Tierschützer demonstrieren vor dem Schlachthof in Gärtringen

Rund 70 Menschen sind am Samstag, 05.09.2020, dem Aufruf der grünen Jugend zur Demonstration gegen die unfassbaren Zustände im Schlachthof Gärtringen gefolgt. Unter den Demonstranten waren auch Mitglieder der Tierschutzpartei, Aktivisten von mensch fair tier und fridays for future.

Vor allem Rednerinnen von mensch fair tier und fridays for future erwiesen sich als informiert und entschlossen, die Missstände klar anzusprechen und – vor allem – die Verantwortlichen zu benennen, während die Beiträge der Abgeordneten von Bund, Land und Kreis leider allzu deutlich machten, warum es überhaupt zu einem solchen Skandal kommen kann. Es darf uns jetzt nicht in erster Linie darum gehen, den „Stab über die Verantwortlichen nicht zu brechen“ oder „für den Erhalt des Schlachthofes“ zu kämpfen (notfalls mit Steuergeldern), wie es die Grünen fordern. Konsequentes Handeln ist jetzt gefordert!

Am darauffolgenden Samstag, 12.09.2020, waren ca. 100 Personen zu einer Mahnwache gekommen, die von Tierrechtler*innen organisiert wurde. Auch Mitglieder unserer Partei waren wieder dabei. Bei dieser Mahnwache gab es in mehreren Redebeiträgen konsequentere Forderungen.

Warum handelte die Verwaltung nicht? Wenn dem Landrat und allen voran den Veterinären die „Missstände im Schlachthof“ seit langem bekannt waren, sind sie – neben den unmittelbaren Tätern im Schlachthof – mit verantwortlich. Es genügt deshalb nicht, wenn der Landrat beklagt, dass man die Behebung der „baulichen Mängel“ im Schlachthof (die vor allem eine Betäubung der Tiere erschweren und verhindern) seit langem eingefordert habe, aber die Versprechungen des Schlachthofs leider nicht umgesetzt wurden. Tierschutzrecht ist Eingriffsverwaltung, gehandelt wird mit Verwaltungsakt und Vollziehung; die Schutzgesetze sind keine freundlichen Empfehlungen, die zu befolgen sind oder auch nicht. Auch das Finanzamt wartet nicht, ob wir unsere gute Absicht, Steuern zu bezahlen, vielleicht wahrmachen.

Warum versagen die Veterinäre? Wenn die SOKO Tierschutz die Arbeit der Veterinäre machen muss, läuft etwas grundsätzlich schief. Der Leiter des Veterinäramtes beklagt die Richtigkeit der Bildaufnahmen, dabei wäre es besser, er würde hinterfragen, warum die SOKO Tierschutz die Kontrollen vornehmen muss, für die sein Amt zuständig ist. Wieso gibt es für ein solches Amtsversagen keine personellen Konsequenzen?

Die Antwort liegt auf der Hand. Alle Verantwortlichen (Tierquäler, Betreiber des Schlachthofes, Kontrolleure, Verwaltung, Politik – und last but not least die Landwirtschaft und die Metzgereibetriebe) leben von diesem grausamen System. Im März verzeichnete das Schlachterei- und Fleischverarbeitungsgewerbe mit einem Umsatz von 3,9 Milliarden Euro den höchsten jemals gemessenen Umsatz in der Geschichte der Bundesrepublik (Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, Destatis, vom 01. Juli 2020). Wir sprechen über ein Milliardengeschäft auf dem Rücken der wehrlosen Tiere, dem weder Verwaltung noch Politik im Wege stehen wollen.

Im Moment ist das Schlachten in Gärtringen zwar vorübergehend eingestellt, wirklich konsequentes Handeln im Sinne des Tierschutzes heißt aber: Schließung des Schlachthofes, strafrechtliche Ahndung der Vergehen, personelle Konsequenzen in der Verwaltung. Außerdem sind strukturelle Änderungen von Nöten, nämlich die Schaffung von überregionalen Kontrollbehörden, deren Aufgabe es ist, Verstöße gegen den Tierschutz – nicht nur, aber vor allem in Mast- und Schlachtbetrieben – zu entdecken und zu verfolgen!

Und v. a. muss dringend das Ende der Tierausbeutung generell eingeläutet werden. Die Landwirtschaft muss grundlegend umgebaut werden. Es braucht strukturelle und finanzielle Anreize zu einem Umstieg auf bio-vegane Landwirtschaft ganz ohne agrarindustrielle Tierhaltung und Schlachthöfe!

Bitte unterstützen Sie uns bei diesem Anliegen:
Jetzt Mitglied werden