Memorial International ist Russlands wichtigste Bürgerrechtsbewegung, die vor mehr als 30 Jahren gegründet wurde und deren Hauptaufgabe in der Aufarbeitung des stalinistischen Terrors, aber auch der Menschenrechtsverletzungen während des Tschetschenien-Krieges liegt. Nun wurde diese Organisation vom obersten russischen Gericht verboten. Und einen Tag später wurde auch die Auflösung des Menschenrechtszentrums der Organisation verfügt.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts handelt es sich bei Memorial um eine vom Ausland finanzierte, extremistische Organisation. Extremismus muss man wohl übersetzen als „nicht zum offiziellen Narrativ passend“. In diesem Sinne dürfte Memorial nicht nur dem Präsidenten und der Nomenklatura ein Dorn im Auge sein, sondern vielen russischen Patrioten, die die Zaren mit ähnlicher Inbrunst verehren wie Josef Stalin und Wladimir Putin. Sie lehnen eine Aufarbeitung der Vergangenheit ab und betreiben weiterhin eine unsägliche Geschichtsklitterung.
In unserer medialen Darstellung verdichtet sich die Kritik viel zu sehr auf die Person des Präsidenten. Doch anders als im Nachbarland Belarus muss man davon ausgehen, dass Putin einen bedeutenden Teil des russischen Volkes auf seiner Seite hat.
Vielleicht wird Russland eines Tages seine „68er Revolution“ erleben. Vielleicht wird sich irgendwann die Überzeugung durchsetzen, dass es nicht darauf ankommt, alle möglichen Traditionen zu bewahren, die Ehre ehemaliger Machthaber zu schützen, den Stolz aufs Vaterland zu befeuern, sondern darum, aus der Geschichte zu lernen und mit kritische Durchdringung der Vergangenheit für eine bessere, humanere Zukunft einzutreten. Vorläufig haben Aufklärung und Menschenrechte aber erst einmal einen gehörigen Dämpfer erhalten.
Allerdings: Ganz ist der Kampf, den Memorial ausfechten muss, noch nicht verloren: Die Organisation wird in Berufung gehen. Unsere Solidarität hat sie!
BAK Internationales der PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ
