Auswertung der Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern

Mit 1,7 % der Zweitstimmen und durchschnittlich 3,8 % bei den Erststimmen schnitten wir außergewöhnlich gut ab. Zur parallel stattfindenden Bundestagswahl erhielten wir 2,2 % der Zweitstimmen und bis zu 3,2 % der Erststimmen. Das Landesergebnis der Zweitstimmen war aber regional sehr unterschiedlich. Dort, wo wir zur Landtagswahl mit Direktkandidierenden antraten, erreichten wir 2,6 % der Zweitstimmen.

Beste Ergebnisse in den Städten

Das beste Ergebnis erhielten wir in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald mit 3,5 % der Zweitstimmen und 4,3 % der Erststimmen. Im direkten Umland von Greifswald (Amt Landhagen) erhielt unsere Direktkandidatin sogar 5,2 % der Erststimmen. Hier sieht man, dass sich die erfolgreiche kommunale Arbeit im Landkreis Vorpommern-Greifswald auch in den Wahlergebnissen widerspiegelt. In der Gemeinde Dargelin erhielten wir mit 10 % der Erststimmen den landesweiten Spitzenwert.

Auch in der Hansestadt Rostock waren die Ergebnisse besonders gut: stadtweit konnten 2,3 % der Zweitstimmen und durchschnittlich 3,7 % der Erststimmen in drei Landtagswahlkreisen erreicht werden. Und in der Hansestadt Stralsund waren es 2,7 % der Zweit- sowie 3,8 % der Erststimmen.

Besonders gute Ergebnisse haben wir generell in den Städten und wo wir Direktkandidierende hatten. So ist das durchschnittliche Ergebnis in den Städten ab 20.000 Einwohner 2,0 %. Lässt man den Effekt der Direktkandidaturen und der lokalen Wahlkampfschwerpunkte weg, betrachtet also Land und Stadt jeweils in Regionen mit Direktkandidierenden und Wahlkampf sowie ohne Direktkandidaturen und Wahlkampf, bleibt die klare Erkenntnis: Die Tierschutzpartei in MV ist eine urbane Partei.

Die besseren Ergebnisse liegen also grundsätzlich in Städten und die schlechteren in ländlich geprägten Regionen vor. Dies steht im Kontrast zu den anderen Landesverbänden und lässt sich womöglich auf die programmatische Positionierung des nordöstlichen Landesverbands zurückführen, die im regionalen Vergleich besonders linksprogressiv ist. Die besten Ergebnisse weisen die Hochschulstandorte auf.

Bei der U18-Wahl erreichten wir 6,8 % zur Landtagswahl und 10,6 % zur Bundestagswahl. Im Bundestagswahlkreis 15 wählten die Jugendlichen sogar zu 33 % Tierschutzpartei! Leider ist Mecklenburg-Vorpommern das Bundesland mit dem geringsten Anteil an jüngeren Wähler:innen. Hohe Ergebnisse für eine Partei zu erzielen, die gerade jüngere Menschen anspricht, ist also schwieriger als anderswo.

Intensiver Wahlkampf und Direktkandidaturen führen zu hohen Ergebnissen

Besonders interessant ist das Ergebnis in Grimmen. Dort hatten wir 2016 das mit Abstand schlechteste Ergebnis 2016. Lediglich 0,4 % erreichten wir damals in der 9.000-Einwohner zählenden Stadt. Wir nahmen uns 2021 vor, besonders früh mit dem Wahlkampf in Form von Plakatierung zu beginnen – per Genehmigung weit früher als alle anderen Parteien. Das hat sich als gute Entscheidung erwiesen, da wir in diesem Jahr 1,9 % in Grimmen erhielten. Eine Steigerung, die lediglich in Stralsund, Greifswald und dem Greifswalder Umland höher ausfiel.

Seit längerer Zeit ist klar: wenn die Wahlberechtigten mehr darüber erfahren, wer sich denn für Mensch, Umwelt und Tiere einsetzt, steigen unsere Ergebnisse. Daher waren wir in Mecklenburg-Vorpommern das erste Mal auch mit der Erststimme zur Landtagswahl wählbar. Und haben hierfür Personenplakate entworfen, die zusätzlich auch die politischen Schwerpunktforderungen unserer Kandidierenden enthielten. So konnten wir Köpfe und Inhalte miteinander verbinden (während die anderen Parteien zumeist nur schwammige Floskeln auf den Themen- und lediglich Fotos und Namen auf den Personenplakaten anboten). Besonders erfolgreich erwiesen sich die sozial- und klimapolitischen Forderungen. Hier eine Übersicht:

 

