Größenwahn auf unseren Weltmeeren

Rund 8.000 Container hat der fast 400 Meter lange Frachter „MSC Zoe“ an Bord gehabt, als er am Dienstag letzte Woche in der Nordsee in einen Sturm geriet. 281 Container fielen ins Wasser, darunter Behälter mit Gefahrgut. Möglicherweise fielen die Container herunter, weil sie nicht ordnungsgemäß gesichert waren.

Keine Klarheit herrscht bisher über den Verbleib der beiden verlorenen Container mit Gefahrgut. Von dem einen Gefahrgut-Container mit 1.400 Kilogramm Lithium-Batterien fehlt bisher jede Spur. Der andere mit 7.700 Kilogramm Dibenzoylperoxid ist offenbar in der Nordsee aufgebrochen, denn an der Küste wurden einige 25-Kilogramm-Kunststoffsäcke der Chemikalie angespült. Sollte das Dibenzoylperoxid ins Wasser gelangen, seien nur „sehr lokal Auswirkungen auf die Meeresumwelt zu erwarten“, teilte das deutsche Havariekommando am Montag mit. Eine größere Gefährdung für Meeresorganismen und die marine Bodenfauna bestehe, wenn der Stoff am Strand austritt.

Auf den Weltmeeren herrscht aktuell Größenwahn: Fast wöchentlich kommen die Meldungen von immer neuen Kapazitätsrekorden auf Containerschiffen. Die MSC Zoe befördert 19.244 Standardcontainer. Es sind Container voller iPads und Turnschuhe, voller billiger Klamotten und teurer Bauteile.

Mehr als 90 Prozent des globalen Handels werden über Containerschiffe abgewickelt. Auch 25 Jahre nach der Havarie der „Exxon Valdez“ fahren die meisten mit schadstoffreichem Schweröl. Gegen Ökostandards wehren sich die Reeder vehement. Der Widerstand der Schiffsbetreiber gegen Öko-Auflagen ist so zäh wie das klumpige Schweröl, das sie als Treibstoff verwenden. „Es ist ein Mythos, dass moderne Containerschiffe umweltfreundlich sind“, sagt Dietmar Oeliger, der die Verkehrspolitik beim Nabu leitet. Um von den wirklichen umweltverschmutzenden Schiffen abzulenken und der Exportbilanz nicht zu schaden, zeigt man in der aktuellen Debatte auf die Kreuzfahrtschiffe, die allerdings weitaus weniger umweltbelastend sind. Zudem gibt es ca. 300 Kreuzfahrtschiffe, denen 45.000 Handelsschiffe gegenüberstehen. Alles Strategie?

„Durch die ‚Möglichst-Billig-Mentalität‘ forciert der Konsument letztendlich den Wettbewerb auf dem Transportmarkt. Im Gegenzug exportieren wir unseren Müll zur Entsorgung nach Asien. Ein Kreislauf, den man nur als Wahnsinn bezeichnen kann.“, bewertet Martin Buschmann, Spitzenkandidat der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) zur Europawahl, die Situation. „Zudem sollten Container mit Gefahrgütern, die stark umweltbelastend (‚marine pollutant‘) sind, in Zukunft mit GPS ausgestattet werden, damit man diese nach einer Havarie orten und entsorgen kann“.

Quelle: NDR, FaZ