Der am 6. März 1938 in Kassel geborene Jürgen Gerlach gehört zweifellos zu den wichtigsten Persönlichkeiten, die jemals Mitglied der Partei Mensch Umwelt Tierschutz waren.
1995 trat er der Partei bei und begründete wenig später den hessischen Landesverband mit, dessen Vorstand er zunächst als stellvertretender Landesvorsitzender angehörte. Zwei Jahre später war er dann Landesvorsitzender und wurde bei den hessischen Kommunalwahlen mit 18,4 % in den Ortsbeirat seines Wohnortes Unter-Schönmattenwag gewählt. Somit kann er sich mit dem besten Wahlergebnis (wenngleich nur in einem 1.000-Einwohner-Ort) und gleichzeitig dem ersten Mandat der Parteigeschichte rühmen. Aufgrund einer Reform des hessischen Kommunalwahlrechts durch die damals amtierende Landesregierung Koch konnte letzteres vier Jahre später jedoch leider nicht gehalten werden.
Außerdem wurde er ebenfalls 1997 Beisitzer im Bundesvorstand. 1999 stieg er zum zweiten stellvertretenden Bundesvorsitzenden auf und noch einmal zwei Jahre später am 29. September 2001 wählte ihn der Bundesparteitag als Nachfolger von Gisela Bulla zum Parteivorsitzenden. Erstere war bereits 2000 zurückgetreten, um sich anschließend ins Bundesschiedsgericht wählen zu lassen. Da diese Position somit ein Jahr lang unbesetzt geblieben war, hatte während dieser Zeit der erste stellvertretende Vorsitzende Egon Karp kommissarisch die Geschäfte des Parteivorsitzenden geleitet. Zeitgleich mit seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden legte Gerlach sein Amt als Landesvorsitzender nieder, um ein Zeichen gegen Ämteranhäufung zu setzen.
2004 feierte die Tierschutzpartei die beiden größten Wahlerfolge der Ära Gerlach: Bei der Europawahl, bei der er als Spitzenkandidat fungierte, steigerte sie ihr Ergebnis auf 1,3% gegenüber 0,7% fünf Jahre zuvor, womit sie ihr Ergebnis fast verdoppelte. Bis heute ist dies ihr bestes Resultat bei einer bundesweiten Wahl. Wenige Monate später erzielte sie bei der Landtagswahl in Sachsen mit 1,6% ihr bis dahin bestes Ergebnis auf Landesebene. Beide Wahlergebnisse bewirkten, dass die Tierschutzpartei für weitere fünf Jahre an der staatlichen Parteienfinanzierung teilnehmen konnte, was ihr bereits seit 1999 ermöglicht worden war.
Vor allem Gerlachs Heimatland Hessen wurde infrastrukturell zum Mittelpunkt der Partei. Nachdem Gerlach für die Partei bereits das erste kommunale Mandat überhaupt erzielt hatte, erreichte sie 2001 mit einem Sitz im Kreistag des Landkreises Darmstadt-Dieburg ihren bundesweit ersten Sitz auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte. In den Folgejahren konnten in weiteren hessischen Kommunen Sitze erzielt werden, sodass dieses Bundesland dasjenige ist, in dem die Partei bislang ihre meisten kommunalen Mandate erzielt hatte. Auch ansonsten wurde das Land zu einem Zentrum für die Tierschutzpartei. 2001 wurde in Frankfurt am Main die Bundesgeschäftsstelle eingerichtet, die 2012 ins ebenfalls hessische Sulzbach am Taunus und danach über die Landesgrenzen nach Mainz und schließlich ins sächsische Treuen verlegt wurde. Auch die meisten Bundesparteitage fanden bislang in Hessen statt. Bereits Anfang 1999 hatte die Tierschutzpartei bei der hessischen Landtagswahl mit 0,5% ihr bis dahin bestes Landtagswahlergebnis erzielt, vier Jahre später steigerte sie sich auf 0,8%, was das bis heute zweitbeste Resultat bei einer Landtagswahl in einem westdeutschen Flächenland darstellt. Es wäre naiv zu glauben, dass all dies ohne sein Hinzutun zustande gebracht worden wäre. Bereits 2003 resümierte die 2010 verstorbene Ingeborg Gräßer anlässlich des 10-jährigen Parteijubiläums über Gerlach wie folgt: „Herrn Gerlach als dem derzeitigen Parteivorsitzenden danken wir für seine ruhige, ausgeglichene Führung in den oft aufregenden Phasen des Parteilebens.“
Schon 2005 hatte er angekündigt, zwei Jahre später nicht mehr als Parteivorsitzender kandidieren zu wollen. So endete seine Amtszeit als Bundesvorsitzender auf den Tag genau nach sechs Jahren am 29. September 2007, womit er in der Parteigeschichte der bisher am zweitlängsten amtierende Vorsitzende ist.
Wir danken Jürgen Gerlach ganz herzlich für sein Engagement für die Partei und wünschen ihm zu seinem Ehrentag alles Gute sowie noch viele gesunde und glückliche Jahre!
