„Wir haben es satt“ am 19.01.2019

Auch wir nahmen mit einem Trecker an der Demo „Wir haben es satt“ in Berlin teil! Natürlich sind wir nicht mit dem Trecker von Hannover nach Berlin gefahren. Der Trecker ist offen und für eine solche Reise wäre es dann doch wohl etwas frisch gewesen.

Wir haben einen Trailer gemietet und das sechs Meter lange Ungetüm nach Berlin und zurück gezogen. Wir haben den Trecker am Stadtgut Blankenfelde abgestellt und von da aus ging es dann (Samstagmorgen) zur Demo. Das waren ca. 15 km. Das reichte wirklich.
Als wir Freitagabend beim Gut ankamen, waren dort schon zig Trecker, Lagerfeuer, tolle Leute. Wir haben den Trecker abgeladen, die Plakate befestigt und dann die Person gesucht, die die Schlafplätze zuteilt. Eine junge Frau kam auf uns zu und fragte, ob wir einen Schlafplatz bräuchten. Sie könnte ihr Wohnzimmer bereitstellen, mit Schlafcouch. Naja, etwas überrascht waren wir schon; es war auch kein Problem, dass wir zwei Hunde dabei hatten. Sie wohnte in einem der Gutsgebäude, die nicht mehr für landwirtschaftliche Mitarbeiter genutzt, sondern zu Wohnungen umgebaut wurden. Auf dem Gelände gibt es zwei große Gebäude mit mehreren Wohnungen und jede Bewohnerin/ jeder Bewohner, lädt die Treckerfahrer/innen zum Übernachten ein (eine Kommune halt). Wie selbstverständlich. Sie sagte, sie seien so froh und dankbar, dass die Trecker kämen und das sei halt ihr Beitrag zur Demo. Ist das nicht mega ?! Irgendwie kam auch echte Revolutions-Stimmung auf.

Samstagmorgen wurde dann in dem zentralen Gebäude des Gutes Frühstück angeboten und es gab abgepacktes Proviant für die Fahrt (Brot mit Wurst oder Käse oder veganem Aufstrich und Obst). Der Raum war mit seinen nicht verputzten Wänden, langen und runden Tischen und Sofas total gemütlich. Letzte Anweisungen wurden gegeben und dann ging’s ab auf die Trecker. Begleitet von der Polizei fuhren wir durch Berlin (wie cool: mit dem Trecker um die Siegessäule !). Ich wurde mehr oder weniger persönlich von der Polizei begleitet, weil mein Trecker höchstens 20 km/h schafft. Die großen Trecker fuhren zeitweise etwas schneller und der Abstand zwischen mir und dem Trecker vor mir wurde so groß, dass sich PKW’s in die Trecker-Kolonne quetschten. Sofort war die Polizei da und bat den PKW wieder aus der Schlange.

Die Trecker hielten dann vor dem Gebäude, in dem die Agrarministerkonferenz stattfand. Es gab eine Kundgebung. Es sprach u.a. ein Vertreter der AbL. Er erwähnte, dass die Demo auch von Tier- und Umweltschützern unterstützt wird und das eine Anerkennung der Leistung der bäuerlichen Betriebe sei. Ja, irgendwie stimmt das ja auch. Die teilnehmenden Bauern haben jedenfalls gecheckt, dass es so nicht weitergeht. Anschließend faselte (Entschuldigung, aber so war es) der parlamentarische Staatssekretär irgendwas von Digitalisierung. Nun, das ist wohl wahrlich nicht das Problem. Ihm wurde entgegnet „Daten machen nicht satt“ und letztlich wurde er ausgebuht.
Anschließend weiter zur eigentlichen Demo und dann die Fahrt durch die jubelnden Menschenmassen. Ich konzentrierte mich auf die Fahrt und meine Mitfahrerin drückte ab und an auf die (quäkige) Hupe des Treckers. War aber super. Dreimal Daumen hoch für die Tiere, die Freiluftfahrerinnen und John Deere ! Was gerade gemeint war, konnten wir nicht wissen, aber auf jeden Fall gab es genügend Zuspruch. Abends traten wir dann die Heimreise an.

Es waren erlebnisreiche, aber auch anstrengende Tage. Für die Tiere !

Die Landwirtschaftspolitik ist katastrophal. In Deutschland werden jedes Jahr 6,3 Milliarden Euro an EU-Agrargeldern ausgeschüttet, mehr als drei Viertel davon als pauschale Subventionen je Hektar Fläche. In der Praxis heißt das: Die 3.300 flächengrößten Betriebe erhalten eine Milliarde Euro im Jahr, während die kleinsten 200.000 Bauernhöfe sich knapp 700 Millionen teilen müssen.

„Mit den über sechs Milliarden Euro, die Deutschland jedes Jahr an EU-Agrargeldern verteilt, muss der umwelt- und tiergerechte Umbau der Landwirtschaft gefördert werden”, so eine Sprecherin des Bündnisses. “Doch Agrarministerin Klöckner klammert sich an die pauschalen Flächensubventionen wie ihre Vorgänger ans Ackergift Glyphosat. Der Agrarindustrie immer weiter Milliarden in den Rachen zu stopfen ist agrar- und klimapolitischer Irrsinn. Wir fordern: Umverteilen jetzt!”

Simone Oppermann