Baden-Württemberg führt Tierschutzverbandsklage ein – Meilenstein oder Mogelpackung?

PRESSEMITTEILUNG des LV Baden-Württemberg der Partei Mensch Umwelt Tierschutz / 11.05.2015

Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 06.05.2015 das Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht für Tierschutz beschlossen.

Dies ist zunächst ein Schritt in die richtige Richtung, nur leider hat das Gesetz (Drucksache 15/6593) deutliche Schwächen und Einschränkungen. So gelten die Mitwirkungs- und Informationsrechte für Tierschutzverbände beispielsweise bei der Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren erst ab sehr großen Tierplatzzahlen (z.B. bei Mastgeflügel ab 30.000).

Bundesweit einmalig ist zudem, dass die anerkannten Tierschutzverbände in Baden-Württemberg ein gemeinsames Büro einrichten müssen, um als zentraler Ansprechpartner den Behörden die Arbeit zu erleichtern. Dieser organisatorische und finanzielle Mehraufwand macht den Tierschutzorganisationen, die oft am Rande ihrer Belastbarkeit operieren, das Leben unnötig schwer.

Absolut fatal ist, dass das Gesetz bei Tierversuchen anstelle der üblichen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nur die Feststellungsklage vorsieht, welche erst nach der Genehmigung des Tierversuchs möglich ist, wodurch dieser nicht mehr verhindert werden kann.

Diese erhebliche Einschränkung im Bereich der Tierversuche erfolgte nicht zuletzt auf Druck des grünen Wissenschaftsministeriums. Laut Bund gegen Missbrauch der Tiere und Ärzte gegen Tierversuche stellte die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer kürzlich in Frage, ob die Verbandsklage überhaupt vereinbar sei mit den Interessen der Wissenschaftler. Forschende Institutionen hätten zahlreiche Wünsche an sie herangetragen, wofür nun Regelungen gefunden worden seien, unter anderem durch Reduktion des Klagerechts auf die Feststellungsklage.

Dieser tierversuchsfreundliche Kurs der grünen Ministerin überrascht nicht. In ihrer Pressemitteilung vom 04.05.2015 gab sie beispielsweise bekannt, die Entscheidung von Nikos Logothetis, die Versuche mit Primaten am MPI Tübingen einzustellen, zu bedauern. Sie fügte sogar hinzu: „Trotz aller Bemühungen um die Etablierung von Alternativmethoden (…) ist es unstreitig, dass wir auf absehbare Zeit nicht auf tierexperimentelle Forschung – auch an nichthumanen Primaten – verzichten können“.

Im Gegensatz zu den Grünen fordert die Partei Mensch Umwelt Tierschutz, Tierversuche generell zu verbieten und durch moderne Alternativmethoden zu ersetzen. Zudem werden wir uns für eine konsequente Verbesserung des Mitwirkungs- und Verbandsklagerechts in Baden-Württemberg einsetzen. Wie die überwiegende Zahl der Tierschutzverbände lehnen wir die Verpflichtung zur Einrichtung eines gemeinsamen Büros ab und fordern die Streichung der Schwelle großer Tierplatzzahlen bei der Haltung von Nutztieren. Wir verlangen zudem, dass Tierschutzverbände mittels einer Anfechtungsklage gegen bereits genehmigte Tierversuche vorgehen können.

Dr. Jessica Frank, Mitglied im Bundesvorstand der Partei Mensch Umwelt Tierschutz,

i.A. des Landesvorstands von Baden-Württemberg