Pressemitteilung: Wolfssichtung im Stadtgebiet von Hannover am 9. August 2022

Ein junger Wolf hat sich am vergangenen Dienstag auf der Suche nach einem geeigneten Territorium, in das Stadtgebiet von Hannover verirrt, läuft verängstigt durch einige Stadtteile und ist jetzt wahrscheinlich – und hoffentlich – weitergewandert.

Nach gesundem Menschenverstand und der Einschätzung eines zu Rate gezogenen Wolfsberaters ist es ausgeschlossen, dass sich ein Wolf Stadtgebiete als Revier auswählt. Trotzdem hält Umweltminister Olaf Lies den Abschuss bei einer weiteren Sichtung für sinnvoll und hat aus diesem Grund bereits einen großen Verwaltungsapparat in Gang gesetzt, um „dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger“ gerecht zu werden.

Wir fragen uns, warum das Umweltministerium entgegen dem Rat von Experten und vermutlich auch wider besserem Wissen zu solch drastischen und völlig überzogenen Maßnahmen greift? Zum einen könnte es mit dem Wahlkampf zur bevorstehenden Landtagswahl zusammenhängen, zum anderen könnte dieser Vorfall aber auch genutzt werden, um zukünftig die Weichen für einen schnelleren Abschuss so genannter „Problemwölfe“ zu ermöglichen.

Dieser Wolf hat auf seiner Wanderung durch die Stadt zu keinem Zeitpunkt Menschen oder Tiere gefährdet und wurde zudem danach auch nicht mehr gesichtet. Experten gehen davon aus und wir hoffen, dass er sich bereits weit entfernt von der Stadt und außerhalb der Reichweite der „Flinte“ des Umweltministers befindet und ein passendes Revier gefunden hat. Wir kritisieren, dass das Umweltministerium über die Medien bei den Menschen eine Panik und Besorgnis hervorruft, die in diesem Fall nicht angemessen ist. Wir erwarten von einem verantwortlichen Minister eine aufklärende, deeskalierende und der Situation angemessene Verhaltensweise.

2020 hat der Europäische Gerichtshof den Wolf, auch in Städten, als streng schützenswert eingestuft. Das vorgeschriebene Prozedere des Verscheuchens und Vergrämens empfindet der Umweltminister Medienberichten zufolge als „zu aufwändig“ und gibt an, dass „damit weder dem Wolf noch dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger und Bürgerinnen gedient ist“. Diese Aussage empfinden wir als äußerst irritierend und zynisch. Dem Wolf als Lebewesen ist seiner eigenen Tötung wohl kaum gedient.

In einem Punkt stimmen wir Herrn Lies jedoch zu: Im Rahmen der zunehmenden Wolfspopulation werden wir wahrscheinlich auch in Zukunft hin und wieder Wölfe auf Wanderschaft in den Städten sehen. Wir fordern daher vom Umweltministerium bei künftigen Wolfssichtungen in der Stadt eine eingehende Prüfung und Bewertung der jeweiligen Fälle in Zusammenarbeit mit Experten und Naturschutzverbänden. Dabei sind alle für eine Tiervergrämung möglichen und zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen.

„Schnellschüsse“ im Alleingang des Ministeriums mit anschließendem „Todesurteil“ für das betroffene Tier lehnen wir ab. Denn häufig genug sind im Rahmen der erteilten Abschussgenehmigungen bereits Wölfe getötet worden, für die keine Genehmigung vorlag. Kollateralschäden werden offenbar billigend in Kauf genommen und sind nach unserem Erachten tierschutzwidrig.

Nach aktuellen Umfragen positionieren sich inzwischen viele, wenn nicht gar die Mehrzahl der befragten Menschen gegen die Abschusspläne des Ministeriums. Diesem modernen Zeitgeist sollten auch Politiker:innen folgen und nicht die Auslöschung von Tierleben als einfache Problemlösung sehen. Wir halten es für machbar und angemessen, ein wenig mehr Mühe und Aufwand zu betreiben, um einem ernst gemeinten Tier- und Naturschutz gerecht zu werden. Dabei steht auch für uns die Sicherheit der Menschen im Vordergrund. Wo jedoch keine Probleme bestehen, sollte man sie auch nicht herbeireden und für den Wahlkampf verwenden.

PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ
Landesverband Niedersachsen

Pressekontakt:
Bettina Petersen
E-Mail: bettina-petersen@tierschutzpartei.de
Telefon:+49 176 64107378