Bewusst einkaufen – bewusst konsumieren

Fragt man Verbraucher danach, was Ihnen beim Essen wichtig ist, legen alle großen Wert auf guten Geschmack und gesunde Lebensmittel. Auch über die Herkunft der Waren macht sich inzwischen fast jeder Gedanken, vor allem beim Fleisch. In einer Umfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fanden es 70% der Befragten sehr wichtig, dass Tiere artgerecht gehalten werden. Und 74% haben vor, ihren Fleischkonsum zu verringern.

Das konkrete Kaufverhalten im Supermarkt sieht dann allerdings schon wieder ganz anders aus. Die Hochschule Osnabrück führte Ende 2018 über neun Wochen ein Realexperiment durch, um die Auswirkungen des Tierwohl-Labels auf die Kaufentscheidung von Kunden zu überprüfen. Ein Produkt wurde zunächst ohne Hinweis auf das verbesserte Tierwohl verkauft, um einen Referenzrahmen zu gewinnen. Anschließend wurde diese neu eingeführte Produktmarkte als Tierwohlware ausgezeichnet und mit Label, Flyern und Aufstellern beworben. Der Preisaufschlag betrug lediglich 10, 30 oder 100 Euro-Cent (je nach Tierwohl-Stufe).

Das Ergebnis ist ernüchternd. Kauften zuvor 17% der Verbraucher die neue Marke, so waren es nach Hinzufügen des Tierwohl-Labels 15%. Die Informationen zum Tierwohl hatten keine positiven Auswirkungen auf das Kaufverhalten, im Gegenteil wurde das Produkt sogar weniger eingekauft. Lediglich das Produkt mit dem mittleren Preisaufschlag von 30 Euro-Cent verzeichnete keinen Rückgang der Verkäufe. Insgesamt kauften nur 16% der Supermarktkunden das mit dem Tierwohl-Label ausgezeichnete Produkt, während 11% eine noch teurere Bio-Marke wählten. 73% der Kunden entschieden sich für das billigste Schweinefleisch und ließen sich von Überlegungen zum Tierwohl nicht in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen.

„Es kann nicht oft genug betont werden, dass wir alle den Tierschutz voranbringen können, wenn wir damit beginnen, bewusst einzukaufen und zu konsumieren,“ kommentiert Martin Buschmann. „Da der Verbraucher in Deutschland aber hauptsächlich auf den Preis schaut, wird Tierschutz in der Fleischindustrie erst dann eine Chance haben, wenn Fleisch zu realistischen Preisen verkauft wird. Die Politik muss Schluss machen mit den unfair verteilten Agrarsubventionen und die bei der Fleischproduktion entstehenden Umwelt- und Klimaschäden einpreisen.“

Fast 60 Mrd. Euro pumpt die EU in die Landwirtschaft und finanziert damit die industrielle Massentierhaltung, anstatt kleinere und mittlere Betriebe zu fördern. Folgekosten wie beispielsweise die durch die Nitratbelastung notwendig werdende zusätzliche Aufbereitung unseres Trinkwassers wälzt man hingegen auf die Allgemeinheit ab – 760 Mio. Euro pro Jahr alleine in Deutschland.