Europawahlprogramm 2019

PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ
Tierschutzpartei

0. PRÄAMBEL
1. TIERSCHUTZPOLITIK
2. AGRARPOLITIK UND FISCHEREI
3. UMWELTSCHUTZ
4. VERBRAUCHERSCHUTZ
5. AUßENPOLITIK
6. ASYLPOLITIK
7. GESUNDHEITS- UND SOZIALPOLITIK
8. WIRTSCHAFTSPOLITIK
9. DIGITALPOLITIK
10. EUROPAPOLITIK GEGEN „RECHTSRUCK“
11. MEHR DEMOKRATIE

PRÄAMBEL
Neue Aufgaben für die europäische Idee

Die Politik der Europäischen Union ist der größte globale Hebel für Gerechtigkeit, Frieden, Umweltschutz und Tierrechte. Dennoch fragen sich derzeit viele Menschen nach dem Sinn der EU, nach der Idee hinter diesem Staatenverbund und dem konkreten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten. In unserem Europawahlprogramm wollen wir als Partei Mensch Umwelt Tierschutz Antworten geben.
Denn wir halten die Europäische Union nicht nur für ein historisch gewachsenes Konstrukt zur Schaffung von Frieden und wirtschaftlicher Prosperität. Sondern wir sehen vor allem die Chancen, den Hebel auch zu bedienen – damit sich auf unserem Kontinent mehr Gerechtigkeit, stabiler Frieden auch in den Nachbarregionen, nachhaltige und schonende Landwirtschaft in einer intakten Natur sowie die Würde eines jeden einzelnen empfindungsfähigen Lebewesens durchsetzen. Die Politik der EU hat es in der Hand, die millionenfache Tierqual zu reduzieren und zu beenden, das Artensterben aufzuhalten, unsere Lebensmittel gesünder, ökologischer und nachhaltiger produzieren zu lassen, die Energieerzeugung zu modernisieren und unsere Gewässer, Böden und Wälder sauberer zu machen. Wie das geht, zeigen wir auf den folgenden Seiten und durch unsere darauf basierende Arbeit im europäischen Parlament.
In der Europäischen Union leben über eine halbe Milliarde Menschen und der Europäische Binnenmarkt ist der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Welt. Historisch entstand die EU aus dem Willen, durch wirtschaftliche Verflechtungen dauerhaften Frieden zu schaffen. Denn nie wieder wollte man einen weiteren Krieg in Europa erleben, so dass der Wille nach Beseitigung von Nationalismus und Rassismus als Auslöser zu der Idee eines geeinten Europas führte.
Das Ideal eines einigen Europas in Frieden und Wohlstand machte aus anfangs sechs Ländern der Montanunion mittlerweile 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Reisefreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit, einheitliche Normen und Richtlinien, eine gemeinsame Währung und vermehrter kultureller Austausch sind einige der vielen Errungenschaften. All diese Fortschritte sind in ihrer ursprünglichen Intention zu begrüßen. Sie weisen aber auch Schattenseiten auf und bergen Risiken zulasten des friedlichen Zusammenlebens in Europa.
Die EU hat also Europa und seine Menschen zusammenwachsen lassen und entscheidend dazu beigetragen, dass ein Krieg zwischen ihren Mitgliedstaaten für uns nahezu unvorstellbar geworden ist. Die EU hat auch entscheidend dazu beigetragen, dass der Transformationsprozess der mittel- und osteuropäischen Staaten friedlich verlaufen ist. Die Menschen Europas – vor allem die Jugend – begegnen sich heute ohne Vorbehalte und auf gleicher Augenhöhe. Europa als ein Staatenverbund des Friedens, der Freiheit, der Sicherheit, des Rechts und des Wohlstands seiner Bevölkerung ist eine unschätzbare, epochale Errungenschaft. Aber man muss nicht zu den Europa-Kritikern zählen, wenn man sagt, dass die europäische Politik mehr als verbesserungsbedürftig ist. Denn die EU droht einerseits an der durch Lobbyismushörigkeit verursachten Korrumpierbarkeit ihrer Politiker und an der zunehmenden Skepsis der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Demokratiedefiziten der EU-Bürokratie zu scheitern.