Plakat Forderung/Slogan Direktkandidierende:r Wahlkreisname Erst-stimmen Zweit-stimmen
Armutsrisiken effektiv bekämpfen! Seraphine Antonia Jörn Bundestagswahlkreis Rostock – Landkreis Rostock II 2,7% 2,4%
Deine Stimme für Rostock Seraphine Antonia Jörn Landtagswahlkreis Rostock II 3,7% 2,5%
1,5°-Klimaziel ist nicht verhandelbar! Janina Goldschmidt Landtagswahlkreis Rostock III 4,1% 2,3%
We want Moor – Klima schützen! Janina Goldschmidt Landtagswahlkreis Rostock III 4,1% 2,3%
Digital statt „damals mal…“ Gregor Welckenbach Landtagswahlkreis Rostock IV 3,3% 2,4%
Unser Land tierfreundlicher machen! Anke Wichmann Landtagswahlkreis Vorpommern-Rügen III – Stralsund I 3,6% 2,4%
Lebensleistung anerkennen – Renten erhöhen! Anke Wichmann Landtagswahlkreis Vorpommern-Rügen III – Stralsund I 3,6% 2,4%
Jetzt rudern oder später absaufen – Klimaschutz ernst nehmen! Christoph Volkenand Landtagswahlkreis
Greifswald
4,3% 3,5%
Für einen sozialen und nachhaltigen Wohnungsbau Christoph Volkenand Landtagswahlkreis
Greifswald
4,3% 3,5%
Massentierhaltung stoppen! Jetzt! Anja Hübner Landtagswahlkreis Vorpommern-Greifswald II 4,1% 2,4%
Ihr seid es wert – faire Löhne und gerechte Renten! Anja Hübner Bundestagswahlkreis
Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II
3,2% 2,5%
Politik für Menschen, nicht für Zahlen! Anja Hübner Bundestagswahlkreis
Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II
3,2% 2,5%
Klare Kante statt rechter Rand – Demokratie verteidigen Robert Gabel Bundestagswahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I 3,1% 3,1%
Biotope schützen – Artenvielfalt retten! Robert Gabel Bundestagswahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I 3,1% 3,1%
Massentierhaltung und Tierqual stoppen – Tierschutz in die Parlamente! Robert Gabel Bundestagswahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I 3,1% 3,1%

 

Alt Tellin, Meeresschutz, Klimapolitik, Bildung und soziale Gerechtigkeit standen im Vordergrund

Thematisch setzten wir die Schwerpunkte im Wahlkampf auf die Abschaffung der Massentierhaltung, den Schutz der Ostsee, konsequente Klimamaßnahmen, eine bessere Bildungspolitik und soziale Gerechtigkeit.

In Alt Tellin kamen im Brand von Europas größter Schweinezuchtanlage über 50.000 Tiere um. Die Anlage gehörte früher Straathof, der zwar gerichtlich verfügt seinem Beruf nicht mehr nachgehen darf, aber über Briefkastenfirmen die Anlage weiter laufen ließ. Auch nach dem Brand setzten sich Betreiber und Landwirtschaftsministerium für den Wiederaufbau ein. Die Empörung war immens. Aber nach wie vor stellen die unsäglichen Zustände in der Massentierhaltung für die meisten Wahlberechtigten kein ausreichenden Grund dar, die verantwortlichen Politiker:innen bei Wahlen abzustrafen.

Auch die Klimapolitik in MV weist gravierende Mängel auf. So schuf die SPD eine Klimastiftung, die aber den eigentlichen Zweck hatte, fossile Energieträger zu fördern. Ein unfassbarer Skandal, der aber ebenfalls im Wahlkampf keine Rolle mehr spielte. Stattdessen Heile-Welt-Plakate und -Werbespots.

Die Ostsee gehört zu den verschmutztesten Gewässern der Welt. Die Agrarindustrie hat daran ihren Anteil, aber insbesondere auch die Weltkriegsmunition. Es ist eine gigantische Herausforderung, diese Gefahren zu beseitigen. Die Fischbestände sind teilweise massiv gefährdet und wer Ostsee-Fisch konsumiert, geht das Risiko ein, die Gifte der rostenden Munitionsreste aufzunehmen. Aber auch dies spielte im Wahlkampf der anderen Parteien keine Rolle – im Gegenteil ist der Einsatz für die Fischerei leider immer noch ein Garant für Stimmen bei Wahlen. Ein Umdenken ist äußerst schwierig zu erreichen – aber es ist notwendig. Daran werden wir weiter arbeiten.

Die Schulen im Land haben noch immer keine ausreichende Digitalanbindungen und Luftfilter wurden strikt verweigert. Während im Landtag selbst Luftreinigungsgeräte angeschafft wurden, um sich vor dem Virus zu schützen, wurde selbiges den Schüler:innen verwehrt. Auch dies ein skandalöses Versagen der Landespolitik, das im Wahlkampf erfolgreich übertüncht wurde.

Fazit

Regional konnten wir mit hervorragenden Wahlergebnissen Zeichen setzen, dass den Wahlberechtigten unsere Ziele wichtig sind. Eben unter der Voraussetzung, dass wir auf unsere Forderungen und das Versagen der großen Parteien aufmerksam machen konnten. Dort, wo wir keinen Wahlkampf betreiben konnten aufgrund unserer begrenzten Ressourcen, dominierten aber die oberflächlichen Slogans und Wohlfühlbilder der großen Parteien, die ihr teilweise unfassbares Versagen verdecken und vertuschen wollten. Unterm Strich erfolgreich leider.

