Die Notwendigkeit eines umfassenden Tierschutzes am Beispiel Rumäniens

Seit zwei Jahren lebt mein Hund, ein Collie-Shepherd-Mischling aus Rumänien von der in Bukarest und Trier ansässigen Organisation ADOR bei mir. Welch eine Freude er mir bereitet, seine zurückhaltende Art und sein Lächeln sind einfach hinreißend. Vor einigen Tagen wurde er 10 Jahre alt.

Nur damit ist leider das äußerst ernste Problem im Bereich des Tierschutzes in Rumänien nicht gelöst. Die Essenerin Susanne Wrenger von der privat organisierten Initiative TierLiebeLeute, die mittlerweile 80 Personen umfasst, berichtet, dass Hunderttausende heimatloser Hunde und Katzen täglich um ihr Überleben in Rumänien kämpfen müssen. Die rumänische Regierung erließ aufgrund eines fragwürdigen „Beißvorfalls“ im Jahre 2013 das Tötungsgesetz 258/2013, welches das systematische Töten von Straßenhunden verankert, anstatt nach humanitären Lösungen zu suchen. Durch dieses Gesetz konnte sich ein lohnendes Geschäft skrupelloser Hundefänger etablieren, da diese zusammen mit Tierheimen und Tötungsstationen mit üppigen staatlichen Mitteln entlohnt werden. Es bestand dadurch weitgehend kein Interesse daran, die Hundepopulationen durch Kastrationen zu reduzieren.

Die einzige Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, besteht darin, ein umfassendes, effektives, verbindliches und kontrollierbares Kastrationsprogramm einzuführen. Dadurch wird verhindert, dass weitere Tiere geboren, das Überleben und das Wohl der Tiere gesichert werden.

Zwar wurde die rumänische Regierung durch die EU ermahnt, ein tierfreundliches Stray-Dog-Mangement umzusetzen, da die rumänischen Gesetze konkrete Vorgaben bezüglich der einzuhaltenden Tierschutzstandards wie die medizinische Versorgung, Kastrationen, Maximalbelegungen in Zwingern und Unterbringung von Hündinnen und Welpen aufzeigen. Eine Umsetzung ist leider weitgehend nicht erfolgt, weil eine Kontrolle nicht erfolgt. Die Beweise und Beschwerden vieler Tierschutzorganisationen bei der EU von Verstößen gegen Tierschutzstandards haben keinerlei Konsequenzen.

Rumänien erhält Gelder, welche zum Teil in das Straßenmanagement und die Abfallwirtschaft fließen, wozu auch das Stray-Dog-Management zählt, also das Einfangen und Töten von Straßenhunden.

Da sich die EU nicht zuständig fühlt, ist es dringend notwendig, dass die Regierung und die Gemeinden in Rumänien eingreifen, um sicherzustellen, dass die Tötungsstationen geschlossen oder nicht mehr finanziert werden, also das lukrative Geschäft beendet wird. Es muss ein System mit EU-Mitteln implementiert werden, welches die Pflege und den Schutz für alle heimatlosen Tiere garantiert.

Jedes Lebewesen verdient ein Leben in Würde und Freiheit von Schmerz und Leid.

Frau Susanne Berghoff (Landesvorsitzende der Partei Mensch Umwelt Tierschutz – Tierschutzpartei) hat zu Recht auf positive Beispiele in Rumänien hingewiesen. Es gibt Kommunen in Rumänien, die zweckgebundene Gelder für die Kastration bereitstellen. Im einzelnen sollen kurz beispielhaft drei Aktivitäten beschrieben werden:

  • Equiwent (Internationale Hilfsorganisation für Mensch und Tiere in Not)
    Seit 2017 betreibt diese NGO ein aktives Kastrationsprogramm für Hunde in Nordrumänien, welches 2022 komplett überarbeitet wurde. So wurden weitere Standorte eröffnet und zusätzliche Kastrationsmobile auf die Straße gebracht. Es wird nach dem Motto verfahren:
    Elend verhindern, bevor es entsteht.
    „Bei dem Engagement dieser Organisation wird vorbildhaft deutlich, dass Tierschutz nur funktioniert, wenn die Menschen mit ins Boot geholt werden.“, so das Statement von Frau Berghoff.
    (
    siehe equiwent.org/kastrationen und der Bericht von Markus Raabe)
  • Auelian Stephan
    Er ist ein engagierter Tierarzt, der im Homeless Hospital in Rumänien arbeitet und sich unermüdlich für die dortigen Straßenhunde einsetzt. Unterstützt wird er u. a. von dem Eifeltatzen in Not e. V. (www.eifeltatzeninnot.de)
  • DsN e. V. (Deutschland sagt Nein zum Tiermorden)
    In Giurgiu wird eine DsN-Farm betrieben, die an die 250 Hunde aufgenommen hat, sich dabei um die Vermittlung um ein neues Zuhause bemüht sowie Kastrationsaktionen durchführt.(www.deutschlandsagtnein.org).

Es gilt auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund des religiösen Hintergrundes überwiegend in der Dorfbevölkerung das Kastrieren von Tieren abgelehnt wird.

Die Essenerin Frau Wrenger hat die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen in dieser Angelegenheit am 25.01.2023 angeschrieben. Herr Andrea Gavinelli, ihr Mitarbeiter, hat deutlich gemacht, dass die EU nicht tätig werden könne, da das Wohlergehen von Hunden den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten unterliegen. Die EU-Kommission plant derzeit eine Überarbeitung der EU-Tierschutzvorschriften und prüft Möglichkeiten, weitere Bestimmungen bezüglich des Schutzes von Heimtieren auszuarbeiten.

Ob dies ein Hoffungsschimmer bedeutet, wird sich zeigen. Im Wahlkampf im nächsten Jahr zum Europaparlament wird dies ein wichtiges Thema für die Tierschutzpartei sein! Neben Rumänien gibt es weitere EU-Länder, wie z.B. Ungarn und Spanien, die den Tierschutz ebenfalls hintanstellen.

Für den/die interessierte/n Leser:in sei auf das Interview mit Dr. Carmen Arsene über den Tierschutz in Rumänien hingewiesen. Das Interview führte Dr. Sarah Fretzer, ehemalige Beisitzerin der Partei Mensch Umwelt Tierschutz – Tierschutzpartei, Landesvorstand Niedersachsen, am 20.02.2017.