Mit dem Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft trat, wurden die Kompetenzen der EU sehr stark ausgebaut. Die EU besitzt auch eine eigene Rechtspersönlichkeit sowie Rede- und Einsichtsrecht bei den Vereinten Nationen, vertritt ihre Mitgliedstaaten in der Welthandelsorganisation (WTO) und betreibt eine eigene Außen- und Sicherheitspolitik. Weitaus stärker ist der Einfluss in den Mitgliedstaaten: Die in Deutschland gültige Gesetzgebung basiert zunehmend auf legislativen Initiativen der EU, so sind etwa 67 % der Vorschriften und Gesetze im Agrarbereich EU-Recht. Insgesamt gibt es mittlerweile mehr als 25.000 Rechtsvorgaben aus der EU.
Natürlich ist die EU das Spiegelbild ihrer Mitgliedstaaten; sie kann nicht besser oder schlechter sein als die Staaten, aus denen sie besteht. So wie sich die Demokratie nach und nach zu einer „Lobbykratie” entwickelt hat, weil die Regierenden immer häufiger nur die Interessen der Industriekonzerne, mächtiger Wirtschaftsverbände, der Agrarlobby und Finanzbranche vertreten, so ist die Europäische Union zu einem gigantischen Wirtschaftsraum geworden, in dem es hauptsächlich um die Interessen und Profite derselben Industriekonzerne, Wirtschaftsverbände und Großbanken geht, die auch auf nationaler Ebene längst das Sagen haben. Auch die „Euro-Krise” war – neben der Schuldenpolitik der Staaten und fatalen Fehlentscheidungen der EZB – indirekt auf die Einflussnahme der sogenannten systemrelevanten Banken zurückzuführen.
In Brüssel arbeiten rund 20.000 offiziell registrierte Lobbyisten und üben Einfluss auf die EU-Institutionen aus. Sie genießen privilegierten Zugang zu hohen EU-Beamten, den Abgeordneten und den EU-Kommissaren und überhäufen diese mit ihren Änderungsanträgen für Gesetzesvorlagen. Teilweise werden diese auch direkt von Verbänden und Konzernen formuliert. Inwieweit auch mit „kleineren Gefälligkeiten” und Vereinbarungen für die Zeit nach dem Ausscheiden der Abgeordneten aus dem EU-Parlament gearbeitet wird, kann man nur erahnen. Sicher ist, dass die europäische Demokratie Gefahr läuft, zugunsten der Interessen des Kapitals ausgehöhlt zu werden.
Wenn wir einen Rückfall in die Zeit konkurrierender Nationalstaaten auf unserem Kontinent verhindern wollen und uns für ein geeintes Europa entscheiden, müssen wir die Rahmenbedingungen der Europäischen Union von Grund auf neu gestalten.
Dazu gehört auch, dass die Bürgerinnen und Bürger Europas mitentscheiden dürfen. Der Vertrag von Lissabon kam in den meisten Mitgliedstaaten ohne hinreichende Bürgerbeteiligung, ohne Volksentscheide zustande; ihm fehlt damit die direkte demokratische Legitimation. Nachbesserung ist also dringend erforderlich, um ein wirklich demokratisches Europa zu schaffen und um zu verhindern, dass die Bürgerinnen und Bürger Europas sich von Brüssel übergangen und bevormundet fühlen.
Die Wahlen zum Europäischen Parlament 2019 finden in der vielleicht schwersten Krise seit ihrem Bestehen statt. Viele Mitgliedstaaten stehen aufgrund der Nachwirkungen der Schulden- und Finanzkrise immer noch mit dem Rücken zur Wand. Dies war zurückzuführen auf die von der EU verordneten Sparauflagen sowie auf die damit verbundenen binnenwirtschaftlichen Folgen. Die bisherigen Versuche mündeten in eine immense Neuverschuldung und Schuldenumverteilung zur Verhinderung drohender Staatsinsolvenzen und zur Rettung systemrelevanter Banken durch die Schaffung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Nach 2015 kamen erhebliche Differenzen bezüglich der Aufnahme von Geflüchteten hinzu. 2016 stimmten die Wahlberechtigten im Vereinigten Königreich für den Austritt aus der EU. Ob die Europäische Union eine Zukunft hat, hängt davon ab, ob es gelingt, die gegenwärtigen Krisen in den Griff zu bekommen.
