Sicherheitspolitik für Frieden statt Krieg

Sicherheitspolitik

Grundlagen

Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz versteht sich als pazifistische Partei. Das Problem, mit dem sich jede pazifistische Partei oder Bewegung konfrontiert sah, war von jeher der Vorwurf der Realitätsferne. Unter Realität wird dabei aber zumeist der Status Quo verstanden, während alle Handlungsoptionen, die sich nicht in gewohnter Weise diesem Status Quo unterordnen, als Utopie belächelt oder verteufelt werden. Eine Utopie ist aber in der Politik nicht per se etwas Schlechtes. Wir halten es hier mit dem Deutschen Bundespräsidenten Gustav Heinemann, der einmal sagte:

„Wir bleiben in diesem unseren Leben an die relative Utopie einer verbesserten Welt gewiesen, die vernünftigerweise allein das Leitbild unseres Handelns sein kann. Das Geheimnis auch der großen und umwälzenden Aktionen besteht darin, den kleinen Schritt herauszufinden, der zugleich ein strategischer Schritt ist, indem er weitere Schritte in Richtung einer besseren Wirklichkeit nach sich zieht.“

Umgesetzt auf die Sicherheitspolitik bedeutet dies für uns, dass wir an der Utopie einer waffenfreien Welt festhalten, gleichwohl aber die Notwendigkeit sehen, dass in der gegenwärtigen weltpolitischen Situation ein Staat wie die Bundesrepublik Deutschland oder ein multinationales Gebilde wie die Europäische Union ihre Sicherheitsinteressen (noch) mit dem Vorhandensein einer Militärstruktur behaupten muss, um nicht erpressbar zu sein. Unter Sicherheitsinteressen verstehen wir dabei nichts anderes als die Wahrung der territorialen Integrität und stellen uns mit einer solch engen Definition bewusst in Widerspruch zur EU-Globalstrategie von 2016, die als europäische Interessen benennt „ein offenes und faires Wirtschaftssystem“, „Zugang zu Ressourcen“ und „Schutz von Handelswegen“. Es ist offensichtlich, dass die EU den Begriff Sicherheitsinteresse ebenso weit fassen möchte wie die US-Administration oder die Deutsche Bundesregierung, die bereits 1992 „die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in der Welt“ als „vitales deutsches Sicherheitsinteresse“ definierte. Eine solch euphemistische Verwendung des Begriffs verklausuliert die Option eines aggressiven militärischen Akts, der wir in klarer Ablehnung gegenüberstehen: Sicherheitspolitik darf nicht darauf ausgerichtet sein, Kriege zu ermöglichen, sondern muss als einziges Ziel haben, sie zu verunmöglichen.

Die NATO

NATO-FlaggeDie USA haben unzählige Kriege aus Macht- und Wirtschaftsinteressen geführt. Eine Sicherheitspolitik, die nachhaltig zu Frieden und Stabilität beiträgt, halten wir in dieser von den USA dominierten NATO für nicht realisierbar. Sie berücksichtigt weder die Sicherheitsinteressen anderer Länder, noch ist ihre Strategie langfristig auf Vermeidung von Eskalation und Destabilisierung ausgerichtet. Wir wollen nicht mehr länger einer Organisation angehören, die in den letzten Jahrzehnten kriegerische Auseinandersetzungen führte, die für die Bevölkerung eindeutig keine Minderung, sondern eine Zunahme des Leids mit sich brachten, einer Organisation, die mit enormem Kostenaufwand für ihre Mitglieder verbunden ist und deren ökologische Bilanz verheerend ist. Wir wollen daher die militärischen Strukturen dieser NATO mittelfristig zugunsten einer wirklich defensiven Ausrichtung verlassen und darauf hinwirken, dass andere europäische Staaten sich daran beteiligen, sofern es auch in den nächsten Jahren nicht gelingt, die NATO zu einem friedlicheren und reinen Verteidigungsbündnis zu verändern. Unser Ziel ist keinesfalls, einen europäisch-amerikanischen Antagonismus entstehen zu lassen. Vielmehr wünschen wir uns ein kooperatives und respektvolles, aber auch kritisches Verhältnis zu den USA, dessen oberstes Ziel stets die Erhaltung des Weltfriedens ist.

