Ein Viertel der Mitglieder, die im Partei-Intranet angemeldet sind, haben bei der ersten Umfrage im Rahmen der Parteistrategie teilgenommen. Insgesamt wurden 2.505 Stimmen für 33 Fragen abgegeben. Bei dieser ersten Umfrage ging es um die Themenfelder, die seit längerer Zeit besonders häufig parteiintern diskutiert werden:
- Veganismus und konsequente Tierrechte im Verhältnis zum klassischen Tierschutz
- die in Programmatik und Öffentlichkeitsarbeit zu priorisierenden Positionen
- die allgemeine Positionierung der Partei im Parteiengefüge
- einzelne Themenfelder (Russlands Krieg gegen die Ukraine, Wirtschaftspolitik, Abtreibungen etc.)
- Aufnahmekriterien für Neumitglieder
- organisatorische Maßnahmen der Partei
1. Zunächst wurde erfragt, ob die Mitglieder vegan leben, sich vegetarisch oder omnivor ernähren. 71 % leben komplett vegan. 22 % ernähren sich vegetarisch und 6 % omnivor. Bei den letzten beiden Kategorien wird übrigens öfters von Neumitgliedern angemerkt, dass es sich um eine Praxis handelt, die man perspektivisch ändern möchte. Dann wurde erfragt, wie sich die Partei hier politisch positionieren soll. 86 % haben die Forderung, dass sich die Partei öffentlich klar für vegane Lebensweise und die bio-vegane Landwirtschaft einsetzen soll.
74 % möchten, dass auf allen Veranstaltungen der Tierschutzpartei ausschließlich vegane Angebote bereit gestellt werden. Anzumerken ist hier, dass es keine Abfrage nach nichtveganen Angeboten gab, sodass viele der restlichen Mitglieder dem rein veganen Angebot vermutlich zustimmen würden, es aber nicht so wichtig fanden, es dezidiert zu fordern. Denn die Angebote auf unseren Veranstaltungen sind ja auch bereits durchgehend vegan.
Weniger deutlich wurde die Frage nach der Lebensweise von Amts- und Mandatsträger:innen beantwortet: hier sind 58 % bzw. 55 % der Meinung, dass diese vegan leben sollten. In Gesprächen zu dieser Thematik wird oft angemerkt, dass man dies zwar durchaus als selbstverständlich erwarte, aber es doch zu sehr für eine Privatentscheidung halte, um es auch formal zur ausschließenden Bedingung zu machen. Dass in der Realpolitik auch Kompromisse bei tierrechtlichen Thematiken stattfinden, sehen 17 % der Mitglieder als notwendig an. Aber nur 2 % der Mitglieder wollen auch ein grundsätzliches Abrücken von strikten tierrechtlichen Positionen.
2. Die Umfrage ergab eine Reihenfolge der programmatischen Positionen, die unsere Mitglieder wichtig finden und als Prioritäten betrachtet werden können:
- 96 % finden den Kampf gegen jegliche Form von Tierausbeutung wichtig,
- 86 % Feminismus und Gleichstellung,
- 86 % bio-vegane Lebensweise und Landwirtschaft,
- 84 % den Klimaschutz,
- ebenfalls 84 % die Inklusion,
- 76 % und 79 % Rechte von LGBTQIA+ und Trans*personen,
- 37 % antikapitalistische Programmatik und lediglich
- 15 % Wirtschaftswachstum und Wohlstand.
In den kommenden Umfragen werden weitere Themenfelder abgefragt bzw. Freitextantworten ermöglicht, um ein umfassenderes Bild darüber zu erhalten, welche politischen Auseinandersetzungen die Partei besonders proaktiv angehen soll. Unter Punkt 4 dieser Auswertung wird zudem auf bestimmte einzelne Themenfelder eingegangen und unter Punkt 3 auf die generelle Ausrichtung der Partei.