Es ist an der Zeit, dass man auf die immensen Probleme in Europa mit neuen, unkonventionellen Ansätzen reagiert. Wir möchten ein Umdenken, das Mitgefühl und Solidarität zum Maßstab aller politischen Entscheidungen macht. Einige unserer Vorschläge und Forderungen bedürfen grundlegender Verbesserungen, die von der Industrie und Teilen der Menschen noch nicht vollständig akzeptiert werden. Aber Krisen und Probleme werden nicht dadurch gelöst, dass man die gleichen alten Fehler stetig wiederholt.
Wir sagen deutlich „Ja” zur Europäischen Union, aber „Nein” zu den Fehlern ihrer Regierungen und Vertreter und zu den entstandenen Missständen, die die Zukunft Europas bedrohen.
Wir wollen Impulse für die Neugestaltung Europas liefern, die der rückwärtsgewandten Nationalpolitik der Anti-Europäer etwas Substanzielles entgegenzusetzen haben. Wir wollen Europa neu gestalten und dabei mehr Demokratie und mehr Gerechtigkeit etablieren.
Wir sind eine kleine Partei, aber wir können mitreden und neue Impulse einbringen – nicht nur in Bezug auf Tierschutzfragen, denn neben diesem Themenkomplex stehen Umweltschutz, Agrarpolitik, Artenschutz, Energiepolitik, Friedenspolitik, soziale Gerechtigkeit sowie Wirtschafts- und Finanzpolitik auf unserer Agenda. Wir sind frei vom Einfluss durch Wirtschaftsverbände und Großbanken; auch nehmen wir keine Rücksicht auf bestimmte Wählerschichten, aus Angst, nicht wiedergewählt zu werden. Wir vertreten die Belange derjenigen, die unsere Stimme benötigen, konsequent. Damit unser Land und Europa neu gestaltet werden können, damit von der EU aus neue Ideale und Lösungen entstehen, die weltweiten Vorbildcharakter haben können. Mit einer ehrlichen Politik für alle – auch wenn wir damit zunächst gegen den Strom schwimmen müssen!
Es gibt mittlerweile in zwölf europäischen Ländern Tierschutzparteien und gemeinsam kämpfen wir dafür, dass die EU globaler Vorreiter wird für Tierschutz, Nachhaltigkeit, Artenvielfalt, Umwelt- und Klimaschutz sowie Friedenspolitik und soziale Gerechtigkeit. Wir wollen der Europäischen Union eine Aufgabe geben, ein Selbstverständnis, eine zu lebende und mitzugestaltende Daseinsberechtigung; wir wollen Mitgefühl zum zentralen Wert des Miteinanders werden lassen.
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.”
(Albert Einstein)

TIERSCHUTZPOLITIK
Tierschutz und Tierrechte ohne Grenzen

Die ersten gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften der EU für landwirtschaftliche „Nutztiere” wurden 1974 verabschiedet. Der Europarat stellte fünf Grundregeln auf: Zugang zu frischem Trinkwasser und gesunder Nahrung, angemessenes Lebensumfeld mit Unterschlupf und bequemem Liegeplatz, ausreichendes Platzangebot, angemessene Funktionsbereiche und sozialer Kontakt zu Artgenossen, artgerechte Haltungsbedingungen und ein Umgang mit Tieren, der Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten ausschließt.
Seit 2009 werden Tiere in Artikel 13 des Vertrags von Lissabon als fühlende Wesen definiert und müssen in Entscheidungsprozessen der EU dementsprechend berücksichtigt werden. Dem Tierschutz wird auf dieser theoretischen Ebene eine ähnliche Bedeutung zugemessen wie den Grundrechten der Menschen, etwa dem Schutz vor Diskriminierung, dem Gesundheits- oder Datenschutz.
Das klingt vielversprechend, doch die Realität sieht leider ganz anders aus. Der Stellenwert des Tierschutzes ist wie überall auf der Welt auch in den Ländern Europas traditionell und aufgrund konkurrierender ökonomischer Interessen bislang sehr gering. Von einer europäischen Tierschutzpolitik, die diesen Namen verdient, kann keine Rede sein, weil einerseits bei Verhandlungen über Richtlinien und Verordnungen länderspezifischen Wirtschaftsinteressen Vorrang eingeräumt wird, andererseits die einzelnen Mitgliedstaaten auch ganz unterschiedliche Vorstellungen über Tierschutz haben. So einigt man sich meist auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Trotz des Vorhandenseins einer „Tierschutzstrategie“ aus dem Jahre 2012 ist es der EU nicht gelungen, nennenswerte Verbesserungen für die Tiere praktisch zu verabschieden, zu implementieren und durchzusetzen.