Die EU

Bundeswehr-EU-SicherheitspolitikDie EU beschloss 1999 mit der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP, seit 2007 GSVP = Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) eine militärische Komponente der europäischen Außenpolitik. Es werden große Anstrengungen in Richtung des Aufbaus von Militärstrukturen unternommen und ab 2021 ist ein eigenes Militärbudget von bis zu 65 Mrd. Euro im Haushalt vorgesehen.
Wenngleich wir die Gefahren einer solchen europäischen Militärstruktur sehen, erkennen wir an, dass die GSVP der Europäischen Union mittelfristig die einzig realistische Alternative zur NATO darstellt. Allerdings darf sie nicht zu einem ebensolch aggressiven, global operierenden Herrschaftsinstrument mit nuklearem Drohpotential mutieren, deren Hauptzweck in der Durchsetzung eigener Macht- und Wirtschaftsinteressen besteht. Vielmehr sollte sie sich zu einer echten Sicherheitsorganisation entwickeln, welche nach innen stabilisierend wirkt und nach außen die territoriale Integrität der EU garantiert, ohne andere Staaten zu bedrohen.
Dazu stellen wir folgende Forderungen auf:

  • Die Militärstruktur muss defensiv aufgebaut sein und auf eine stete Reduzierung von Angriffsfähigkeit abzielen.
  • Militäreinsätze außerhalb der EU sind nur mit einem Mandat der Generalversammlung der Vereinten Nationen und unter dem Oberkommando der Vereinten Nationen möglich. (Die Generalversammlung hat bereits heute die Möglichkeit in außergewöhnlichen Situationen innerhalb von 24 Stunden eine Dringlichkeitssitzung einzuberufen.)
  • Das Europäische Parlament muss ein substanzielles Mitspracherecht bei Militäreinsätzen haben, ähnlich wie es dem Deutschen Bundestag bei Einsätzen der Bundeswehr eingeräumt wird.
  • Ebenso muss die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei allen militärischen Fragen verankert werden.
  • Die EU soll über keine eigenen Militärbasen im Ausland verfügen und hat auf ihre Mitgliedsstaaten dahingehend zu wirken, bestehende Stützpunkte aufzugeben.
  • Auf eine nukleare Rüstung innerhalb der Europäischen Union wird vollständig verzichtet.

Die Bundeswehr

Sicherheitspolitik mit Bundeswehr-Typhoon?Die Bundeswehr muss zu einer echten Defensivarmee umstrukturiert werden. Auf alle militärischen Mittel, die auf das Hinterland potentieller Gegner abzielen, ist konsequent zu verzichten. Insbesondere lehnen wir aggressive und die Volkswirtschaft aufs Äußerste strapazierende Projekte wie das Kampfjet-System „Future Combat Air System“ konsequent ab. Stattdessen wäre auf eines auf Verteidigung optimierten Jägertyps zu setzen.
Konzepte der 80er Jahre, wie sie die Studiengruppe Alternative Sicherheitspolitik (SAS) hervorgebracht hat, sind wieder aufzugreifen, neu zu bewerten, weiterzuentwickeln. Hierzu sollte die Bundesregierung eine entsprechende Fachkommission aus Wissenschaftlern einsetzen.
Bei allen militärischen Belangen angefangen bei der Standortwahl bis hin zur Beteiligung an Militäreinsätzen müssen Fragen der Ökologie und Fragen des Tierrechts einbezogen werden.
Die Ausgaben für die Bundeswehr sind mindestens im gleichen Maß zurückzufahren wie die Ausgaben für die GSVP hochgefahren werden.

Rüstungsexporte verbieten!

