Foto: Gisela Urban, Gabriele Menzel, Kalle Greve, Bettina Jung

Öffentliche Anhörung von „Stop Vivisection“ am 11. Mai 2015 im Europaparlament

Bundesvorsitzende Bettina Jung berichtet aus Brüssel

„Stop Vivisection“ ist eine von 3 europäischen Bürgerinitiativen. Ihr Ziel ist die Aufhebung der Directive 2010/63 EU, die eigentlich den Schutz der Tiere in der wissenschaftlichen Forschung garantieren soll und dabei total versagt, um eine neue Verordnung im Sinne des Tierschutzes und der Gesundheit der Europäischen Bürger zu schaffen.

Dazu gab es am 11. Mai 2015 ein öffentliches Hearing im Europäischen Parlament in Anwesenheit von Prof. Claude Reiss, Dr. Andre Menache und Gianni Tamino für „Stop Vivisektion“ und 4 Ausschüssen des Europäischen Parlaments.

Der Ausschuss für Umwelt, Öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, der Ausschuss für Industrielle Forschung und Energie, der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und der Petitionsauschuss, dem zur Zeit zwei wichtige Petitionen vorliegen, eine davon die Petition „Tierversuche für REACH zu stoppen“, von Gisela Urban und Gabriele Menzel (Tierfreunde ohne Grenzen e.V.) mit dem Ziel, Tierversuche abzuschaffen.

Das Hearing dauerte etwa dreieinhalb Stunden. In dieser Zeit kamen sowohl die Sprecher von „Stop Vivisektion“ zu Wort, Sachverständige, Vertreter der Kommission und offensichtliche Befürworter der Vivisektion.

Geleitet wurde das Hearing vom Vize- Präsident der Europäischen Kommission Herr Jyrki Katainen.

Bei der Anhörung ging es weniger um das Leiden der Tiere in den Versuchen, als vielmehr darum, ob das Tier ein taugliches Modell für menschliche Erkrankungen ist oder ob der Versuch, die Ergebnisse von Tierversuchen auf den Menschen zu übertragen vielmehr fahrlässig und gefährlich ist, was die steigenden sog. Zivilisationskrankheiten eindrücklich zeigen.

Die Standardkommentare der Politiker, die sich zu Wort meldeten, drückten in erster Linie Bedauern und auch Kritik an der hohen Zahl der Tierversuche in der Europäischen Union aus, insgesamt fast 12 Millionen pro Jahr.

Mehrfach hörte man die Frage, ob es zum jetzigen Zeitpunkt genügend Alternativen gäbe, um schon aus dem Tierversuch auszusteigen. Das sei zurzeit nicht möglich und deshalb begrüße man die Directive und äußerte Befürchtungen, dass die Forschung in Länder außerhalb der Union abwandere und dort die Tiere ohne den großartigen Schutzschirm der Union noch mehr gequält würden.

Die Directive schreibe zwingend das Prinzip der 3R vor, replace (ersetzen), reduction, (reduzieren) und refine (verfeinern).

Dazu argumentiert „Stop Vivisection“: Die Berufung auf die 3R als Mittel, um den Tierschutz und die Tierversuche zu verbessern, hat sich als Sackgasse erwiesen. Seit ihrer Gründung vor 56 Jahren, sind die 3R Prinzipien keineswegs in der Lage gewesen, um Tierversuche zu reduzieren, noch machen sie sie respektabel oder wissenschaftlich ausreichend. Im Gegenteil: durch die unkontrollierte Verwendung von genetisch veränderten Tieren gab es einen deutlichen Anstieg der Nutzung von Tieren.

Weitere Kommentare während dieses Hearings:

Tierversuche = Unlauterer Wettbewerb gegenüber der Alternativforschung

Es sind nur Behauptungen, dass Tierversuche auf den Menschen erfolgreich übertragen werden können – genießen sie diese Behauptungen mit Vorsicht.

Tiermodelle schaden den Menschen und der seriösen Wissenschaft

Die Grundlage dieser Behauptung muss grundlegend geändert werden, sonst hätten wir nicht 12 Millionen Tierversuche jährlich. Es müssen deshalb dringend Arbeitsgruppen gebildet werden, die die Umsetzung des EU Tierschutzgesetzes in allen EU Ländern überwachen.

Die Argumente der Pharmaindustrie und deren Befürworter, man müsse mit Tierversuchen auf andere Länder ausweichen, die keine strengen Tierschutzgesetze kennen muss man entgegensetzen das diese Medikamente bzw. Produkte nicht auf den europäischen Markt gelangen dürfen.

Die Ethikkommissionen werden dominiert von Firmen, die Interesse an den Tierversuchen haben.

Francoise Barre-Sinoussi, forscht seit 30 Jahren an Primaten. Nannte sich selbst eine „AIDS“ Frau.

