Erster WiST-Kongress der Ärzte gegen Tierversuche am 15.10.2016

Dr. Aysha Akhtar in Bezug auf Tierversuche: In keiner Industrie würden wir eine dermaßen hohe Fehlerquote (92%) in der Entwicklung akzeptieren!

Am 15.10.2016 fand in Köln der erste WiST-Kongress der Ärzte gegen Tierversuche statt.

Unter dem Motto „Wissenschaft statt Tierversuche“ nahmen rund 250 Interessierte teil, größtenteils Angehörige der Human- und Tiermedizin, Uni-, Forschungs- und Behördenvertreter.

Unsere beiden Bundesvorsitzenden Horst Wester und Sandra Lück sowie Bundesvorstandsmitglied Dr. Heidi Stümges repräsentierten den politischen Zweig der Tierversuchsgegner und folgten den hochkarätigen Vorträgen nationaler und internationaler Wissenschaftler.

Hauptaugenmerk des Kongresses lag auf der Bilanzierung der fortgeschrittenen, tierversuchsfreien Methoden und der Frage: Wie valide ist eigentlich der Tierversuch?

So gab Andrew Knight (Professor für Tierschutz und Ethik, Direktor des Tierschutz-Zentrums der Universität Winchester / UK) beispielsweise eine aufschlussreiche Übersicht darüber, wie viele Studien im Namen der glorreichen Wissenschaft und der Humanmedizin im Tierversuch in Fachjournalen tatsächlich nur veröffentlicht werden und wie weniger erfolgreiche Forschungsreihen unter den Tisch fallen.

Hakan Sentürk (Professor und Leiter der Abteilung für Gastroenterologie der Universität Istanbul, Chefredakteur der Zeitschrift Turkish Journal of Gastroenterology) klärte unter anderem darüber auf, dass viele Tierversuche gar nicht als diese, sondern als klinische Studien gelistet werden und beeindruckte mit der Tatsache, dass sein Medizin-Journal als erstes und einziges in der Türkei auf Artikel mit und über Tierversuche verzichtet.

Aysha Akhtar (Amtsärztin im Büro für Terrorismusbekämpfung und neuartige Bedrohung in der US-Verwaltung für Ernährung und Medizin, Doktor der Neurologie und präventiven Medizin) stellte nicht nur die Frage, ob Tierversuche ethisch korrekt für Tiere und auch für Menschen sind, sie klärte über die niedrige Vergleichbarkeit der Ergebnisse in Tierversuchen auf. So gab sie Beispiele aus den unterschiedlichen Phasen: vom erfolgreichen Tierversuch, über den mäßigen Erfolg in den klinischen Studien bis hin zum anschließenden Versagen der neuartigen Medikamente beim Menschen.

Akhtar hinterließ einen prägnanten Satz: In keiner Industrie würden wir eine dermaßen hohe Fehlerquote (92%) in der Entwicklung akzeptieren!

Thomas Hartung (Professor für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Konstanz, Professor für toxikologischen Nachweis an der John Hopkins Universität Baltimore und Direktor des Zentrums für Alternativen zum Tierversuch USA und Europa) schaltete sich aus den Vereinigte Staaten per Telefonkonferenz zu. Er hielt einen Vortrag über die unterschiedlichen Wirkungen von Substanzen auf Mensch und Tier. Er erklärte beispielsweise, dass 23 von 32 Substanzen in Kaffee positiv auf Krebs an Ratten getestet wurden, obgleich der Konsum für den Menschen als unschädlich, in Maßen sogar als gesund gilt.

Außerdem gab er eine Aussicht auf die derzeitige Entwicklung sogenannter „Mini-Brains“, die künftig ein Novum in der Grundlagenforschung darstellen und die grausamen Versuche an Affen überflüssig machen könnten.

Dr. Mardas Daneshian von der Universität Konstanz gab einen Überblick über das Europäische Toxikologieprogramm und Anne Beuter (Professorin der Neurobiologie Montpellier/Frankreich) stellte Lösungsansätze der menschenbasierten Forschung vor.

Zu guter Letzt präsentierte Tobias Hasenberg (Diplom-Ingenieur der Biotechnologie der Firma TissUse in Berlin) den Multi-Organ-Chip und klärte über den aktuellen Entwicklungsstand und das angestrebte Ziel auf: „Human-on-a-chip“ – den kompletten menschlichen Organismus auf einem Chip nachzubauen, an dem künftig jede chemische Reaktion erprobt werden könnte. http://www.tissuse.com/science.html

Bei anschließender Podiumsdiskussion mit allen Teilnehmern kamen auch Befürworter von Tierversuchen sowie Experimentatoren zu Wort.

Sowohl die Organisation, als auch die Moderation des Kongresses waren ein sehr gelungener Auftakt und lassen auf Wiederholung hoffen, um weiter Impulse für die tierversuchsfreie Forschung zu geben und ein Forum für dessen Vertreter zu bieten!

Bleibt zu hoffen, dass wir unserer Forderung nach tierleidfreier Forschung einen Schritt näher gekommen sind.

Sandra Lück