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Besetzung des Schlachthofs Düren – Tierschutzpartei NRW veröffentlicht Drohbrief von Anwaltskanzlei

Anfang Mai besetzen im Rahmen des „Liberate-or-die“-Camps am Hambacher Forst rund 30 Aktisvisten den Schlachthof Düren und sorgen dafür, dass der Betrieb zeitweilig eingestellt werden muss.

Ende 2017 erlangte der Schlachthof der Frentzen GmbH durch die Veröffentlichung heimlicher Aufnahmen von skandalösen Zuständen und massiven Verstößen gegen das Tierschutzgesetz unrühmliche Bekanntheit.

Nun droht der Betreiber Journalisten über eine Anwaltskanzlei für Medienrecht mit Konsequenzen bei Berichterstattung über die Besetzung.

Vor über 1,5 Jahren gingen die Bilder schlimmster Tierquälerei von „SOKO Tierschutz“ aus dem Schlachthof Düren durch Deutschland. Schwere Misshandlungen, Fehlbetäubungen und unhaltbare Hygienezustände schienen an der Tagesordnung zu sein, sodass der Betrieb zeitweilig geschlossen wurde.

Anfang August diesen Jahres bestätigt die Staatsanwaltschaft Aachen die massiven Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und gibt bekannt, weiter gegen die noch zu identifizierenden Mitarbeiter aus den heimlich entstandenen Videoaufnahmen, sowie gegen den Betreiber zu ermitteln.

Inzwischen hat der Schlachthof Düren seine Arbeit wieder ganz regulär aufgenommen. 2018 wurden laut Angaben des Veterinäramtes alle Auflagen erfüllt, um den Schlachtbetrieb im vollen Umfang fortzuführen.

Umbaumaßnahmen, verschärfte Kontrollen und Auflagen, sowie eine personelle Umstrukturierung und regelmässige Schulungen sollen das Tierleid während des Schlachtvorganges auf ein „verträgliches Mass“ reduziert haben.

Die dauerhafte Anwesenheit von 2 Amtstierärzten, sowie die verpflichtende Protokollierung des Betäubungsprozesses sollen reibungslose Abläufe garantieren.

Der Schlachthof Düren soll sich laut Betreiber, Veterinäramt und Landrat somit von einem Skandal- zu einem Vorzeigebetrieb entwickelt haben.

Dennoch reagiert der Betreiber des Schlachthofes Düren auf journalistische Anfragen zur Besetzung diesen Jahres mit einem Drohschreiben über eine Anwaltskanzlei.

Die Tierschutzpartei NRW veröffentlicht nun das Anwaltsschreiben, das an mehrere Pressevertreter mit dem Hinweis auf presserechtliche Konsequenzen bei Veröffentlichung versandt wurde.

„Mitte Mai wurde uns das Schreiben zugespielt. Wir haben als Reaktion darauf Anfragen an das Veterinäramt bezüglich der Umsetzung aller Auflagen gestellt, sowie Einsicht in die letzten Kontrollprotokolle beantragt. Auf den ersten Blick scheinen sich die Bedingungen im Schlachthof Düren tatsächlich erheblich verbessert zu haben. So waren laut Protokoll zum Beispiel bei 371 getöteten Schweinen in 3 Stunden „nur“ 12 Nachbetäubungen aufgrund einer fragwürdigen Betäubung nötig.

Allerdings stehen wir der maximalen Zeitspanne von nur 6 Sekunden zwischen Betäubung und Ausblutungsschnitt zur Einschätzung einer fachgerechten Betäubung sehr kritisch gegenüber, da diese Zeit laut Protokoll in der Akkordschlachtung auch gern mal auf 2 bis 3 Sekunden reduziert wird, denn eine maximale Anzahl zu tötender Schweine pro Stunde gibt es in Düren nicht, wohin gegen nicht mehr als 45 Rinder pro Stunde getötet werden dürfen .“ sagt Sandra Lück.

„Bei genauer Betrachtung der Protokolle kommen ausserdem weitere Fragen auf, die das Veterinäramt Düren uns leider auch einen Monat nach erneuter Anfrage nicht beantwortet hat. So gibt es beispielsweise Abweichungen bei den protokollierten Zeitangaben, für die wir um eine Erklärung gebeten haben. Auch hätten wir gern gewusst, warum bei Rindern zwischen Ausblutungsschnitt und weiterer Schlachtarbeiten mindestens 6 Minuten vergehen müssen, um den Tod des Tieres vor der Zerlegung zu garantieren, bei Schweinen jedoch eine solche Auflage der zeitlichen Abläufe fehlt und ob man es nicht als notwendig erachtet, bei Schweinen ebenfalls das komplette Ausbluten und den Tod abzuwarten.“ so die Landesvorsitzende NRW weiter.

Das Schreiben der Anwaltskanzlei für Medienrecht an diverse Pressevertreter, die den Betreiber des Schlachthofs Düren vertritt, ließe jedenfalls die Spekulation zu, dass die Frentzen GmbH weiterhin etwas zu verbergen habe.

„Wenn es sich beim Schlachthof Düren um einen Vorzeigebetrieb handelt, so sehen wir keine Notwendigkeit, eine Berichterstattung über die Besetzung von Mai mit unzulässigen Drohungen und Einschüchterungsversuchen zu verhindern.“ stellt Reiner Lück, Landesgeschäftsführer NRW klar.

Die sich mehrfach wiederholende Litanei über die mutmaßlichen Straftaten der Tierrechtsaktivisten und die Opferrolle des Betreibers während der laufenden Ermittlungen zu den massiven Verstößen seien an Zynismus nicht zu überbieten.

Auch sei man sehr darüber erstaunt, dass die Anwaltskanzlei in ihren Massnahmen zur Gewährleistung eines tierschutzgerechten Ablaufes unangekündigte Kontrollen aufliste.

„Auf Anfrage unserer Landesvorsitzenden gab das Veterinäramt Düren bekannt, dass es keinerlei unangekündigte Kontrollen gäbe, da generell jeder Schlachtgang von 2 Amtstierärzten begleitet und protokolliert würde. Diese unterschiedlichen Aussagen sind für uns alles andere als vertrauenserweckend und glaubwürdig.“

Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz, kurz Tierschutzpartei NRW, sehe sich in der Pflicht, den Vorgang nun öffentlich und politisch weiter zu verfolgen.

„Bereits der Verein SOKO Tierschutz, der den Skandal aufgedeckt hat, hat skeptisch auf die angeblich schnelle Beseitigung aller Missstände ohne komplette Einstellung des gesamten Schlachtbetriebes reagiert und angemerkt, dass erhebliche Verbesserungen in Skandalbetrieben wie Düren eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Die zuständigen und protokollierenden Amtstierärzte im Betrieb selbst sind für uns kein Garant. Das Veterinäramt hat zuvor jahrelang weggeschaut. Jetzt möchten wir Antworten haben, warum hier von der Frentzen GmbH mit Kanonen auf Journalisten geschossen wird.“ schliesst Sandra Lück.

Die Tierschutzpartei setzt sich seit Jahren für die verpflichtende Kameraüberwachung in Schlachthöfen ein.

Pressesprecherin: Dr. Elisabeth van Heesch-Orgass
presse-nrw@tierschutzpartei.de