Bericht aus Rumänien

Rumäniens sanfte Hunde – Reisebericht Nr. 1 von Barbara Nauheimer

Es ist meine dritte Rumänienreise. Ich habe gemischte Gefühle. Ich werde liebe rumänische Freunde in der Nähe von Buzau besuchen, darauf freue ich mich, und am nächsten Tag im Auftrag der Partei öffentliche und private Tierheime – adapostuli- in und um Bukarest besichtigen und mich als Mitglied unserer Partei-Delegation mit engagierten Tierschützerinnen und Tierschützern treffen. Es stellt sich heraus, dass meine beiden Delegationsmitglieder verspätet eintreffen werden, so dass ich den ersten Tag unseres offiziellen Besuchs ohne sie bewerkstelligen muss. Sie werden erst zu dem abendlichen Treffen mit den rumänischen Tierschützerinnen und Tierschützern anwesend sein.

Was wird mich erwarten? Streunende, nach Futter suchende Hunde? Überfahrene Hunde ?Nein, ich sehe auf den Straßen von Bukarest keine Hunde mehr. Auch keine toten. Doch, am letzten Tag unseres Besuches kommt eine Hündin auf uns zugelaufen, mitten in Bukarest, der einzige frei herumlaufende Hund, den ich gesehen habe. Wir nehmen sie mit und bringen sie in ein privates Tierheim. Wir geben ihr den Namen Amadea, „die von Gott geliebte“. Sie ist jetzt unser Partei-Hund und wird zu uns nach Deutschland kommen.

Die ASPA, die Hundefänger-Abteilung des Bukarester Rathauses hat „ganze Arbeit“ geleistert. Es sind keine Hunde mehr auf der Straße. Die sanften Hunde Rumäniens sind verschwunden.

 

Ich besuche als erstes das von der ASPA geführte Tierheim Pallady. Der Empfang ist distanziert, aber nicht unfreundlich. Ich werde herumgeführt. Nur zwei Häuser, langgestreckte flache Gebäude, sind zugänglich. Es ist sauber. Fotografieren ist erlaubt. Ich habe den Eindruck, dass dies die „show-rooms“, die Ausstellungsräume des Adapostuls sind. Die anderen Gebäude darf ich nicht betreten. Ich werde recht rasch wieder heraus komplimentiert. Für ein Gespräch steht niemand zur Verfügung. Die Anwesenden sprechen nur rumänisch.

Es fällt mir erst später auf: Die Hunde begrüßen einen nicht. Kein Hund bellt. Es ist still. Ganz anders als in den privaten Sheltern. Dort drängen sich alle Hunde an das Gitter ihrer „kennels“, wollen gestreichelt werden und einen kurzen Moment der Zuwendung erhaschen. In Pallady nicht. Sie erwarten nichts mehr von Menschen.

 

 

 

Bragadiru steht als nächstes auf dem Programm. Schon der Namen verbreitet irgendwie Schrecken. Insassen des nahegelegenen Gefängnisses Bragadiru „betreuen“ das Adapostul. Dieses riesige städtische Tierheim hat nichts gemein mit einem Heim. Es ist ein Konzentrationslager für ca. 1000 unschuldige Wesen, manche geliebt, viele lieblos auf der Straße entsorgt, die meisten haben in ihrem Leben nie erfahren dürfen „Haustier“ zu sein.

Vor dem Eingang stehen einige Menschen. Sie warten darauf, eingelassen zu werden. Maximal 10 Minuten darf der Besuch dauern. Schreibt das Gesetz nicht etwas anderes vor? Soll nicht jeder Bürger die Möglichkeit zur Adoption eines Hundes haben? Geht das in 10 Minuten? Ich versuche mit den Anwesenden ins Gespräch zu kommen. Ich erfahre, sie suchen ihren Hund, der bei der letzten Einfangaktion, der nächtlichen Jagd der ASPA- Hundefänger, entwendet wurde. Ich werde hereingelassen. Mein Ausweis wird „sichergestellt“, warum? Handys und Fotoaparate sind verboten. Ich werde herumgeführt. Wieder stehen nur zwei Häuser zur Besichtigung zur Verfügung. Es ist sauber. Alle Hunde haben Wasser. Es ist still. Zwei Dinge fallen mir auf: Ein Cocker-Spaniel sitzt in einem „kennel“. Er hat noch sein Halsband samt Leine an. Ein Streunerhund? Wohl kaum. Ich sehe einen anderen, mit Halsband und „Flohhalsband“. Ein Streunerhund? 1000 Hunde soll es hier geben. Gesehen habe ich nur etwa 70.

 

Beim Verlassen des Areals treffe ich die Leute wieder, die mit mir vor dem Adapostul standen und auf Einlass gewartet haben. Ein Ehepaar hat seinen Hund wohl wieder gefunden. Ich helfe ihnen, ihren Hund in eine Reisetasche zu setzen. Eine Familie ist nicht fündig geworden. Ein blasses, etwa dreizehnjähriges Mädchen weint und schlägt verzweifelt mit ihren Händen an eine Wand.