Boden als Schlüssel gegen den Klimawandel

„Für viele Menschen bedeutet Boden: Da steht man drauf, da läuft man drauf, da fährt man drauf, man asphaltiert ihn oder man investiert in Euro pro Quadratmeter.“ beginnt Olaf Bandt, Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, seine Rede bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Bodenatlas 2024 am 09.01.2024 in Berlin. Doch wie die Autor:innen des Bodenatlas feststellen, ist Boden viel mehr als das. Boden erfüllt wichtige Funktionen und spielt eine Schlüsselrolle zur Anpassung an den anthropogenen Klimawandel.

Böden speichern nämlich fast doppelt so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre und Landpflanzen zusammen. Eine Sonderrolle nehmen dabei Feuchtgebiete wie Feuchtwiesen und Moore ein. Im Ergebnis des Bodenatlas konnte festgestellt werden, dass im Jahr 2021 in Deutschland mehr Treibhausgase aus der Nutzung entwässerter Moore freigesetzt wurden als durch die deutsche Industrie. Gesunde Böden als auch Feuchtgebiete können außerdem Wasser speichern und somit die Folgen von Extremwetterereignissen abpuffern. In langanhaltenden Trockenphasen geben die Böden das gespeicherte Wasser wieder an die Pflanzen ab. Boden ist zudem der artenreichste Lebensraum der Welt. Unter einem Hektar Land leben etwa 15 Tonnen Bodenlebewesen. Der Boden selbst, als auch die zahlreich im Boden vorhandenen Lebewesen, bauen Schadstoffe ab. Durch die natürliche Filterfunktion des Bodens und derer Lebewesen wird auch unser Grundwasser vor schädlichen Einträgen geschützt. Weiterhin besitzt Boden eine Kühlleistung und trägt so zur Verminderung urbaner Hitzeinseln bei.

Allerdings kommt dem Schutz der Böden nur wenig Aufmerksamkeit zu. Laut Bodenatlas gelten mittlerweile mehr als 60% der Böden in der europäischen Union als geschädigt. Über 90% der Moore in Deutschland sind entwässert; circa 70% dieser Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Monokulturen in Landwirtschaft und Garten, übermäßiger Einsatz von Pestiziden und die Verdichtung der Böden durch schwere Maschinen tragen zur Verschlechterung der Bodenqualität und seiner Funktionen bei. Durch den voranschreitenden Klimawandel kommt es zur Austrocknung der Böden (Desertifikation). In Europa sind mittlerweile 13 EU-Mitgliedsstaaten von Desertifikation betroffen. Neben der Desertifikation nimmt die Verschlechterung der Bodenqualität auch in anderen Bereichen zu, wie z.B. dem Verlust von Nährstoffen und organischer Substanz (Humusgehalt), der Versalzung und Versauerung. Weltweit haben Böden aufgrund des Ackerbaus und der Übernutzung bereits 50-80 % ihres wichtigen Humusgehalts verloren. Dies wirkt sich negativ auf die landwirtschaftliche Produktion und die Speicherung von Kohlenstoff aus – und bekräftigt so wiederum den Klimawandel.

Neben der Verschlechterung der Bodenqualität kommt es auch zur quantitativen Reduzierung der begrenzten Ressource Boden. Durch das voranschreitende Bevölkerungswachstum, als auch der konsequenten Versiegelung von Flächen, steht jedem Menschen im Durchschnitt immer weniger Bodenfläche zu. Allein in Deutschland ist fast die Hälfte der Verkehrs- und Siedlungsfläche versiegelt. Und täglich kommen 55 Hektar Versiegelung hinzu. Dies entspricht etwa 78 Fußballfeldern. Eine Aufnahme von Wasser ist für versiegelte Böden nicht mehr möglich und hat zur Folge, dass die biologische Vielfalt stirbt. Weiterhin kommt es durch „Landgrabbing“ (Aneignung von Boden durch finanzstarke wirtschaftliche und politische Akteure) zu Landkonflikten. In den Jahren 2012 bis 2022 wurden laut Bodenatlas über 1.900 Morde an Menschenrechtsverteidiger:innen dokumentiert, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Durch den Verlust weiterer Bodenflächen wird das Konfliktpotenzial in der Zukunft weiter zunehmen.

Zum Schutz der Böden bedarf es eines eigenständigen Bodenschutzrechts auf europäischer Ebene, welches weit über ein alleiniges Monitoring der Böden hinausgeht. Hier muss besonderer Wert auf ein Vorsorgeprinzip gelegt werden, da die Wiederherstellung der lebenswichtigen Bodenfunktionen aufwendig und mit enormen Kosten verbunden ist. Es sind Maßnahmen zum Erhalt und der Förderung der Bodenqualität festzulegen. Die Einbringung und der Export von chemisch-synthetischen Pestiziden ist zu verbieten. Alternative biologische Pflanzenschutzmittel sind zu fördern. Kontrollen landwirtschaftlicher Betriebe müssen verbindlich definiert und regelmäßig umgesetzt werden.

Neben dem qualitativen Schutz von Böden müssen diese auch landrechtlich geschützt werden um Landkonfliktpotenziale von fruchtbaren Böden vorzubeugen. Zusätzlich müssen umfangreiche und verpflichtende Maßnahmen zur Entsiegelung und Renaturierung der Flächen eingeleitet werden. Jährlich müssten in Deutschland 50.000 Hektar Moore wieder vernässt werden. Aktuell werden jedoch nur 2.000 Hektar Moore wieder vernässt. Weiterhin bedarf es der (Wieder-)Aufforstung von Wäldern.

Da der Großteil landwirtschaftlicher Böden für die Tierhaltung und die Produktion der Futtermittel genutzt wird, fordern wir eine Umstellung auf die Produktion pflanzlicher Produkte. Neben der Wiedergewinnung von nutzbaren Böden bewirkt dies eine Reduzierung der Treibhausgase unserer Atmosphäre und erspart qualvolles Tierleid. Landwirtschaftlichen Betrieben mit Tierhaltung müssen attraktive Möglichkeiten zur Umstellung auf pflanzliche Produkte geboten werden.

Wir fordern darüber hinaus das Anpflanzen von Mischkulturen und Begleitpflanzen. Es bedarf agrarbiologischer Konzepte mit agrarökologischen Fruchtfolgen. Dabei muss sich die Hauptfrucht von Jahr zu Jahr abwechseln. Kleinräumige Agrarstrukturen mit Hecken müssen bevorzugt werden. Dies erhöht die Biodiversität und schützt die Böden vor Erosion.

Da unter anderem auch Deutschland in der Vergangenheit einen entsprechenden Beschluss zur Erstellung einer europäischen Bodenrahmenrichtlinie blockierte, ist es jetzt Zeit Veränderungen zu bewirken. Mit deiner Stimme für die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ zur kommenden Europawahl am 09.06.2024 leistest du einen Beitrag zum Schutz unserer Umwelt und einer Wende in der Agrarpolitik.

 

Nico Poschinski
BAK Umwelt- und Klimaschutz