Erwiderung auf die Rede von Francoise Barre-Sinoussi von Prof Reiss: „Ich möchte hierzu wissenschaftliche Daten vortragen. Die Affen tragen den Virus SIV, der Mensch den Virus HIV, diese sind grundverschieden. Dr. Barre-Sinoussi, angeblich Sprecherin der Pharmaindustrie, macht seit 30 Jahre vergebliche Versuche an Primaten.

Er zitierte einen Pharmavertreter, der sagte: Aidsforschung ist für uns jährlich ein 36 Milliarden Dollar Geschäft: Wir sägen uns nicht den Ast ab, auf dem wir sitzen.“

Eine Sprecherin der Human Society E. Mc Ivor, führte aus:

„Die Entwicklung von Medikamenten steckt in der Krise, weil Tiermodelle mit menschlichen Krankheiten die künstlich hervorgerufen werden, nicht funktionieren. 2% der 11.5 Millionen Tierversuche gelten als schwerwiegend. Es gibt eine lange Liste: Elektroschocks, komplette Isolation, Herzstress, Schwimmstress, menschliche Depressionen werden durch Isolation simuliert, deshalb müssen TV vollständig ersetzt werden. Es muss überprüft werden, ob die Ziele erreicht wurden. Man sollte ein Europäisches Referenzlabor einrichten, um Tierversuche vollständig zu ersetzen, damit die EU Bürger wissen, was hinter den hermetisch abgeriegelten Laboren passiert. Hier herrschen große Probleme mit der Transparenz.“

Der EU Parlamentarier Stefan Bernhard Eck verwies darauf, dass Tiere fühlende Lebewesen sind und keine Produktionseinheiten. Den Wählern wird vor jeder Wahl versprochen, etwas gegen die Tierversuche zu unternehmen. Die Bürger sind mehrheitlich gegen Tierversuche. Wenn die EU Kommission den Bürgerwillen ignoriert, wird die Kluft zwischen Politikern und Wählern immer größer. Die Politik-Verdrossenheit nimmt immer weiter zu. Die Europäische Union sollte eine Wertegemeinschaft sein, deshalb muss die EU Directive dringend reformiert werden. Denn sie hilft den Pharmakonzernen und Vivisektoren, nicht den Tieren.
Forschung ja – Tierversuche nein. Es fehlt am politischen Willen, Schwachstellen zu beseitigen.

Kommentare von Zuhörern:

Die Bundesvorsitzende der deutschen „Tierschutzpartei“ Bettina Jung: „Ich glaube, ich habe heute in den seelischen Lobbyisten- Abgrund in Brüssel gespäht. Sicher 20 internationale „STOP VIVISECTION“-Supporter waren bei der Hearing dabei. Wir haben auch gute Parlamentarier-Reden gehört. Sehr gute sogar. Aber, will man dem Rest glauben, sind wir schon im Tierrechtshimmel. Das Schlimmste, da nun die Macht der Petition erkannt wird….

Zwei Aussagen von Parlamentariern ins Mikro!!!

1. TTIP könnte helfen, Tierversuche zu verringern. (wegen der Kontrollfunktion, nämlich, …)
2. Der belgische EU Abgeordnete Marc Tarabello sagte, man müsse aufpassen, wohin diese Form des Volksbegehrens führt…Nachher kommt noch einer auf die Idee, eine Petition zur Wiedereinführung der Todesstrafe zu starten!!! …und bekommt 1 Million Stimmen zusammen. Sollen wir die dann einführen?

Am Ende des Hearings fragten wir Prof. Reiss: Wie sind sie mit dem Ergebnis des heutigen Hearings zufrieden? Er fand es enttäuschend, weil er gemerkt hat, dass der größte Teil der EU Parlamentarier wahrscheinlich das Bürgerbegehren ablehnen wird, da sie von der Pharmalobby beeinflusst sind.

Prof. Claude Reiss erklärte, dass offensichtlich geforscht wird um des Forschens Willen und dafür, dass man inzwischen derart fundierte Kenntnisse der Tiere und spezielle Stämme entwickelt hat, dass man nahezu jedwede Unschädlichkeit von Substanzen gezielt nachweisen kann! Es werden einfach beispielsweise Mäusestämme eingesetzt, die eben NICHT auf eine zu erforschende Substanz reagieren! Das ist ein Skandal, der an Tragweite seinesgleichen sucht!

Mein persönliches Fazit: „Wenn alle Befürworter wie Gegner des Tierversuches- sich in einer Frage einig waren, dann ist es die, dass es leider immer noch zu wenig vermeintliche Alternativen zum Tierversuch gibt. Dann frage ich mich aber, in welchem vertretenen Land die Mittel für die Alternative Forschung auch nur annähernd derer für Tierversuche entsprechen! Das Ringen um echte Alternativen stellt sich mir entsprechend als reine Behauptung dar! Es gibt viel zu tun…… wir lassen nicht nach!

Es ist ein leichtes Zittern der Landesvertreter zu spüren, das wir nach Kräften verstärken werden! Für verantwortliche Wissenschaft und Labore ohne Tiere!“