Stoppt die Wahlbeeinflussung!

Mehrere Influencer:innen sowie die Kampagnenorganisation „Campact“ rufen derzeit gezielt dazu auf, kleine Parteien nicht zu wählen und haben namentlich Tierschutzpartei und Volt im Visier. Wir möchten neben unserer allgemeinen Darlegung, weshalb dies falsch ist, hier nochmal die wahlrechtlichen und demokratietheoretischen Hintergründe genauer beleuchten:

Während die Aufrufe, die Tierschutzpartei nicht zu wählen, massiven Schaden für uns bedeuten, haben sie gar keine wirklich nennenswerte Auswirkung im Bundestag, um der AfD zu schaden. Dazu untenstehende Übersicht anhand eines Mandate-Rechners.

Nehmen wir an, die Kampagnen gegen die kleinen Parteien führen zu einem Verlust von insgesamt einem Prozentpunkt. Und nehmen wir an, darunter ist ein halber Prozentpunkt, den wir als Tierschutzpartei weniger erhalten. Wir hoffen, dass dies nicht eintrifft, aber dann wäre das für uns ein Verlust von 1/3 unserer Stimmen, also äußerst gravierend.

Das Ziel soll aber eigentlich sein, die AfD zu schwächen. Wie stark wird sie geschwächt durch diese Kampagne?

Während es ein massiver Schaden für die Tierschutzpartei wäre, würde die AfD dadurch aber im ungünstigen Falle lediglich 1 Sitz weniger im Bundestag haben. Von insgesamt 630 Sitzen.

Sicherlich glauben die meisten Menschen, dass die Auswirkung viel größer sein müsste. Das ist ein Irrtum, denn die fehlenden Stimmen bei der Tierschutzpartei wirken rein mathematisch gar nicht gegen die AfD. Sie wirken lediglich dergestalt, dass die Partei profitiert, die man statt der Tierschutzpartei wählt. Diese Sitze wiederum nimmt sie von allen anderen Parteien im Bundestag.

Beispiel: Wer also die GRÜNEn statt der Tierschutzpartei wählt, schadet so gut wie gar nicht der AfD, aber durchaus sehr der Tierschutzpartei und vor allem auch SPD und Linken. Denn der mögliche zusätzliche Sitz für die GRÜNEn wird rechnerisch nur zum sehr kleinen Teil bei der AfD abgezogen.

Warum also wird trotzdem vor jeder Wahl wieder dazu aufgerufen, keine kleinen Parteien zu wählen? Wir vermuten:

  1. Die Mathematik und reale Wirkung der Sitzverteilung sind nicht bekannt.
  2. Es können teilweise auch Kampagnen sein, um gezielt die kleinen Parteien langfristig klein zu halten. Die Angst vor einem Rechtsruck, der angeblich bekämpft würde, wird lediglich instrumentalisiert.
  3. Wenn man eine der großen Parteien favorisiert oder dort Mitglied ist, glaubt man fälschlich „die Prozente der kleinen Parteien fehlen meiner Partei!“ und übersieht dabei aber, dass die große Masse an Wechselwähler:innen nicht bei den kleinen Parteien zu finden sind, sondern bei den Nichtwähler:innen und insbesondere bei den anderen großen Parteien.

Beispiel: Zur Landtagswahl in Thüringen 2019 hatte DIE LINKE einen Zustrom von 165.000 Stimmen. Aber lediglich 3.000 kamen von den „Sonstigen“, hingegen aber allein von der CDU 27.000 Stimmen.

Anderes Beispiel: Zur Bundestagswahl 2021 gewannen die GRÜNEn 4,33 Millionen Stimmen hinzu, aber nur 0,27 Millionen Stimmen kamen von den „Sonstigen“. Also nur winzige 6 % Anteil am zu gewinnenden Stimmenpotenzial der GRÜNEn liegt bei den kleinen Parteien und darunter nochmal nur ein Bruchteil bei der Tierschutzpartei. Hingegen kamen allein von der CDU mehr als 1 Million Stimmen!

Wenn GRÜNE und DIE LINKE also Stimmen hinzugewinnen sollen, sollten vielmehr Kampagnen gegen die anderen großen Parteien geführt werden – und zwar inhaltlich und nicht übers Wahlsystem – sowie bei den Nichtwähler:innen.

Kampagnen gegen die kleinen Parteien sind in ihrem Charakter lediglich antidemokratisch und von ihrer Wirkung für die großen Parteien sehr ineffektiv, aber für die kleinen Parteien existenzbedrohend. Und der AfD schaden sie so gut wie gar nicht.

Die kleinen Parteien können sich aber im Vergleich zu den millionenschweren Budgets der großen Parteien weniger wehren gegen solche Kampagnen, da sie nicht über die gleichen finanziellen Mittel verfügen wie die großen Parteien. Die schädlichen Kampagnen werden nämlich teilweise mit viel Geld geführt.

So schaltet CAMPACT aktuell sogar Anzeigen gegen uns, die bei Google angezeigt werden, wenn man nach der Tierschutzpartei sucht. Es gibt **keinerlei** gezielte Anzeigenkampagne **für** demokratische Parteien. Und auch **keine gegen** die AfD, gegen das BSW oder gegen CDU/CSU – sondern ausschließlich nur gegen Volt und die Tierschutzpartei!

Campact attackiert also genau die beiden Parteien, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Versäumnisse der Regierung im Bereich Klima- sowie Tierschutz am stimmkräftigsten anzumahnen. Campact legt sich mit ihrer Kampagne aber ganz bewusst nicht mit tatsächlich zukunftsgefährdenden Parteien wie CDU oder BSW an, obwohl dort viel mehr Potenzial für Wechselstimmen hin zu Grünen und Linken liegt.

Dieser zutiefst unfaire Eingriff in demokratische Wahlen und in die Parteienlandschaft ist strikt abzulehnen und muss umgehend aufhören. Diese Kampagnen schaden der Demokratie und beschädigen insbesondere auch dringend notwendige strategische Kooperationspartnerinnen auf kommunaler (und europäischer) Ebene. Denn ohne Tierschutzpartei & Co. fehlen den großen demokratischen Parteien wichtige Bündnispartnerinnen gegen die AfD in den Gemeinden.

Schon sehr bald kann diese gezielte Kampagne zur Ausschaltung kleiner Parteien zum Bumerang werden und leider ungewollt demokratische Mehrheiten verhindern.