Wolfsschutz europaweit durchsetzen!

Dank des seit Jahrzehnten geltenden strengen Schutzes des Wolfes konnte die gefährdete Tierart vor der endgültigen Ausrottung in Europa bewahrt werden. Inzwischen hat die natürliche Regeneration der Populationen auch zu einer Rückkehr nach Deutschland geführt. 105 Wolfsrudel, 25 Wolfspaare und 13 sesshafte Einzelwölfe sind nun hier heimisch. Das entspricht zwischen 275 und 301 erwachsenen Wölfen. Insgesamt leben in Europa wieder 15.000 bis 20.000 Wölfe. Ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen den Verlust von Biodiversität auf unserem Kontinent.

 

Der Wolf gehört in ein gesundes Ökosystem. Er vervollständigt die Nahrungskette, indem er sich von alten, kranken und schwachen Tieren ernährt. So reguliert der Wolf den Wildbestand in seinem Revier. Das kommt auch dem Wald zugute, da weniger junge Triebe gefressen werden. Es entwickelt sich ein natürliches Gleichgewicht. Wolfspopulationen können nicht unkontrolliert zunehmen. Ist weiterer geeigneter Lebensraum vorhanden, breiten sich Wölfe in der Fläche aus. In einem bestimmten Gebiet allerdings wird schnell eine Obergrenze erreicht, der Wolfsbestand bleibt dann zahlenmäßig unverändert auf einem konstanten Niveau.

 

Leider weigern sich zahlreiche Interessengemeinschaften, ein Zusammenleben mit dem Wolf zu akzeptieren. Für sie ist der Wolf ein Konkurrent, weswegen sie ihn zum Störenfried erklären. Jäger und Landwirte betreiben gezielt Panikmache und machen sich Angstreflexe der Bevölkerung zunutze. Es wird behauptet, die Wölfe würden ernsthafte ökonomische Schäden verursachen und eine Gefahr für den Menschen darstellen. Beides ist unrichtig.

 

Obwohl der Wolf dreifach gesetzlich geschützt ist (internationales Recht, EU-Recht, nationales Recht) wird ihm überall in der EU nachgestellt. Immer wieder werden juristisch fragwürdige Ausnahmen gemacht oder illegale Tötungen vorgenommen, die ungestraft bleiben. Dieser ständige und wissentliche Bruch von EU-Recht darf nicht länger hingenommen werden.

 

Insbesondere in Spanien hat es der Tierschutz sehr schwer. Im Norden des Landes wird der Wolf bejagt, während er im Süden strikt geschützt aber dennoch beinahe verschwunden ist. Die Population in der Sierra Morena gilt seit 2016 als ausgerottet. Wilderei, Giftköder und die grausamen Schlag- und Schlingfallen kommen dabei zum Einsatz. Letztere schnüren dem gefangenen Tier den Bauch ab, was zu einem langsamen, qualvollen Tod führt. Ihre blutigen Trophäen stellen die Wilderer dann gerne an Straßenschildern aufgehängt zur Schau.

 

Die Wolfspopulation Spaniens wird von offiziellen Stellen um 30 bis 50% zu hoch angegeben, um die enormen Abschusszahlen zu rechtfertigen. Die Erlaubnis der Bejagung ist daher nicht rechtens, zumal viel mehr Wölfe getötet werden als eigentlich erlaubt. In den vergangenen 26 Jahren konnten nur drei neue Wolfsrudel festgestellt werden, die Population stagniert und breitet sich nicht weiter aus. Es empfiehlt sich, im ganzen Land die Wolfsjagd unter Strafe zu stellen und dieses Verbot rigoros durchzusetzen.

 

In Frankreich hingegen gibt es nur ca. 500 Wölfe, dennoch wird intensiv Jagd auf das Tier gemacht. Bis zu 100 Individuen könnten dieses Jahr getötet werden. Die Höchstgrenze für „Entnahmen“ wurde von 10% auf 17% der Population angehoben.

 

Ganz anders ist der Umgang mit dem Wolf in Italien. Dort leben knapp 2000 Wölfe, doch dort sorgt der Managementplan dafür, dass der Herdenschutz ernst genommen wird. Kein Wolf wird getötet, sondern eine stabile Koexistenz angestrebt.

 

Sozusagen am anderen Ende der EU, in Estland, wird dem Wolf ebenfalls mehr Respekt entgegengebracht. Der Grauwolf wurde unlängst zum Nationaltier gewählt. Das hindert die Regierung allerdings nicht daran, den Wolf jedes Jahr für vier Monate zur Jagd freizugeben. Bis Ende Februar 2020 werden in der aktuellen Saison voraussichtlich 61 Tiere geschossen werden. Die Zahl der Würfe hat zugenommen und soll nun wieder eingedämmt werden. Dabei wird für das Baltikum eine Population von bis zu 2200 Wölfen angenommen, lediglich 20 bis 25 Rudel mit 200 Tieren leben in Estland.