EU-Verordnungen erlangen zwar unmittelbar nach ihrer Verabschiedung Geltung, aber EU-Richtlinien müssen erst durch nationale Gesetze in den einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt werden, wobei die Richtlinien in der Regel auch noch durch Ausnahmebestimmungen und Einschränkungen abgeschwächt werden. In bestimmten Tierschutzbereichen dürfen die EU-Mitgliedstaaten nicht einmal im Alleingang Regelungen treffen, die strenger sind als das bestehende EU-Recht. Darüber hinaus bleiben viele Teilbereiche des Tierschutzes im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedstaaten, wie z. B. der Einsatz von Tieren bei kulturellen Veranstaltungen oder die Vorgehensweisen im Zusammenhang mit „Streunern”.
Das größte Defizit liegt aber in der Vollstreckung und Kontrolle der EU-Verordnungen und Richtlinien. Selbst die bestehenden und konkreten Tierschutzvorschriften werden oft nicht oder nur ungenügend durch die einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt, da die EU keinen geeigneten Verwaltungsapparat besitzt, der in jedem Land kontrollierend tätig sein könnte. Im Bereich Tierschutz wird gespart, fehlende Geldmittel lähmen die Arbeit der EU-Behörden und es mangelt nicht selten an der Konfliktbereitschaft.
Fazit: Bis zur Anerkennung der Rechte der Tiere und entsprechender EU-Verordnungen und Richtlinien liegt noch ein langer Weg vor uns. Um das Leiden der Tiere bis dahin wenigstens zu vermindern, setzen wir uns dafür ein, dass die die derzeitigen Rahmenbedingungen verändert, die Handlungsbefugnisse der EU erweitert und Fehlentwicklungen korrigiert werden, damit die bestehenden Rechtsvorschriften konsequent umgesetzt und schnell verbessert werden können. Nur dadurch ist gewährleistet, dass Tierschutz in der Europäischen Union kein bloßes Lippenbekenntnis bleibt.
Im europäischen Wirtschaftsraum, in dem die Profitmaximierung oberste Priorität genießt, werden Tiere nach wie vor wie leblose Produktionseinheiten behandelt – bei der Zucht, der Mast, beim Transport und bei der Schlachtung.
Ein zentrales Problem dabei ist und bleibt das Leiden der Tiere in der Landwirtschaft: Massentierhaltung und die „Produktion tierischer Erzeugnisse“ nehmen zu statt ab, ökologische oder tierfreie Projekte findet man nach wie vor kaum. In vielen Betrieben in ganz Europa herrschen tierquälerische Bedingungen und werden die ohnehin schon zu schwachen gesetzlichen Regelungen nicht eingehalten: Trächtige Schweine sind in zu engen Gitterboxen eingepfercht, Mastschweine vegetieren in überfüllten Buchten mit Vollspaltenböden ohne Stroh, fast alle Schweine haben kupierte Schwänze, männliche Ferkel werden immer noch ohne Betäubung kastriert und „überzählige“ Ferkel brutal erschlagen.
Ähnlich katastrophal ist die Lage für Mastrinder, Milchkühe, Mastkaninchen, Legehennen, Puten, Gänse, Enten sowie für die „Pelztiere”. Die verfehlte EU-Agrarpolitik (s. auch Kapitel Agrarpolitik) hat über Jahre zu einer Erhöhung der Produktivität in der Tierhaltung und der Milchproduktion auf gleichbleibender Fläche und damit dazu geführt, dass Tiere als Objekte ohne Bedürfnisse und ohne Leidensfähigkeit angesehen und gequält, verstümmelt und getötet werden.
Obwohl im Vertrag von Lissabon festgeschrieben ist, Tiere vor Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten zu bewahren sind, gibt es in einigen Ländern Europas immer noch Produktionsmethoden, die genau das Gegenteil bewirken: In der Daunenindustrie werden Gänse für Decken und Kleidung bei lebendigem Leibe gerupft, für „Foie Gras” werden Gänse und Enten mehrmals täglich mit einer Metallröhre, die bis in den Magen geschoben wird, zwangsgestopft, und für Angorawolle werden Kaninchen bis zu viermal im Jahr der quälenden Prozedur des Scherens unterzogen. Damit das Fell nicht verunreinigt wird, werden sie in kleinen Käfigen – kaum größer als ein DIN-A4-Blatt – auf Drahtgitterböden gehalten, was häufig zu Geschwülsten an den empfindlichen Pfoten führt.