3. In der Vergangenheit gab es immer wieder Debatten um die grundsätzliche Ausrichtung der Partei innerhalb des Parteiengefüges. Eine vorgebrachte Ansicht war früher, dass wir uns nicht als links oder rechts definieren sollten, da beides dem gezielten Einsatz für Tierschutz und Tierrechte schaden könnte. Durchgesetzt hatte sich jedoch die Identität der Partei als linksprogressive Kraft, was sich in der Umfrage nochmals bestätigt. Denn 86 % möchten, dass sich die Partei für soziale und progressive Politik einsetzt, was sich mit den Prioritäten unter Punkt 2 deckt. Lediglich 3 % der Mitglieder sehen die Partei als Vertreterin von wirtschaftsliberaler und konservativer Politik.
Nur 11 % haben keines von beidem angegeben, sodass das einstige Vorurteil einer Einthemenpartei, die sich in Feldern abseits des Tierschutzes neutral verhalte, als unzutreffend gelten kann.
Der Wunsch nach einer vollprogrammatischen Partei, die in sämtlichen Politikbereichen Lösungsvorschläge ausarbeitet und diese in den Parlamenten und Gremien auch aktiv vertritt, hat sich als Mehrheitsmeinung recht eindeutig etabliert. Denn zum Einen möchten die Wahlberechtigten ein transparentes und ganzheitliches programmatisches Angebot und sehen Einthemenparteien eher als riskant an, da man wenig über das konkrete Abstimmverhalten in der realen Politik weiß. Zum Anderen arbeitet die Partei zumeist in Fraktionen zusammen und muss sich in den Parlamenten den Ruf einer seriösen Partei erarbeiten. Hierfür ist eine Arbeit in sämtlichen Politikfeldern unerlässlich.
4. Abgefragt wurden auch einzelne Themengebiete, die in der Vergangenheit für besondere Kontroversen sorgten. Detailliert diskutiert wurde in den vergangenen Jahren u.a. über Waffenlieferungen an die Ukraine. Während stets Einigkeit darüber bestand, die Sanktionen gegenüber Russland drastisch zu verschärfen, gab es eine Mehrheit, die die Partei auch in Anbetracht des russischen Angriffskriegs als dergestalt pazifistisch definierte, dass gewisse Waffenexporte ausgeschlossen seien. Welche Waffenexporte dies betrifft, wurde hingegen unterschiedlich eingeschätzt. So gab es in den offiziellen Veröffentlichungen zunächst eine Mittelposition, die sich nur gegen Angriffswaffen aussprach, Verteidigungswaffen aber als notwendig ansah. Im Europawahlprogramm wurde die Gegnerschaft von Waffenexporten jedoch genereller gefasst sowie mehr Diplomatie stattdessen gefordert. In der aktuellen Mitgliederumfrage ergibt sich nun jedoch ein anderes Bild: nur 16 % sind gegen jegliche Waffenexporte, während 46 % für umfassende Hilfen zur Selbstverteidigung der Ukraine sind. Der Rest enthielt sich.
Die Anzahl der Enthaltungen ist auch sehr groß bei der Frage nach der grundsätzlichen Ausrichtung in der Wirtschaftspolitik, bei der sich 15 % für Wohlstand/Wirtschaftswachstum und 37 % für das Ende des Kapitalismus aussprachen. Die vielen Enthaltungen, also wenn weder dem einen noch dem anderen zugestimmt wurde, dürften hier bedeuten, dass eine differenzierte wirtschaftspolitische Positionierung präferiert wird. Unterm Strich könnte eine stark ökologisch-sozial ausgerichtete Wirtschaftsverfassung im Rahmen der Marktwirtschaft der Konsens sein. Für kommende Umfragen besteht hier also Bedarf, einzelne wirtschafts- und finanzpolitische Inhalte näher zu beleuchten.
Auch das Thema Abtreibungen wurde früher kontrovers debattiert und daher abgefragt. Ergebnis: 46 % möchten ein uneingeschränktes Recht auf Abtreibungen, 34 % wollen Abtreibungen nur unter bestimmten Bedingungen.