 

Ähnlich klein und damit weit davon entfernt, eine Jagd auf sie zuzulassen, sind die Populationen in Skandinavien. In Schweden liegt die offiziell festgelegte Untergrenze für Wölfe bei lediglich 300 Tieren. Daher ist die Jagd auf den Wolf dort weiterhin verboten, was die Jagdverbände allerdings nicht daran hindert, Jagdlizenzen zu fordern und sogar mit Wilderei zu drohen. Es ist diese weit verbreitete illegale Jagd, die dafür sorgt, dass in Schweden der Wolfsbestand jedes Jahr weiter abnimmt.

 

Viel günstigere Bedingungen findet der Wolf hingegen in Rumänien. Doch selbst hier wird sein Schutz nicht zu 100% umgesetzt. Seit 2016 ist in Rumänien die Jagd auf den Wolf verboten, es können allerdings jedes Jahr einige Abschüsse freigegeben werden (2017 waren es 97 Wölfe). Zehn Millionen Schafe gibt es dort, dazu 3000 bis 4000 Wölfe. Darauf hat sich die Landwirtschaft eingestellt. Die Herden werden von Hunden beschützt und eingezäunt. Wenn dennoch einmal eine Wolfsattacke gelingt, nehmen die Schäfer den Riss nicht weiter tragisch. Die Verluste hierdurch liegen auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland und werden als marginal angesehen. Über 87% der Beute des Wolfes sind Wildschwein, Reh oder Hirsch. In Rumänien hat man verstanden, dass der Wolf zu einem intakten Ökosystem dazugehört.

 

Diesen Lernprozess müssen alle EU-Mitgliedsstaaten durchlaufen. Der Schutzstatus des Wolfes ist nicht verhandelbar und darf auch nicht durch nationale Ausnahmegesetze aufgeweicht werden. Der Europäische Gerichtshof hat erst im Oktober 2019 festgestellt, dass die Tötung eines Wolfes nur dann erlaubt werden kann, wenn sie einem wissenschaftlich belegbaren Ziel dient und gleichzeitig keine Alternativen zur Verfügung stehen. Der deutsche Sonderweg der Abschusserleichterung dürfte also nur kurzzeitig Bestand haben.

 

Der Mensch wird sich mit dem Wolf arrangieren müssen. Dazu bedarf es einer breiten und laufend ergänzten Wissensbasis, die nur durch ein dauerhaftes, zentrales Monitoring gewährleistet werden kann. Stehen miteinander vergleichbare und verlässliche Daten zur Verfügung, sind wir in der Lage, informierte Entscheidungen zu treffen. Dieser Erkenntnisgewinn kann dann in entsprechenden Aufklärungskampagnen der Bevölkerung nahegebracht werden.

 

Der vielerorts herrschenden Brutalität und Willkür muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Wilderei ist kein Kavaliersdelikt und sollte in allen EU-Mitgliedsstaaten verfolgt, zur Anzeige gebraucht und hart bestraft werden. Darauf muss die EU-Kommission bestehen, politischen Druck aufbauen und notfalls mit einer Streichung von Geldern auf Zuwiderhandlungen reagieren.

 

Andererseits gilt es, die traditionelle Weidewirtschaft mit Hirten und Schutzhunden zu fördern. Ausfälle durch Wolfsrisse werde schon komplett erstattet. Hinzu kommt die ebenfalls schon eingeführte 100%ige Übernahme der Kosten von Schutzmaßnahmen. Diese Beschlüsse waren richtig und wichtig, denn extensive Formen der Tierhaltung sind unerlässlich in der Landschaftspflege. Im nächsten Schritt muss in Brüssel durchgesetzt werden, dass diese Formen der naturnahen Landwirtschaft stärker von den europäischen Agrarsubventionen profitieren.

 

Es gibt zahlreiche Ansätze für ein konfliktarmes Zusammenleben mit dem Wolf. Der Weg dorthin führt über Erfassung und Erforschung, Aufklärung und Information sowie wirksamen Schutz von Weidetieren. Wir befürworten die Wiederherstellung einer stabilen Koexistenz und heißen den Wolf in seinen ursprünglichen Heimatgebieten ausdrücklich willkommen. Die EU-Kommission ist in diesem Zusammenhang dazu aufgefordert, geltendes Recht durchzusetzen, ihre Förderstrukturen anzupassen und die Entwicklung eines europäischen Wolfsmanagements aktiv zu gestalten.

 

Text: Sebastian Stopper