Die EU versagt beim Thema Migration

Die Türkei instrumentalisiert Geflüchtete für ihre machtpolitischen Ziele

Nachdem die türkische Regierung die Grenzen zur EU für syrische Geflüchtete geöffnet hat, seien allein bei Edirne über 76.000 Migranten nach Griechenland und nach Bulgarien eingereist. So zumindest der türkische Innenminister in einem Tweet. Die UN hingegen spricht von 13.000 Geflüchteten in Gruppen von mehreren tausend Menschen, die derzeit versuchen, die Grenzanlagen zu überwinden. Es kommt zu tumultartigen Szenen, griechische Sicherheitskräfte blockieren die Übergänge und setzen Tränengas ein. Eine Eskalation scheint nur noch eine Frage der Zeit.

Das auslaufende Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU liegt offensichtlich in Trümmern. Vier Jahre lang hatte die Türkei durch rigide Kontrollen dafür gesorgt, dass Geflüchtete aus Syrien praktisch keine Chance hatten, nach Europa zu gelangen. Im Gegenzug stellte die EU sechs Milliarden Euro zur Verfügung, die an Hilfsorganisationen gezahlt wurden, um für eine angemessene Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten zu sorgen. Geschätzte 3,6 Millionen Menschen sitzen in Lagern im Osten der Türkei fest, meist unter katastrophalen humanitären Bedingungen. Nun sind die Grenzen im Westen offen, viele werden sich auf den Weg machen.

Mit ihrer verfehlten Flüchtlingspolitik hat Griechenland / die EU es nicht nur versäumt, für die 40.000 geflüchteten Menschen auf den griechischen Inseln menschenwürdige Bedingungen zu schaffen, die EU hat auch dabei versagt, die Grundversorgung der Geflüchteten in der Türkei zu sichern. Darüber hinaus ist Brüssel erpressbar geworden. Weil Präsident Erdogan nach den letzten militärischen Zwischenfällen in Syrien von der NATO eine verstärkte Unterstützung seines Landes forderte, diese aber verweigert wurde, wird nun mit der Grenzöffnung für Geflüchtete Druck auf die EU ausgeübt. Diese Instrumentalisierung von hilflosen Menschen, die so zum Spielball der großen Politik werden, ist aufs Höchste verwerflich.

Die EU kann es sich nicht weiter leisten, die Flüchtlingsproblematik an andere Staaten auszulagern. Es ist auch keine Option, so wie Bulgarien eine „Null-Migration“-Politik zu verfolgen und die Grenzen hermetisch abzuriegeln. Stattdessen müssen die EU-Mitgliedsstaaten zu einem verbindlichen Verteilungsschlüssel finden, der die Umsiedlung der Geflüchteten innerhalb der EU festlegt. Bisher nehmen sechs der 27 EU-Mitgliedsstaaten ca. 80% der Asylbewerber auf, weil die übrigen Staaten sich verweigern. Diese unsolidarische Haltung, darf nicht mehr toleriert werden. Ein Staatenverbund von 450 Millionen Einwohnern mit einem Bruttoinlandsprodukt von 16 Bill. EUR ist den aus Flucht und Migration entstehenden Herausforderungen gewachsen.