Die Affäre Grotelüschen / Der „Schaden“ für Mensch und Tier ist weg!

Niedersachsens Agrarministerin Astrid Grotelüschen ist am 17. Dezember 2010 „freiwillig“ zurückgetreten. Seit ihrer Ernennung im April 2010 war sie immer wieder negativ in die Schlagzeilen geraten und büßte zusehends den Rückhalt in den eigenen Reihen ein. Das „Personalproblem Grotelüschen“, eine Ära des Verschweigens, Vertuschens und dokumentierter Lügen sowie die untragbare Verquickung ihres Ministeramtes mit Profitinteressen ihres Familienbetriebes hat nun ihr unrühmliches Ende gefunden. Allen Anschuldigungen begegnete Grotelüschen beratungsresistent und verstand die Vorwürfe nicht, wörtlich: „was wollen die alle von mir?“. Auch der Druck seitens der Tierrechtsbewegung spielte dabei eine große Rolle. Bei der Mahnwache vor dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium am 10. November 2010 war auch unsere Partei maßgeblich beteiligt.

Grotelüschen outete sich während ihrer Amtszeit zunehmend als Schutzpatronin und Marionette der Agrarindustrie. Sie duldete und förderte Missstände und Tierquälereien in der Geflügelmasthaltung mit einem Maximum an Profit und einem Minimum an Tierschutz. Sie setzte sich – auch mit zweifelhaften Subventionsentscheidungen – vehement für einen massiven Ausbau der Massentierhaltung in Niedersachsen ein und plädierte für den Bau automatisierter Mega-Schlachthöfe sowie Hunderter neuer Mastställe zur Billigfleischerzeugung – ein Ruin für die mittelständische bäuerliche Landwirtschaft und ein katastrophaler Rückschritt für Tier- und Umweltschutz. Als Argument diente ihr dabei die „Schaffung vieler Arbeitsplätze“ für Menschen aus strukturschwachen Regionen, wohl wissend, dass letztendlich nur Billiglöhner aus Osteuropa zum Einsatz kommen.

Als frühere Einzelprokuristin bei der Fitkost GmbH in Neubrandenburg war sie von 1995 bis 2010 verantwortlich für fragwürdige Arbeitsbedingungen und Dumpinglöhne von umgerechnet 3,50 Euro realem Stundenlohn bei täglichen Regelarbeitszeiten bis zu 13 Stunden. Nach eigener Aussage hält sie 5,00 Euro Stundenlohn aber für akzeptabel. Weitere neueste Berichte über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen illegaler Beschäftigung und ausbeuterischer Hungerlöhne machen die Runde.

Auch hat Grotelüschen anscheinend nicht verstanden, dass sie als Ministerin für Ernährung und Verbraucherschutz dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Ihre Sorge galt vielmehr der zunehmenden Abkehr der Bevölkerung vom Fleischkonsum. In Interviews bezeichnete sie dies als „menschliche Schwäche“; diesem „Einstellungswandel“ müsse unbedingt begegnet werden.

Kürzliche Untersuchungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover zur Massentierhaltung ergaben große gesundheitliche Gefahren für Menschen wegen dabei freigesetzter Keime und Feinstäube. Nun hat das Ministerium gravierende Mängel in der Massentierhaltung eingeräumt und Handlungsbedarf erkannt, wohl auch als Reaktion auf die zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung und wachsende gesellschaftliche Bewegung, zu der auch unsere Partei durch permanente Aufklärungsarbeit beigetragen hat. Mit der Berufung von Gert Lindemann wird wohl kaum eine Trendwende stattfinden, die in Sicht ist. Immerhin hatte er während seiner zwei Jahrzehnte langen Tätigkeit als Referatsleiter und Staatssekretär im Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium die unsägliche Massentierhaltung mitgeprägt.

Es mutet im Übrigen merkwürdig an, dass über den spektakulären Rücktritt Grotelüschens von ihrem Ministerposten (und auch die Neubesetzung durch Lindemann) weder vom ZDF in der Heute-Sendung um 19.00 Uhr noch in der ARD-Tagesschau um 20.00 Uhr berichtet wurde. Steht zu vermuten, dass der „Schwamm-drüber“-Arm der Agrarlobby dermaßen weit reicht?

Marita Adler
Partei Mensch Umwelt Tierschutz
Bundesgeschäftsstelle, Abteilung Presse-Arbeit
Fritz-Schumacher-Weg 111, 60488 Frankfurt/Main