Glyphosat – ein großes Experiment

Leserbrief zum Artikel „Studie: Keine Krebsgefahr bei Glyphosat“ am 16.03.2017 in der HAZ

Von Dr. Sarah Fretzer / LV Niedersachsen

Was ist Glyphosat? Es ist ein Herbizid, ein Unkrautvernichter, d.h. es vernichtet alle Pflanzen, die wir nicht haben wollen. Die große Diskussion ist ja: ist es krebserregend oder nicht? Als Bürger weiß man wohl gar nicht, was oder wem man glauben soll. Es gibt so viele Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen und man sollte sich immer schlau machen, wer die Studie bezahlt und veröffentlicht hat. Ganz schön anstrengend! Aber es gibt eine einfache Lösung: man muss über das Thema mal intensiv nachdenken und dann eine Entscheidung treffen!

Also los geht’s: laut EU-Gefahrstoffkennzeichnung ist Glyphosat reizend (Zeichen Xi) und umweltgefährlich (Zeichen N). Wenn eine Gruppe Ratten ca. 5000mg also 5 Gramm pro Körpergewicht frisst, dann sterben 50% der Tiere und die andern vegetieren krank vor sich hin (das ist der sogenannte LD50 Wert). Bei Ziegen liegt der Wert bei 3530 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Das waren ganz schön grausame Tierversuche, aber wie schlimm ist es beim Menschen?! Beim Menschen beträgt die maximale Konzentration ohne toxische Wirkung 175mg pro Kilogramm Körpergewicht, d.h. bei einem Menschen, der 80 kg wiegt, wären 14 Gramm Glyphosat gerade so nicht toxisch. Diesen Wert kann jeder mit seinem Gewicht ausrechnen, aber wer weiß denn schon wie viel Glyphosat man zu sich nimmt? Auf dem Mehl, dem Rapsöl oder dem Zucker steht ja schließlich nicht: enthält 3 Gramm Glyphosat. Hier bleibt ein großes Fragezeichen!

Im Jahr 2014 landeten 5330 Tonnen Glyphosat auf dem Acker und 90 Tonnen in Gärten. Glyphosat landet nicht nur auf dem Feld, sondern gelangt ins Grundwasser und manchmal werden laut Wikipedia die zulässigen Grenzwerte in Deutschland überschritten. Der Mensch nimmt Glyphosat v.a. über die Nahrung auf und das Herbizid wurde schon in Muttermilch und Urinproben festgestellt. Angeblich waren sämtliche Befunde unterhalb der zulässigen Grenzwerte bzw. die Konzentrationen waren so gering, dass keine Gefahr bestand.

Wir nehmen also Glyphosat in unsere Körper auf, aber wie schlimm ist das Herbizid für den Menschen? Nun es könnte krebserregend sein oder auch nicht, das kommt im Moment drauf an, wen man fragt. Die Europäische Chemikalienagentur sagt außerdem, dass Glyphosat im Verdacht steht, Embryonen oder die Darmflora zu schädigen. Mit anderen Worten: Glyphosat könnte unseren Babys während der Schwangerschaft schaden, d.h. unsere Kinder werden evtl. krank oder behindert geboren. Wie schlimm ist es dann für unsere Babys, wenn sie Muttermilch mit diesem Unkrautvernichter zu sich nehmen? Was passiert, wenn Glyphosat unsere Darmflora schädigt? In ein paar Jahrzehnten werden wir die Antworten wahrscheinlich wissen.

Wollen Sie ein Versuchskaninchen der Agrarindustrie sein? Nein?! Sind sie aber! Wir nehmen fast alle unfreiwillig Glyphosat zu uns! Wie viel Glyphosat ist denn in Ihrem Urin? Haben Sie das schon mal prüfen lassen? Wir sind doch alle Teil eines großen Experiments, ob wir wollen oder nicht. Wer hier nicht mitmachen möchte und in seinem Körper lieber keine Umweltgifte haben möchte, für den gibt es eine Lösung: man muss auf Bio-Produkte ausweichen und hoffen, dass das Trinkwasser keine Herbizide enthält und dass beim nächsten Regen nicht so viel Roundup vom Nachbargarten herübergeschwemmt wird. Es ist schwer, diesen Umweltgiften voll und ganz zu entkommen.
Darf ich mal einen Grenzwert für Herbizidkonzentrationen im menschlichen Körper vorschlagen? Wie wäre es mit: 0? Herbizide, wie Glyphosat, haben in unserem Körper nämlich nichts zu suchen! Wir haben hier mit Glyphosat eines von vielen Umweltgiften, das unsere Artenvielfalt bedrohen kann, das tonnenweise auf Äckern und auch bei Hobbygärtnern eingesetzt wird und sich sogar im menschlichen Körper widerfindet. Wer schützt uns und unsere Natur vor diesen Giften? Wozu haben wir denn Umweltgesetze, wie das BNatSchG oder die FFH-Richtlinie?

Jetzt werden Bauern und ihre Lobbygruppen wieder argumentieren, dass diese Chemikalien notwendig sind, um ausreichend Lebensmittel zu produzieren. Diesem Argument widerspricht die UNO in einem neuen Bericht. Sie sieht Pestizide als Bedrohung für die Umwelt und auch die Menschenrechte und sie sind laut UNO nicht notwendig, um die Menschheit zu ernähren. Die UNO empfiehlt eine Abkehr von der konventionellen hin zu einer ökologischen Landwirtschaft. Jetzt stellt sich die Frage: sind die 6 größten Pestizid- und Herbizid-Produzenten, wie Monsanto, Bayer, Dow, Dupont, Syngenta und ChemChina in der Lage das zu verhindern?

Und jetzt kommt Ihre Entscheidung: welchen Weg wollen Sie gehen? Wollen Sie weiterhin Glyphosat und andere Umweltgifte in sich reinschaufeln und abwarten was mit Ihnen passiert? Glyphosat ist doch nur die Spitze des Eisbergs, es ist eines von vielen Umweltgiften, die auf dem Markt sind. Wollen wir weiter zusehen, wie unsere Umwelt mit diesem Problem fertig wird und Arten weiter zugrunde gehen? Sie haben es selber in der Hand: an der Supermarktkasse und bei politischen Wahlen können Sie eine Entscheidung treffen! Ich habe mich entschieden und gehe auf Nummer sicher: ich möchte die Artenvielfalt erhalten und ich will keine Pestizide und Herbizide in meiner Nahrung und auch nicht in meinem Körper! Und Sie?

Dr. Sarah Fretzer
-Beisitzerin-
LV Niedersachsen

Quellen:
1 Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Glyphosat
2 „Die Lage der Natur in Deutschland – Ergebnisse von EU Vogelschutz und FFH-Bericht“, BfN Bericht, 2014
3 Bericht der UNO: https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G17/017/85/PDF/G1701785.pdf?OpenElement