Faltblatt Wolf als PDF
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Leserbrief zum Kommentar „Zum Heulen“ von Julia Koch (DER SPIEGEL 8/2017, Seite 85)

Landesverband Niedersachsen in Aktion

Sehr geehrte Frau Koch,

Sie stellen in Ihrem Kommentar die Frage “Kann ein ausgestopfter Wolf ängstliche Gemüter beruhigen?“ und Sie beschreiben in Ihrem Artikel die Hysterie, die durch Wolf MT6 alias ‚Kurti‘ und seiner „Entnahme“ in Deutschland herrscht. Kurti soll nun als ausgestopfter Wolf in Deutschland auf Wanderschaft gehen und einen sachlichen Umgang mit dem Reizthema Wolf anstoßen.

Nun ich möchte Ihnen zu diesem Thema ein paar Informationen zukommen lassen und auch ein paar Fragen stellen: Ich habe das Wolfsbüro Niedersachsen im Frühjahr 2016 zwei Mal kontaktiert und sachliche Informationen zu Kurti erbeten, die ich für ein Ökosystemmodell und einen wissenschaftlichen Artikel nutzen wollte. Meine schriftliche Anfrage wurde beide Male ignoriert und nicht beantwortet. Ich habe mich auch an den Ortsverband von Bündnis 90/ Die Grünen in Ritterhude gewandt, mit der Hoffnung, dass vielleicht Parteikollegen eine Antwort und sachliche Informationen zu Kurti von den Behörden bekommen würden. Leider Fehlanzeige. Auch der Bundesarbeitskreis „Jagd & Angeln“ der Partei „Mensch Umwelt Tier – Tierschutzpartei-“ hat 2016 eine Auskunft nach Umweltinformationsgesetz gestellt, die vom Umweltministerium verwehrt wurde, mit der Begründung, dass Zeugen geschützt werden müssen und es bestünde eine akute Bedrohungssituation durch Gewaltaufrufe im Internet.

Was wollte ich vom Wolfsbüro wissen? Hier wortgenau meine Fragen zu Wolf MT6/ Kurti an das Wolfsbüro: Gibt es eine Chronologie der Beobachtungen, seines Wanderweges und aller durchgeführten Managementmaßnahmen? Haben Sie auch Daten zu seiner Gewichtsentwicklung, Fressverhalten, Verhaltensauffälligkeiten, Fortpflanzung und Beziehungen zu seinen Artgenossen?

Neben diesen biologischen Fragen, gibt es natürlich auch noch andere Fragen die gestellt werden müssen, insbesondere auch zur „Entnahme“ des geschützten Tieres. In einer Petition bei change.org1 wird behauptet, dass der schwedische Wolfsexperte Jens Karlsson es nicht für nötig hielt, den Wolf Kurti zu vergrämen, da er nie eine Distanz von 200m unterschritt und somit angeblich nie eine Gefahr für den Menschen bestand. Stimmt das? Was sagt das Fachgutachten des Experten dazu aus? Warum wird es nicht veröffentlicht?

Nun meine Frage an Sie als Journalistin: Warum dürfen solche Informationen geheim gehalten werden? Warum werden diese sachlichen Fragen von Behörden nicht beantwortet? Weil man vielleicht gar keine sachliche Debatte möchte? Wie man in der Politik sehen kann, hat ein hysterisches Umfeld durchaus Vorteile und erlaubt Maßnahmen oder Handlungen, die bei einer sachlichen Debatte ausgeschlossen sind. Trifft das auch auf die Diskussion über die Wölfe in Deutschland zu?

Nun meine Frage an DER SPIEGEL bzw. SPIEGEL ONLINE: Warum trägt der Spiegel zur Hysterie bei, in dem bei Spiegel Online grausame Bilder einer Wolfstötung im Grenzgebiet von Tschernobyl² gezeigt werden, die jeden Tierschützer bis ins Mark erschüttern? Der Artikel liefert kaum Informationen und trägt nicht zu einer sachlichen Debatte bei. Außerdem stellt sich mir die Frage: Was will man mit Wolfsorganen aus einem radioaktiven Grenzgebiet anfangen? Wofür sollen die medizinisch genutzt werden? – Zur Strahlentherapie?

Meine erste Bitte an DER SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE: Bitte tragen Sie nicht zur Hysterie bei! Es leben nun ein paar Wolfsrudel in Deutschland (wohl ca. 130 Wölfe insgesamt) und diese bedrohte Art ist wichtig für unsere Ökosysteme und Hysterie behindert ihren Schutz!

Meine zweite Bitte an DER SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE: Bitte tragen Sie zur sachlichen Debatte bei und veröffentlichen Sie die Antworten zu meinen Fragen und beschreiben Sie sachlich das Leben und Ableben von Kurti!

Ich möchte hiermit auf Ihre Frage “Kann ein ausgestopfter Wolf ängstliche Gemüter beruhigen?“ zurückkommen: Nein, ein ausgestopfter Wolf kann die Gemüter nicht beruhigen. Aber Sie als Journalistin können es, wenn Sie dafür sorgen, dass die Wahrheit und alle Fakten über Kurti auf dem Tisch liegen. Unsere Behörden möchten das nicht, aber das ist ein sehr wichtiger Beitrag in der erhitzten Diskussion und dazu braucht unsere Gesellschaft nun gute Journalisten.

Bitte mischen Sie sich in diese gesellschaftliche Debatte ein und recherchieren und veröffentlichen Sie alle sachlichen Informationen zu Wolf MT6/ Kurti!

Vielen Dank und ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Sarah Fretzer, Biologien

Beisitzerin im LV Niedersachsen

 

Quellen:

1 https://www.change.org/p/untersuchungsausschuss-zur-t%C3%B6tung-des-wolfes-kurti-gefordert

2 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/weissrussland-auf-wolfsjagd-beim-tschernobyl-sperrgebiet-a-1134864.html