Das heißt, dass wir in den kommenden Jahren unsere Aufgabe als größte außerparlamentarische Oppositionskraft in Deutschland ausbauen müssen. Würden wir dies unterlassen, hätten die Bundes- und Landtagsparteien weiterhin alle Möglichkeiten, um ihre Natur zerstörende, Tiere quälende und Ungerechtigkeiten vergrößernde Politik fortzusetzen. Für unser Bundesland ist es eine ganz besonders große Verantwortung, da hier das Bewusstsein für nachhaltige und ethische Politik besonders gering ausgeprägt ist. Auf allen politischen Ebenen werden wir aktiv sein, unsere personellen und programmatischen Grundlagen weiter verbreitern.

 

unsere Landtagswahl-Ergebnisse 2021 in den Ämtern, im Vergleich zum Wahlkampfaufwand und zum Ergebnis von 2016

Und die anderen Parteien?

Schon bei den letzten Umfragen vor der Wal gab es keine Zweifel mehr daran, dass die SPD mit großem Abstand stärkte Partei werden würde. Mit 39,6 % erzielte sie das zweitbestes Ergebnis der Landesgeschichte und bewegt sich damit innerhalb einer Größenordnung, die selbst für Volksparteien kein Selbstläufer mehr darstellt. Hauptursache neben dem Bundestrend war die während des Wahlkampfs nochmal stark ausgebaute Popularität der amtierenden Ministerpräsidentin Schwesig, die 2017 auf den zurückgetretenen Erwin Sellering folgte und sich davor als Bundesfamilienministerin zu den wenigen Hoffnungsträgern ihrer Partei profilieren konnte.

Fraglich ist allerdings, ob dieses gute Wahlergebnis auch ohne das üppige Wahlkampfbudget möglich gewesen wäre. Keine andere Partei gab so viel Geld aus und hatte so viel Werbeaufwand betrieben. Auffällig war allerdings, dass die Wahlkampfslogans des Landtagswahlkampfs fast ausschließlich nichtssagend waren. Lediglich Erik von Malottki fand deutliche Worte in seinem Bundestagswahlkampf. Fehlende Konturen, kein Problembewusstsein – ein Problem, dass nicht nur bei der SPD auffiel. Während Schwesigs Partei offenbar genau davon profitierte, war es für die anderen Parteien hingegen mit ausschlaggebend für ihre schlechten Wahlergebnisse.

Leider sind unsere Ressourcen für den Wahlkampf noch sehr begrenzt. Während etwa die SPD 1,3 Millionen Euro Wahlkampfbudget hatte, um 40 % zu holen, stand uns nur ein winziger Bruchteil dieses Budgets zur Verfügung. Die anderen Landtagsparteien hatten Budgets zwischen 0,4 und 0,6 Millionen Euro zur Verfügung und holten damit Ergebnisse zwischen 6 % und 17 %. Pro errungenem Prozentpunkt steckten die großen Parteien also zwischen 25.000 und 65.000 Euro in ihren jeweiligen Wahlkampf. Auch die Verfügbarkeit von aktiven Mitgliedern, die beim Plakatieren und Flyern helfen, war bei den großen Parteien weitaus besser, aber im Verhältnis zum Ergebnis dann bedeutend ineffektiver als bei uns.

Viele Leute und noch viel mehr Geld – die großen Parteien haben sich ihre Ergebnisse teuer erkauft. Wenig Leute, dafür aber hochmotiviert, und wenig Geld bei uns – es ist unser Programm, das überzeugt. Dies muss ein klares Signal an die Landtagsparteien sein, unsere Forderungen in die Regierungsarbeit einzubeziehen!

Wünschenswert ist für die kommenden Wahlkämpfe, dass weniger Plakate und allgemeine Sprüche das Straßenbild prägen, sondern inhaltliche Profile ausgebildet werden und die Fehler der Landespolitik klar benannt werden. Nur um als Koalitionspartner:in in Frage zu kommen, darf es nicht an Aufrichtigkeit fehlen!

Mit weniger als der Hälfte der Stimmen kommt die AfD mit 16,7 % auf Rang 2, danach die CDU mit 13,3 % auf Rang 3.  DIE LINKE erreichte nur 9,9 %. Alle drei Parteien mussten deutliche Stimmverluste hinnehmen, für CDU und LINKE stellen die Resultate jeweils das historische Tief in der Landesgeschichte dar. Michael Sack war zwar auch zuvor kaum bekannt, wurde aber auch absichtlich von seiner Partei versteckt. Während Schwesig in jedem Dorf bildtechnisch präsent war, fehlten Sack-Plakate in den meisten Teilen des Landes komplett. Die GRÜNEN kehren nach fünfjähriger, die FDP sogar nach zehnjähriger Abstinenz mit jeweils rund sechs Prozent in den Landtag zurück.

Die anstehende rot-rote Regierung weckt zwar Hoffnungen auf Verbesserungen im Bereich Bildung und Soziales. Aber Klimapolitik, Agrarwende und Tierschutz werden voraussichtlich keine Fortschritte machen. Wir wünschen dennoch gutes Gelingen bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben.