökosystemen ab. Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz appelliert an die Verantwortlichen, sich endlich nachdrücklich für den Arten- und Umweltschutz einzusetzen.

Es ist fünf nach Zwölf, aber es gilt „business as usual“ und so fließen weltweit jährlich 670 Milliarden Euro an Subventionen in Branchen, die wesentlichen Anteil an der Umweltzerstörung haben, in Deutschland sind lt. OECD-Bericht 35 % der Subventionen schädlich für den Artenschutz.

Marita Adler
Partei Mensch Umwelt Tierschutz
Bundesgeschäftsstelle, Abteilung Presse-Arbeit
Fritz-Schumacher-Weg 111, 60488 Frankfurt/Main