Nach wie vor werden Millionen von Tieren durch die Europäische Union transportiert oder sogar in Länder, die außerhalb der EU-Grenzen liegen; beispielsweise wird die Hälfte der Rinder in Deutschland exportiert und mithin über weite Strecken transportiert. Zwar existieren mittlerweile strengere Transportrichtlinien, doch häufig werden die Vorschriften nicht eingehalten, weil bei der Durchführung der Kontrollen – sogar laut eigener Angaben der EU-Kommission – gravierende Defizite bestehen. Die Tiere sind während der oft tagelangen Transporte gnadenloser Enge und extremen Temperaturen ausgeliefert und werden nicht ausreichend gefüttert und getränkt. Durch die Strapazen und den Dauerstress sind viele Tiere häufig so entkräftet, dass sie zusammengebrochen oder schwer verletzt an den Zielorten ankommen. Viele Tiere überleben diese Prozeduren nicht, eine Sterberate von zehn Prozent wird billigend in Kauf genommen, sogar einkalkuliert und damit als „normal“ angesehen. Diese offensichtliche und legal ausgeführte Tierquälerei, die zudem noch durch Steuergelder subventioniert wird, darf nicht mehr länger geduldet werden!
Trotz massiver Proteste wird kaum etwas unternommen, um die ständig steigende Zahl von Tierversuchen zu minimieren. Im Gegenteil: Die EU hält weiterhin an der millionenfachen Vergiftung von leidensfähigen Tieren im Rahmen der REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) fest, mit der rund 30.000 Chemikalien, die bereits vor 1981 auf dem Markt waren, nachträglich auf Risiken für Mensch und Umwelt untersucht werden sollen. Dabei geht es um Produkte wie Pestizide, Farb- und Konservierungsstoffe, Schmierstoffe und dergleichen mehr. Die EU-Kommission hält auch Änderungen der 2010 verabschiedeten Tierversuchsrichtlinie für nicht erforderlich; sie hat noch nicht einmal einen Zeitplan für den Ausstieg aus der Forschung an Primaten vorgelegt, sondern hält Tierversuche nach wie vor für unverzichtbar. Alternativmethoden werden zwar wahrgenommen, aber weder ernsthaft in Erwägung gezogen noch gefördert. Dabei haben Alternativen zu Tierversuchen – wie bspw. Organs on a Chip – das Potenzial, Ergebnisse zu erbringen, die direkt auf den Menschen übertragbar sind, während medizinische Wirkstoffe bei Tieren fast immer eine völlig andere Wirkung aufweisen und Tests an Tieren somit gar riskante Schlussfolgerungen hervorbringen.
Auch gegen die Tötung von sogenannten Straßentieren bzw. Streunern, vor allem in den südlichen und osteuropäischen Mitgliedstaaten, haben die EU-Politiker bis heute nichts unternommen, da im Vertragswerk der EU bestimmte Tierschutzbereiche – wie z. B. der Umgang mit Streunern – ausgeklammert blieben. Der aktuelle Umgang mit den zahlreichen Streunern ist nicht länger hinnehmbar: Die Tiere werden eingefangen, in Shelter verbracht, wo die Futter- und medizinische Versorgung in der Regel unzureichend sind, und nach Ablauf einer kurzen Frist häufig getötet. Organisationen, die Änderungen herbeiführen wollen, indem sie den Sheltern oder den Tieren direkt helfen, werden von der EU nicht unterstützt; ebenso gibt es keine Registrierungs- oder Kastrationsprogramme.
Ähnlich verhält es sich mit dem Stierkampf: Jedes Jahr werden in Spanien, Portugal und Südfrankreich Stiere in den Kampfarenen gequält und jährlich fließen viele Millionen Euro in Form von EU-Subventionen an Zuchtbetriebe für Kampfstiere.
In den einzelnen Mitgliedstaaten der EU existiert eine unterschiedliche Gesetzgebung hinsichtlich der Jagd. Eine gemeinsame Regelung ist daher längst überfällig. So sollte als gutes Beispiel die Gesetzgebung Polens herangezogen werden, die seit dem 1. April 2018 die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren an Jagden – im Hinblick auf den Jugendschutz und eine gesunde Entwicklung junger Menschen – untersagt.
