Thema Populismus

Konferenz über (Un)Sicherheiten in der offenen Gesellschaft

Martin Buschmann zu Gast in der Heinrich-Böll-Stiftung

Die offene Gesellschaft steht massiv unter Druck. Dahinter steht offenbar eine tiefgreifende Verunsicherung von Teilen der Gesellschaft, die nicht nur auf einem sozialen, sondern auch auf einem kulturellen und demokratie-skeptischen Unbehagen beruht. So die Beschreibung des Veranstalters der Konferenz. Die offene Gesellschaft wird definiert kritische Fähigkeiten des Menschen freizusetzen und Machtmissbrauch zu verhindern.

Eingeladen hatte die Heinrich-Böll-Stiftung der B90/Grüne. Neben den Spitzenkandidaten und Mitgliedern des Bundesvorstandes der Grünen waren auch sehr interessante Referenten und Gesprächsteilnehmer eingeladen.

Am Freitag (24. März 2017) folgte nach der Eröffnung eine Podiumsdiskussion, in der es um diverse Inhalte des Wahlprogramms ging. Cem Özdemir (Spitzenkandidat für die kommende Bundestagswahl) war vor Ort und hielt einen Vortrag, der allerdings mehr an einen Wahlkampfrede erinnerte. Es fiel sogar der Satz Abschaffung der Massentierhaltung. Man wolle da nicht aufgeben, aber auch „nicht mit dem gehobenen Zeigefinger“ in den Wahlkampf gehen…

Der folgende Samstag (25.03.) begann mit dem Thema innere Sicherheit. Es diskutierten Till Steffen (Justizsenator Hamburg), Simone von Stosch (ARD Aktuell) und Bettina Gaus (Journalistin der taz). Dabei wurde die Überforderung der Kommunen in Bezug auf die Flüchtlingssituation sowie die Vorkommnisse und Sicherheitslage in Köln angesprochen. Auf die Frage, welche Antwort man auf welche Frage geben kann, ging es um Terror und die Verhältnismäßigkeiten (Vorratsdatenspeicherung). Muss die Gesellschaft wehrhafter werden? Die Beiträge fanden eine Antwort, indem man auch Rechtsextremisten wieder in die Gesellschaft integrieren muss. Möglich sei dies, indem man bestehende Gesetze anwendet, sich kritisch mit der Rolle des Verfassungsschutzes befasst und natürlich die Schulen und die Jugendarbeit mit einbindet. Dieses sei ein Weg, den aufkommenden Rechtsterrorismus zu bekämpfen.

Es wurde der Politik vorgeworfen, das Thema innere Sicherheit zu wenig zu konkretisieren. Konsequenteres Handeln gegenüber Straftätern (angesprochen waren auch die sogenannten „Reichsbürger“) sollte den Verantwortlichen klar vor Augen geführt werden.

Zweites Thema in Anschluss: Wie erreicht man die Politik-Verdrossenen?

Zunächst folgte eine Einteilung in Gruppen der „Verdrossenen“ durch Heinz Bude (Soziologe, Uni Kassel). Er teilt diese wie folgt ein:Die erste Gruppe nennt er die „Selbstgerechten“. Sie zeichnen sich durch Fleiß und Beharrlichkeit aus. Die zweite Gruppe ist die der „Übergangenen“: Sie fühlen sich verdrossen, da sie (teils fehlender Bildung) keinerlei Aufstiegschance für sich selbst sehen. Sie gehen ihrer Arbeit nach, verdienen nicht viel und sind daher neidisch und unzufrieden. Ihre Feindbilder sind Flüchtlinge ebenso wie Hartz-4-Empfänger. Zudem kommt die Gruppe der „Verbitterten“. Sie zählen sich zu den Stützen der Gesellschaft. Sie fühlen sich missachtet, da sie nie die Spitze des ihnen zugedachten Erfolges erreicht haben. Für die beiden letztgenannten Gruppen ist Populismus ein einfacher Nährboden.

Die Entstehung dieser Gruppen war nur möglich, weil die Führungseliten oft versagen und nach außen hin ein recht arrogantes Verhalten zeigen. Zudem mangelt es den Parteien an Kommunikationsangeboten. Ohne Einbindung der Mitglieder werden diese die Parteien wieder verlassen.

Als Lösung wurde von den Teilnehmern formuliert, den einzelnen Menschen wieder anzusprechen. Die tiefe Müdigkeit in der Bevölkerung (teils ausgelöst durch die „Alternativlosigkeit“ von Merkel) sei ein Problem. Daher ist politische Bildung sehr wichtig, und sollte daher auch überpolitische Formate transportiert werden. Dort gibt es bereits einige gute Ansätze der Bundeszentrale für politische Bildung, worauf Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung) hinwies. Das TV-Format „Zeit für Helden“ und das YouTube-Format von Hatice Schmidt seien gute Beispiele.

Wichtig sei es, zu vermitteln, Demokratie muss Spaß machen. So könne man viele Verdrossenen wieder erreichen.

Fazit: „Ich habe vieles gelernt, vor allem dass das B90/Grünen eigentlich im politischen Auftrag versagt haben und ihre politische Verantwortung offenbar nicht wirklich ernst nehmen.“, so das Statement von Martin Buschmann. „Von Umwelt- oder gar Tierschutz hörte man hier nichts. Wir können eigentlich nur vom B90/Grünen lernen, in dem wir uns nicht deren devote Haltung gegenüber den Lobbyisten aneignen. Unsere Einstellung ist eine andere: Ehrliche Politik für alle!“