Tiertransporte in Drittstaaten

Ein Kommentar von unserem Mitglied Diedrich Kleen zu einem Bericht in der OZ

Massive Bedrohungen und Beleidigungen gegenüber den Mitarbeitern des Auricher Veterinäramtes sind ein absolutes „no go“ und lindern in keinster Weise das Leid der Tiere!

Da stimme ich dem Auricher Landrat Olaf Meinen zu 100% zu. „Das geht wirklich auf keine Kuhhaut“ (Zitat Herr Meinen in der OZ vom 07.05.) Es geht aber auch auf keine Kuhhaut, dass es immer noch möglich ist, Tiertransporte über Aurich in Drittländer außerhalb der EU abzufertigen. Was den Tieren auf dem Weg dorthin und in den Zielländern widerfährt ist hinlänglich bekannt und wird immer wieder vielfach dokumentiert. Das sind KEINE Einzelfälle. Davor kann auch nicht das zuständige Veterinäramt die Augen verschließen. Es gibt keine Nachweise, dass die Tiere wirklich zur Zucht dienen. Wie kann es sein, dass sich seit 2010 die Zahl der Milchkühe in Marokko nicht erhöht hat? Obwohl allein aus Deutschland mehr als 70.000 Rinder dorthin verkauft wurden (Deutsches Tierärzteblatt).

Die Stations- und Handelsmärkte in Marokko weisen keine soliden Strukturen für die Unterbringung von Tieren auf, wie z.B. Boxen, Wartebuchten oder Anbindestangen. Die Köpfe sind oftmals derart kurz festgebunden, dass die Tiere sie nicht bewegen können. Auch gibt es in aller Regel keine Schattenplätze, kein fließend Wasser oder sonstige Tränkvorrichtungen. Die Laderampen – wenn überhaupt vorhanden – werden als steil und verschmutzt beschrieben. Manche Tiere sind auf Müllfeldern der Märkte abgestellt. Den Schilderungen nach geraten einige Tiere in Panik, was zu gefährlichen Situationen für Mensch und Tier führt.

Die Drittstaaten (u.a. Marokko) sind als Mitglieder der OIE verpflichtet, deren Mindesttierschutzstandards einzuhalten. Da die OIE mangels supranationaler Kompetenz die Einhaltung ihrer Standards nicht durchzusetzen kann, hat jedes Mitgliedsland diese Minimalstandards durch gesetzliche Regelungen oder anderweitige Instrumentarien eigenverantwortlich sicherzustellen. Ein derartiges Engagement spiegelt sich jedoch in keinem Bereich der Nutztierhaltung, -produktion und -schlachtung wider In Marokko gibt es beispielsweise überhaupt keine behördlichen Stellen, die Tierschutzstandards kontrollieren.

Hinzu kommt, dass es keine Tierschutzabkommen zwischen der EU und den Drittländern (u.a. Marokko) gibt, allenfalls unzulängliche nachträgliche Kontrollen durchgeführt werden und die Staaten nicht in der Lage sind, die Beförderungsbedingungen und die Durchführbarkeit des Transportplans für den jeweiligen Beförderungsabschnitt nachzuprüfen.

Angesichts kontinuierlicher Verstöße gegen die Vorgaben der EU-Transportverordnung, dem Europäischen Übereinkommen über den Schutz von Tieren beim internationalen Transport und den von der World Organisation for Animal Health kodifizierten Tierschutz-
Mindeststandards in den Drittstaaten Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Kasachstan, Kirgistan, Libanon, Libyen, Marokko, Russland, Syrien, Tadschikistan, Türkei, Tunesien, Turkmenistan und Usbekistan ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet,
Tiertransporte dorthin zu unterbinden. Gleiches gilt für Transporte in Drittstaaten ähnlichen oder noch niedrigeren Tierschutzniveaus.

Der Europäische Gerichtshof hatte bereits mit Urteil vom 23. April 2015 unabhängig vom konkreten Zielland festgestellt, dass die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 auch auf Transportabschnitte außerhalb der Europäischen Union Anwendung findet. Zuchtviehtransporte in Drittstaaten seien u. a. nur genehmigungsfähig, wenn zumindest nach dem Recht des Drittstaats zugelassene Versorgungsstationen bestünden, der Zulassungsakt in einer Amtssprache der EU veröffentlicht worden sei, die Einhaltung der Bestimmungen der VO ( EG ) 1255 / 97 bestätigt sei und die Bestimmungen öffentlich einsehbar seien, eine Auditierung durch Stellen der EU gestattet und allen Transportunternehmern / Organisatoren überhaupt eine Buchung ermöglicht werde, d. h. ein Buchungs- und Reservierungssystem in dem Drittstaat vorhanden sei. Dem Gesamtbild nach ist dies in den Staaten Ägypten, Algerien, Armenien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Kasachstan, Kirgistan, Libanon, Libyen, Marokko, Russland, Syrien, Tadschikistan, Türkei, Tunesien, Turkmenistan, Usbekistan und weiteren Drittstaaten nicht gewährleistet.