Susanne Berghoff, Landesvorsitzende Niedersachsen

Barbara Otte-Kinast bei NDR 1 Radio Niedersachsen

Am 25.04.2020 stand Niedersachsens Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Barbara Otte-Kinast zwei Stunden Rede und Antwort bei NDR 1 Radio Niedersachsen.

Die Vorsitzende des Landesverbandes Niedersachsen der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) Susanne Berghoff erkundigte sich danach, was mit den Tieren passiert, die jetzt -zum Glück- nicht mehr die Reise ins Drittland antreten müssen.

Susanne bezog sich auf die uns kürzlich zugegangene Mitteilung des Landwirtschaftsministeriums, dass derzeit aus Niedersachsen weder Maghreb, noch Türkei oder Ostroute abgefertigt wird und bemerkte in diesem Zusammenhang, dass unsere Mahnwachen vor dem Landwirtschaftsministerium in Hannover wohl Wirkung gezeigt hätten ( :-)). Sie fragte, wo denn unsere ganzen Tiere jetzt bleiben, zumal die Landwirtschaft in diesem Bereich stark auf den Export ausgerichtet ist. Sie selbst hat beobachtet (sie wohnt in einer Gegend, in welcher viele Milchkühe gehalten werden), dass in letzter Zeit sehr viele Tiertransporter unterwegs waren. Bislang fuhren die Transporter mit den Tieren einmal die Woche zum Schlachthof oder zu den Sammelstellen und inzwischen seien täglich Transporter zu sehen. Wo bleiben denn die Rinder und Kälber nun ?

Frau Otte-Kinast antwortete, dass die tragenden Färsen, die ja oft zu Zuchtzwecken verkauft werden, im Moment tatsächlich nicht gehandelt werden (Anm.: nach mehr als zwanzig Jahren Transport der sog. Zuchttiere müsste es bereits viele Herden im Drittland geben; wenn tatsächlich eine Zucht erfolgt wäre). Die Tiere werden innerhalb Niedersachsens bzw. Deutschlands verkauft. Die vielen Tiertransporte hätten auch „ein bisschen damit zu tun“, dass viele Betriebe ihre Tiere jetzt auf die Weide bringen, auch gern mit LKW’s, weil damit die Tiere tierschutzgerecht transportiert werden können; auch auf Flächen in andere Bundesländer (Anm.: Dank der einschränkenden Formulierung „ein bisschen damit zu tun“ ist die Aussage nicht zwingend unglaubwürdig). Die Tiere werden in Deutschland abkalben. In der Folge werden die Preis für die Kälber, die dann wieder verkauft werden -Bullenkälber auch gern in die Mast, um sie dann in einem Burger wiederzufinden- sinken.

Der Moderator stellte daraufhin die Frage, ob wir uns möglicherweise zu stark auf Export in der Landwirtschaft ausgerichtet haben. Eine richtige Antwort gab Frau Otte-Kinast darauf nicht, sondern bestätigte, dass wir natürlich exportieren, wie in vielen anderen Teilen der Wirtschaft auch. Und, dass Tiere, die wir melken wollen, jedes Jahr kalben müssen. Kuh- und Bullenkälber. Letztere müssen gehandelt und vermarktet werden. Auch einen Großteil der Kuh-Kälber ereilt dieses Schicksal. An einem Beispiel von einem Betrieb mit 60 Kühen (Anm.: vom Aussterben bedroht) macht Frau Otte-Kinast deutlich, dass die Kuh-Kälber entweder in Nachbarbetriebe oder zu Zuchtzwecken in andere Länder gehen (Anm.: obwohl stets erwähnt, wird dadurch die Zucht im Drittland nicht wahrhaftig).

Auf die Frage des Moderators nach grundlegenden Änderungen in der Landwirtschaft, antwortet die Ministerin, dass Landwirtschaft permanent im Wandel sei. Leider geben viele Milchviehbetriebe auf, da die Rahmenbedingungen für Landwirte schwieriger geworden sind. Als Beispiel wird natürlich noch die Düngeverordnung genannt, die mit erheblichen Investitionen (Anm.: aber auch erheblichen Subventionen) verbunden sei, die viele Betriebe nicht mehr leisten können oder wollen (Anm.: in der Vergangenheit bedeuteten lasche Düngevorgaben einen Anreiz, die Tiere in den Ställen zu stapeln und stellten einen Standortvorteil im Gegensatz zu anderen EU-Ländern dar). Die Ministerin sorgt sich um den Erhalt der Tierhaltung in Niedersachsen. Die Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft müssen so ausgestaltet werden, dass Tierhaltung tierschutzgerecht, aber auch wirtschaftlich möglich ist. Sicherlich werden sich die Märkte verändern und bei vielen Betrieben wird auch ein Aus eingeläutet werden. Wenn der Milchpreis im freien Fall ist, die Kuh- und Bullenkälber sowie die Zuchttiere kein Geld mehr bringen, dann wird der ein oder andere Betrieb entscheiden müssen, ob und wie es weitergehen kann.

Unser Fazit: Wir schätzen, dass sich die Ministerin unserer Frage in einem Radiointerview gestellt hat; sie hätte sicherlich auch die Möglichkeit gehabt, diese Frage abzulehnen. Weiterhin finden wir es gut, dass sie in diesem Interview auch erwähnt, dass Milchkühe jedes Jahr ein Kalb zu Welt bringen müssen und viele Kälber nicht in den Betrieben bleiben. Auch der Hinweis auf den Burger, für den letztlich ein ehemals kleines Kalb getötet wird, war gut. Wir sehen es als einen Versuch der Aufklärung; einen Versuch, der dem Verbraucher den Bezug zwischen dem Lebewesen und dem Steak oder dem Joghurt näher bringt. Solange Fleisch, Milch und Eier noch nachgefragt werden, sollten diese natürlich aus regionalen Betreiben kommen. Der Import aus dem Ausland ist strikt abzulehnen.

Einige Menschen haben durch entsprechende Aufklärung ihr Konsumverhalten bereits geändert und leben vegan. Wir können nicht darauf hoffen und schon gar nicht darauf warten, dass der übrige, noch tierischen Produkte nachfragende Teil der Gesellschaft (der überwiegende) auch irgendwann so weit ist. Jetzt müssen die Weichen wie folgt gestellt werden: Die Gesunderhaltung der Bevölkerung durch Entglobalisierung, Abschaffung fehlgeleiteter Ernährungspolitik und drastische Reduzierung der Tierbestände in der Landwirtschaft als Übergangslösung bis zur Abschaffung der Tierhaltung. Wir fordern staatliche Unterstützung und den Einsatz entsprechender Fördermittel für die Umstellung landwirtschaftlicher Betriebe auf eine pflanzenbasierte und somit ressourcen- und umweltschonende Produktionsweise.

Hier findet Ihr den Zusammenschnitt; Susanne von Minute 00:57-01:03:
https://www.ndr.de/ndr1niedersachsen/Corona-Krise-Wertschaetzung-fuer-die-Landwirtschaft,corona2502.html

Simone Oppermann