Rüstungsexporte

Deutschland hat durch Rüstungsexporte in Länder wie Saudi-Arabien, Katar, VAE, Iran, Irak, Israel, Ukraine, Russland, Türkei dazu beigetragen, dass militärische Konflikte ausgetragen werden können. Daher fordern wir, dass Rüstungsexporte bedeutend restriktiver gehandhabt werden und ausschließlich in Länder der EU erfolgen, denn wir können nicht vorhersehen, wo auf der Welt Krisengebiete entstehen. Auch ein Weiterverkauf der Waffen ist trotz vertraglicher Regelungen letztlich nicht zu unterbinden. Abgesehen davon, dass Rüstungsexport keinen wesentlichen Faktor des deutschen Außenhandels ausmacht, darf in diesem Fall das ökonomische Argument auch nicht gelten.

OSZE

Wir halten die OSZE für ein geeignetes Instrument, um ein System kollektiver Sicherheit in Europa und auf der nördlichen Erdhalbkugel zu gewährleisten. Wir möchten dem Bedeutungsverlust, den die OSZE in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten erfahren hat, entgegenwirken und die Organisation mit mehr Mitteln und Kompetenzen ausstatten. Die OSZE darf nicht von einzelnen Mitgliedern instrumentalisiert werden, sondern soll als eigenständiger Akteur handeln, dessen Empfehlungen von der Politik Russlands und der Ukraine ebenso berücksichtigt werden wie von der Türkei und der Europäischen Union. In mancherlei Hinsicht könnte die OSZE Aufgaben von der NATO übernehmen.

Friedenstauben, Kontinente und Länder

Internationale Friedenspolitik

Sicherheit und Frieden zwischen Staaten lässt sich am besten garantieren durch Entwicklungszusammenarbeit, kulturellen Austausch, Katastrophen- und Flüchtlingshilfe und vielfältige Zusammenarbeit in internationalen Organisationen. Eine solche Zusammenarbeit muss von Toleranz und diplomatischem Geschick geprägt sein.

Militäreinsätze unter UN-Mandat als Ultima Ratio

Im Falle eines kriegerischen Konflikts mit schweren humanitären Verwerfungen müssen alle diplomatischen und ökonomischen Mittel ausgeschöpft werden, bevor ein militärisches Handeln in Erwägung gezogen werden kann. Dieses darf niemals von Berlin oder Brüssel ausgehen, sondern einzig und ausnahmslos von der UN. Nur mit einem Mandat der Generalversammlung der Vereinten Nationen darf sich Deutschland, darf sich die Europäische Union an einem Militäreinsatz beteiligen. Ein solcher muss Ultima Ratio bleiben.

Die Vereinten Nationen

UNO-FahneDie institutionelle Struktur der UN spiegelt die weltpolitische Situation nach dem zweiten Weltkrieg wider und muss dringend reformiert werden. Wir fordern:

  • Eine Stärkung der Generalversammlung, die das entscheidungsgebende Gremium bei Militäreinsätzen sein muss. (Die Generalversammlung hat bereits heute die Möglichkeit in außergewöhnlichen Situationen innerhalb von 24 Stunden eine Dringlichkeitssitzung einzuberufen.) Die Vollversammlung ist zwar kein Parlament, hat aber eine sehr viel größere Entscheidungslegitimation als der Sicherheitsrat.
  • Eine Umstrukturierung des Sicherheitsrates dahingehend, dass alle Kontinente in dem Gremium vertreten sind und alle BRIC-Staaten in den Kreis der ständigen Mitglieder aufrücken. Der Sicherheitsrat vertritt aktuell nur die Interessen einiger weniger (und zudem bei gegenwärtiger Zusammensetzung vornehmlich die Interessen der nördlichen Halbkugel, wobei seine 5 ständigen Mitglieder sogar zugleich die 5 größten Waffenexporteure weltweit sind).
  • Der UN Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) muss ebenso wie ein noch zu schaffender ‚Rat für Ökologie und Tierrechte‘ bei allen militärischen Belangen gehört werden.