5. Ebenfalls ein viel diskutiertes Thema sind die Aufnahmekriterien für Neumitglieder, da wir als kleine Partei darauf angewiesen sind, potenzielle Risiken präventiv zu minimieren. So mussten antragstellende Personen auch programmatische Fragen beantworten und es wird mitunter erst ein persönliches Gespräch geführt. Nach welchen Kriterien dann Mitglieder abgelehnt werden sollten, ist aber natürlich niemals nach rein objektiven und über alle politischen Einstellungen hinweg gültigen Kriterien möglich, sondern unterliegt subjektiven Momenten und politischen Einschätzungen. Dennoch gibt es einige eindeutige Ergebnisse bei der Mitgliederumfrage: 87 % halten es für wichtig, dass wir keinerlei rechtsradikalen Mitglieder in der Partei haben, während 9 % mehr Offenheit bei Mitgliedern, die gegen die Aufnahme von Geflüchteten sind, wünschen. In Gesprächen ergibt sich oftmals, dass dahinter der Wunsch nach einer offenen Debatte in der Partei steckt, ohne selbst auch solche Positionen zu vertreten.
71 % möchten, dass es keinerlei Tierleid unterstützenden Mitglieder in der Partei gibt. Da dies eine Fragestellung ist, die unterschiedlich interpretiert werden kann, ist die Zustimmung nicht ganz so hoch wie bei dem Einsatz der Partei gegen Tierleid (96 %, siehe oben unter Punkt 2). Denn leider gibt es viele Situationen, in denen Menschen, etwa indirekt im Beruf, Tierleid unterstützen. Die Hoffnung ist hier mitunter, mit diesen Mitgliedern gemeinsam nach besseren Lösungen zu suchen oder das Wissen um ethische Aspekte zu erweitern. 29 % befürworten auch, Mitglieder aufzunehmen, die (noch) Fleisch essen, und wollen hier keine Erwartungen hinsichtlich einer Umstellung auf vegane Ernährung zur Bedingung machen. Ist ein Mitglied nicht vegan, würden aber 61 % wollen, dass dieses Mitglied seinen Konsum von tierlichen „Produkten“ reduziert. Eine absolute Minderheit von 3 % bzw. 4 % akzeptiert Parteimitglieder, die den menschengemachten Klimawandel leugnen oder sich für Schlachtungen und Jagd aussprechen.
6. Einige Fragen betrafen die Parteiorganisation an sich: so sind 93 % dafür, dass wir bei der Materialbeschaffung auf nachhaltig-ökologische Kriterien achten und, wie oben bereits beschrieben, wollen 74 %, dass wir auf Parteiveranstaltungen nur rein vegane Angebote haben. Ebenfalls 74 % befürworteten die Teilnahme an möglichst allen Wahlen, unabhängig von der Kostenfrage. Hier spiegelt sich der Wunsch wider, bei Wahlen unsere Werte und Forderungen einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen. Strategische Absprachen mit anderen Parteien oder das Auslassen von einzelnen Wahlen aufgrund begrenzter Ressourcen, wird damit mehrheitlich abgelehnt.
Fazit: Unsere Mitglieder möchten einen äußerst konsequenten Einsatz der Partei gegen jegliche Form von Tierausbeutung auf der politischen Ebene, sind aber zurückhaltender bei der Bewertung von persönlicher Lebensführung, die Formen von Tierausbeutung mit sich bringt. Die Beschäftigung mit u.a. Sicherheits- und Wirtschaftspolitik muss in kommenden Umfragen vertieft werden, da das hohe Maß an Enthaltungen viele mögliche Interpretationen offen lässt. Klar ist jedoch, dass sich die Tierschutzpartei gemäß ihres vollständigen Namens als Partei für Menschen, Umwelt und Tiere gleichermaßen identifiziert und hierbei eine grundsätzlich linke Ausrichtung als stimmig und sinnvoll angesehen wird. Die Mitglieder wünschen sich eine Partei, die sich vollständig in sämtliche politische Debatten einbringt und hierfür auch möglichst ausnahmslos an allen Möglichkeiten, die Ideale und Forderungen der Partei bekannter zu machen, aktiv teilnimmt.