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Fleischindustrie
Gammelfleisch – die Fleisch-Skandale reißen nicht ab
Kaum ein Monat vergeht ohne eine neue Horror-Meldung über verdorbenes Fleisch, das in den Kühlhäusern krimineller Fleischhändler lagert und den blauäugigen Verbrauchern für teures Geld untergejubelt werden soll oder bereits auf ihren Tellern angekommen ist.
Gammelfleisch – oder drastischer „Ekelfleisch“ – im Saarland, in Bayern, in Niedersachen, in Thüringen, in Nordrhein-Westfalen – kaum ein Bundesland bleibt verschont. Was wir aus den Nachrichten erfahren, dürfte nur die Spitze des Eisberges sein, denn alle Maßnahmen, die bisher zur Eindämmung der Fleischskandale von Horst Seehofer und seinem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unternommen wurden, waren nichts weiter als lächerliche Beschwichtigungsversuche, um von einer gescheiterten Agrar- und Verbraucherschutzpolitik abzulenken. Gammelfleisch und kein Ende in Sicht – das ist die reale Sicht der Situation, die dem Medien-gewandten, meist jovial lächelnden Minister über den Kopf gewachsen ist.
Das Lächeln dürfte Seehofer jedoch vergangen sein, denn: „Mir ist bewusst, dass es eine hundertprozentige Kontrolle nicht geben kann.“ (Passauer Neue Presse, 07.09.06) Aber unbestreitbar ist: Nur ein strenges Kontrollsystem von der Schlachtung bis zum Endverbraucher sowie der rigorose Abbau der Fleisch-Überproduktion könnten zu einem Rückgang des „Gammelfleisch“-Problems führen! Gleichzeitig sollten jegliche Subventionen für die „Produktion“ und den Handel von Fleisch gestrichen werden. Aber hier sind dem aus Bayern stammenden Minister die Hände durch eine übermächtige „Fleischlobby“ gebunden; er kann es sich nicht erlauben, die Bauernverbände und die fleischverarbeitende Industrie zu brüskieren. Die EU bietet Seehofer zudem das rettende Alibi für seine Verbraucherschutzpolitik – schließlich entscheidet Deutschland über einen Subventionsabbau nicht allein. Aber keinem Land ist es untersagt, mit gutem Beispiel voranzugehen und Vorreiter zu sein.
Was geschehen muss, aber nicht geschieht:
1. Staatliche Zuschüsse für landwirtschaftliche Kleinstbetriebe und Biobauernhöfe müssen drastisch erhöht werden, d. h. die von SPD und Grünen initiierte, aber leider mittlerweile ad acta gelegte Agrarwende muss konsequent vorangetrieben werden, denn „Gammelfleisch“ entsteht als Folge der industriellen Massentierhaltung. Als positiver Nebeneffekt würden durch bäuerliche Kleinstbetriebe und Biohöfe, weil arbeitsintensiver, neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
2. Fleisch-Erzeugnisse müssen durch eine nationale Sondersteuer erheblich teurer werden, um dadurch den Markt zu regulieren. Auch die Milchwirtschaft trägt in erheblichem Maße zur Überproduktion von Fleisch bei, da jährlich Hunderttausende von Milchkühen, nach Rückgang ihrer Milchleistung, sowie die männlichen Kälber im Schlachthaus landen. Deshalb müssten sich auch Milch-Erzeugnisse über eine Sondersteuer verteuern. Eine Reduzierung des Konsums von Fleisch- und Milchprodukten über den Preis würde darüber hinaus der Umwelt zugute kommen und die maroden Krankenkassen enorm entlasten, die infolge der Krankheitskosten durch einen hohen Fleisch- und Milchkonsum am finanziellen Krückstock gehen. (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Allergien, Rheuma, Diabetes, Krebs, insbesondere Dickdarm-, Brust- und Prostatakrebs u.a. stehen nachweislich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fehlernährung durch tierische Produkte.)
3. Auch bezüglich Wildfleisch besteht dringend Handlungsbedarf. Doch auch hier hüllt sich die desolate Seehofer-Administration in tiefes Schweigen, anstatt zum Wohle der Bürger die notwendigen Gesetzesänderungen voranzutreiben. Eine tief greifende Reform des Bundesjagdgesetzes ist ohnehin längst überfällig. Erforderlich sind u. a. längere Schonzeiten, eine drastische Herabsetzung der Abschussquoten, ein striktes Verbot, innerhalb ausgewiesener Naturschutz-Areale zu jagen, und ein Verbot der Winterfütterung. Durch eine solche grundlegende Reform des Bundesjagdgesetzes und ein zusätzliches Importverbot von Wildfleisch könnte das Überangebot auf diesem Sektor und damit die Gefahr von langen Lagerzeiten vermieden werden.
Aber nichts von alledem geschieht! Seehofer schützt eindeutig nicht die Verbraucher, sondern die Fleisch-Profiteure und deren Geldbörsen. Wie üblich, entzieht er sich der Verantwortung und allen erforderlichen Maßnahmen mit bloßen Lippenbekenntnissen, begleitet von seinem stereotypen Lächeln.
Was zu sagen bleibt: Solange diese Regierung und Horst Seehofer untätig bleiben, schützt nur ein konsequenter Fleischboykott den Bürger vor den gesundheitlichen Risiken von „Gammelfleisch“.