Brexit im Endstadium?

Das britische Unterhaus hat den von Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelten Deal für die Regelung des Austritts Großbritanniens aus der Union abgelehnt. Dass das Unterhaus nicht gewillt war, seine Zustimmung zu erteilen, war seit Monaten deutlich.

May muss nun einem Misstrauensvotum standhalten, wobei sie allerdings auf Rückendeckung aus ihrer eigenen Partei rechnen kann. Neuwahlen sind also unwahrscheinlich. Viel schwieriger wird es für die Regierung sein, bis Ende der Woche eine Alternative zum abgelehnten Deal zu erarbeiten. Die EU ist zu keinen weiteren Zugeständnissen bereit.

Daher wird May auch zum Stichtag am Montag den 21. Januar keinen akzeptablen Plan B vorlegen können. Eine erneute Volksbefragung in Großbritannien ist derzeit nicht geplant und wohl auch zeitlich nicht mehr durchführbar. Es wird dann dem britischen Parlament überlassen bleiben, den am 29. März 2019 stattfindenden Brexit vorzubereiten. Da er ohne Vereinbarungen mit der EU durchgeführt werden muss, wird es ein „harter“ Brexit werden, nach dem wieder alte Grenzen, Handelsschranken und Reisebeschränkungen gelten werden. Sobald das neue Gesetz zum EU-Austritt im Februar oder März steht, ist es an der EU, ihre Zustimmung zu geben. Eine Verlängerung des Brexit-Verfahrens kann aufgrund der bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament wenn überhaupt, dann nur um wenige Wochen gewährt werden.

Die Befürworter eines Verbleibs Großbritanniens in der EU können aber noch hoffen: es gibt auch die Möglichkeit, dass das Land den Brexit nicht durchführt. Die zuletzt gemachten Aussagen Mays und Junckers lassen sich in diese Richtung interpretieren. Die wirtschaftlichen Konsequenzen des nun drohenden Brexits ohne Deal mit der EU könnten so abschreckend wirken, dass man lieber EU-Mitglied bleibt. Großbritannien würde dann seinen nach Artikel 50 gestellten Austrittsantrag widerrufen, um das Land vor den dramatischen Folgen des „harten“ Brexit zu bewahren. Der Europäische Gerichtshof ließ im Dezember 2018 wissen, dass diese Option offen steht.

In den nächsten Wochen und Monaten werden wir sehen, wofür sich Großbritannien entscheidet. Für die anderen 27 EU-Mitglieder jedenfalls ist die Brexit-Agonie ein mahnendes Beispiel, zu welchen politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verwerfungen ein Austritt aus der EU führen kann. Dem ist ein Verbleib in der Union allemal vorzuziehen.

 

 

Links:

https://www.ft.com/content/64e7f218-4ad4-11e7-919a-1e14ce4af89b

https://www.theguardian.com/politics/2019/jan/11/uk-faces-prospect-of-no-brexit-if-may-deal-rejected-says-hunt

https://www.welt.de/politik/ausland/article184970734/EuGH-Gutachter-Grossbritannien-kann-Brexit-jederzeit-noch-stoppen.html