Bundesvorsitzender redet „Tacheles“ bei TIER.TV am 12.11.2008

Thema: Wirtschaft vor Tierschutz? – Unsere Parteien und der Tierschutz

In Zeiten von Bankenkrisen, Börsecrashs, Rezessionsängsten und sinkendem Lohnniveau beschäftigt sich die Politik vorrangig mit wirtschaftlichen Problemen in unserem Land. Verständlich, die Wirtschaft muss schnell wieder ins Rollen kommen. Natur- und Tierschutz standen in Vergangenheit niemals ganz oben auf der Agenda, jetzt erst recht nicht, denn man ist bemüht, das angeschlagene Finanzsystem zu stabilisieren. Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl hat der Wahlkampf begonnen. Wer kommt an die Macht?

Spielen tierschutzpolitische Themen im Superwahljahr 2009 überhaupt eine Rolle? Welche Partei hat zum Thema Tierschutz was zu sagen?

„Ende gut, alles gut“ – noch Stunden vor der Sendung stand alles auf der Kippe: Andrea Nahles (SPD) hatte im letzten Moment abgesagt. Sie hatte wahrscheinlich kalte Füße bekommen, da sie zum Thema Tierschutz Farbe bekennen sollte. Ulrike Höfken (MdB), tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen, sprang ein, und statt Dr. Gesine Lötzsch nahm Eva Bulling-Schroeter (MdB) teil, die tierschutzpolitische Sprecherin der Linken ist. Dritter im Bunde war Dr. agr. Peter Jahr (CDU), Tierschutzbeauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Unsere Partei wurde durch Stefan Bernhard Eck vertreten.

Moderator Lars Walden stellte zu Anfang die Kardinalfrage: Gab es Fortschritte oder Rückschritte im Tierschutz seit Antritt der Großen Koalition im Jahr 2005? Anhand von drei Beispielen erfuhr man von den Rückschritten auf der ganzen Linie. Thema „Hähnchen“-Mast: 30 Tiere statt vorher 25 pro Quadratmeter. Thema Tierversuche: Zwischen 2004 und 2006 eine Zunahme von 10 Prozent auf rund 2,5 Millionen verwendeter Tiere. Thema Hennenhaltung: Das Käfig-Verbot wurde am 07.04.06 durch den Bundesrat gekippt und die Mogelpackung „Kleingruppen-Haltung“ beschlossen. Dabei handelt es sich nach wie vor um einen Käfig.

Bei der Stellungnahme von Herrn Jahr glaubte man seinen Ohren nicht zu trauen: Die Koalition habe sich nicht nur intensiv um Tierschutz bemüht und ihn positiv vorangetrieben, sondern nehme sogar eine Vorreiterfunktion in der EU ein! Herr Jahr, ein regelrechter Fan dieser Institution, wurde nicht müde, sie immer wieder ins Feld zu führen. In seiner Erklärungsnot versuchte er in seinem verwaschenen Sprachstil die Defizite der Regierung damit zu kaschieren, dass alle Maßnahmen auch von der EU übernommen werden müssten.

Damit bot er aber auch eine Steilvorlage für unseren Vorsitzenden, der die Äußerungen als lapidare Absichtserklärungen und politische Schönrednerei brandmarkte und bilanzierte, dass unter Merkel, Seehofer und Co. die Tierschutzpolitik immensen Schaden genommen hat. Seehofer sei eine Katastrophe für die Tiere gewesen und von seiner Nachfolgerin sei auch nichts Besseres zu erwarten. CDU und SPD würden sich immer dem Diktat der Agrarlobby beugen. Er konnte noch mehr punkten: Frau Höfken schoss ein Eigentor, indem sie beiläufig etwas Lobendes über „QS“ („Qualität und Sicherheit“) sagte, jenes Prüfsiegel, das für Fleisch von „Nutztieren“ aus angeblich artgerechter Haltung vergeben wird. Durch Undercover-Reportagen hat sich herausgestellt, dass „Produkte“ mit dem Prüfsiegel auch aus Betrieben mit unsagbar tierquälerischer Haltung stammen. Herr Eck konnte seine Bestürzung darüber nicht verbergen, dass, wie ihm durch einen „Informanten“ zu Ohren gekommen war, Frau Höfken einen Sitz im Kuratorium von „QS“ innehat. Sie bemühte sich, dies als Belanglosigkeit hinzustellen. Ein Schatten war auf das grüne Image gefallen, und dies war ihr sichtlich peinlich!

Auch Frau Bulling-Schroeter kam nicht ungeschoren davon. Beim Thema „Abstimmung über die Hennen-Käfighaltung“ beharrte sie darauf, dass die damalige PDS dagegen gestimmt habe; offenbar war ihr nicht bekannt, dass das Gegenteil der Fall war. Sowohl Mecklenburg-Vorpommern als auch Berlin (damals SPD/PDS-Regierung) stimmten für die Beibehaltung der Käfighaltung. Sie täte auch gut daran, so unser Vorsitzender, sich über das „linke Engagement“ in Richtung gigantischer Ausweitung von Massentierhaltung vor allem im Osten zu informieren.

Bis auf Herrn Jahr forderten alle Diskutanten die Einführung der Verbandsklage auf Bundesebene, denn nur dann besteht die Chance, dass der „Tierschutz im Grundgesetz“ endlich zugunsten von Tieren umgesetzt werden kann. Die CDU ist dagegen! Kein Wunder – die Wirtschaft, sprich die Lobbyisten haben dort das Sagen. Und wie ist es mit dem Tierschutz bei den anderen Parteien? Die Erfahrung zeigt, dass, wenn es um Tiere geht, Wahlversprechen nach der Wahl leider oft zur Makulatur verkommen.

Fazit: Eine sehr informative Talk-Runde, bei der unser Bundesvorsitzender mit viel Fachwissen und Schlagfertig überzeugte.