Schätzungen zufolge werden jedes Jahr in Deutschland ca. 3 Millionen Tiere für Tierversuche verwendet. Die Forschung mit Versuchstieren wird in Universitäten und Forschungseinrichtungen, Pharmaunternehmen und Dienstleistungsunternehmen durchgeführt. Die sogenannten Versuchstiere erleiden dabei oft unsagbar schlimme körperliche Schmerzen und Stress, sie werden ihrer Freiheit beraubt und werden, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, zumeist umgebracht. Siehe auch
Jedoch nicht alle – mittlerweile gibt es Organisationen, die mit den Tierversuchslaboratorien zusammenarbeiten, um wenigstens einige der Tiere, die nicht mehr gebraucht werden, in ein sorgenfreies Zuhause zu vermitteln.
Wenn man also die Rahmenbedingungen erfüllt und ausreichend Zeit und Geduld hat, ist es durchaus möglich, einen Hund, eine Katze oder auch ein Nagetier aus einem Versuchslabor aufzunehmen.
Dabei stellen sich natürlich viele Fragen:
- Was sind das für Tiere?
- Sind sie verhaltensauffällig und/oder krank?
- Wo finde ich sie?
- Bin ich überhaupt geeignet?
Die meisten Tiere werden eigens für Forschungszwecke gezüchtet, nur sehr wenige werden dafür gefangen. Bei der Züchtung wird darauf Wert gelegt, dass die Tiere die Eigenschaften hervorbringen, die sie für die Versuche tauglich machen, daher sind die wenigsten Tiere aggressiv. In den Einrichtungen werden sie oft in gleichgeschlechtlichen Gruppen gehalten, so dass sie meist gut sozialisiert sind.
Versuchstieren ist die „normale“ Welt völlig unbekannt, viele waren niemals draußen, haben die Sonne nie gesehen, durften nicht über Gras laufen. Sie leben in geschlossenen, klimatisierten Räumen oder engen Käfigen im künstlichen Licht. Einen Tagesablauf, der ihren Bedürfnissen gerecht wird und nicht aus Schmerz, Stress, Untersuchungen und „Behandlungen“ besteht, dürfen sie nicht kennenlernen. Was sie erleiden müssen, Tag für Tag, das kann sich niemand von uns wirklich vorstellen.
Nur Tiere in körperlich gesundem Zustand werden von den Laboratorien abgegeben, die anderen werden getötet. Zumeist haben die überlebenden Tiere eine normale Lernkapazität und kommen, Erfahrungsberichten zufolge, in einem neuen Zuhause relativ gut zurecht. Es gibt seriöse Vereine, die sich auf die Vermittlung von Versuchstieren spezialisiert haben, an die man sich bei Interesse wenden kann, z.B:
Laborbeaglehilfe e.V.
My Second Life (überwiegend Kleinnager): Website, Facebook
Ein Herz für Laborkaninchen
Diese Vereine überprüfen schon im Vorfeld, ob geeignete Voraussetzungen vorliegen. Nicht jedes Tier passt zu jedem Menschen, daher fragen und prüfen die Vereine genau nach, bevor sie ein Tier freigeben. Einen abschlägigen Bescheid sollte man daher nicht persönlich nehmen, im Vordergrund steht hier immer das Wohl eines Tieres, eine Fehlvermittlung wäre fatal.
Welchen Versuchen die zur Adoption freigegebenen Tiere während ihrer Zeit in den Laboren ausgesetzt waren, bleibt jedoch im Dunkeln, darüber wird von den zuständigen Stellen nichts preis gegeben. Sicher ist: die Tiere haben Schlimmes durchgemacht, Schmerzen erlitten und waren in ihrer Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt. Jedes hat dies auf eine andere Weise verarbeitet. Daher spielt nicht nur der Zeit- und Erfahrungsfaktor eine Rolle, auch die individuelle Auswahl ist wichtig. Es gibt sehr ängstliche, schüchterne, leider auch ältere Tiere, die besonders viel Ruhe, Geduld und einen sicheren Tagesablauf benötigen. Man sollte daher unbedingt mit den Vereinen zusammenarbeiten und deren Hinweise ernst nehmen.
Mit einer Adoption kann man hier wenigstens ein bißchen wieder etwas gutmachen, zumindest an den Tieren, die lebendig diese Hölle verlassen durften. Entscheidend ist, wie fast immer, Zeit, Geduld, keine falschen Erwartungen und viel Liebe.
Einem Tier aus dem Tierschutz, Tierheim, aus der Massentierhaltung oder eben aus einem Versuchslabor ein neues Zuhause zu geben, ist eine sehr anspruchsvolle, aber auch lohnenswerte Aufgabe. Es ist immer wieder schön und bewegend, mitzuerleben, wie sich aus einem einst geschundenen Tier eine kleine Persönlichkeit entwickelt, die wieder Freude am Leben hat.
Sonia-Ellen Hoesel / Bundesarbeitskreis Praktischer Tierschutz