Selbst in einigen Bundesländern Deutschlands ist die Jagd mit sogenannten Totschlagfallen nach wie vor erlaubt. Europaweit ist diese Form der Jagd weit verbreitet. Dabei täuscht der Name der Falle über den tatsächlichen Vorgang hinweg: Oft sind die Tiere, die in eine solche Falle geraten, über Tage, in einigen Fällen sogar über Wochen hinweg, in diesen eingeklemmt. Selbst wenn ein Tier es schafft, mitsamt der Falle zu flüchten, so ist die eigene Nahrungsbeschaffung nahezu unmöglich, da die Falle Gliedmaßen oder Teile des Gesichts zerquetscht, einklemmt oder abschlägt. Die Tiere, die eingeklemmt und schwer verletzt in den Fallen ausharren müssen, sterben einen langsamen und qualvollen Tod oder werden, wenn durch den Jäger ein Kontrollgang absolviert wird, in vielen Fällen vom Jagdhund zerfleischt. Diese Praktik dient, ähnlich wie die Ausbildung in Schliefenanlagen, der Jagdhundeausbildung am lebenden Tier.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) darf die Jagd gegen den Willen eines Grundstückseigentümers auf seinem Grund und Boden nicht ausgeübt werden; eine Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft ist damit auch hinfällig.
Ein EU-einheitliches Verbot der Bejagung von Vögeln aller Art ist dringend notwendig. Die Bestände der Zugvögel nehmen durch die noch immer in einigen Ländern stattfindenden massenhaften Tötungen rapide ab; rund um das Mittelmeer fallen jährlich geschätzt 25 Millionen Vögel dem illegalen Vogelfang zum Opfer. Das ist ein schwerwiegender, nicht wieder gut zu machender Eingriff in den Naturhaushalt.
Exotische Tiere können in unseren Breitengraden nicht artgerecht gehalten werden. Sie verkümmern fern von ihren natürlichen Lebensräumen. Die Verlustrate allein schon beim Fang und Transport ist alarmierend. Nicht nur direkt vom Aussterben bedrohte Tierarten verdienen unseren Schutz. Jedes Tier hat ein Recht auf Leben in seiner natürlichen Umgebung.
Außerhalb Europas erfolgen Tierschutzverstöße in erheblicher Schwere und großem Umfang. Die EU muss dem schnellstens mit Importverboten für Produkte von Tieren, die unter das Washingtoner Artenschutzabkommen fallen, und für Produkte die quälerisch gewonnen werden, begegnen. Nicht zuletzt sollte die EU als starke Staatengemeinschaft auch im Rahmen ihrer Außenpolitik und der internationalen Zusammenarbeit stärker auf die Einhaltung von Tierschutzvorschriften bestehen, um konkret und aktuell Leid zu verhindern, aber auch um aktiv als Vorbild für Länder außerhalb Europas zu dienen. Hier sind etwa Verhandlungen im Rahmen von Handelsabkommen zu nennen oder die Förderung von Aufklärung in Ländern mit besonders geringen Tierschutzstandards, wie beispielsweise China.
In der Europäischen Union, unserem grenzenlosen Wirtschaftsraum, sind grenzenlose Tierquälerei und Tierausbeutung wie beschrieben nach wie vor an der Tagesordnung. Dies ist auch in Brüssel bekannt, aber die EU-Politiker unternehmen unter dem Einfluss zahlreicher Lobbyisten kaum etwas, um dem Leiden der Tiere ein Ende zu setzen. Deshalb brauchen die Tiere die Partei Mensch Umwelt Tierschutz und die anderen mit uns zusammenarbeitenden europäischen Tierschutzparteien als mahnende Stimme und hartnäckige Fürsprecher im Europäischen Parlament – weil sich etwas ändern muss und weil keine der etablierten Parteien bisher den Mut und die Einsicht gezeigt hat, Tierschutz und Tierrechte ganz oben auf ihre Agenda zu setzen.

Dafür setzen wir uns ein:
• Ein grundlegender Tierschutzartikel sowie die Reformierung von Artikel 13 des Vertrages von Lissabon hinsichtlich der abzuschaffenden Nachrangigkeit des Tierschutzes gegenüber religiösen Riten, kulturellen Traditionen und sonstigen regionalen Gepflogenheiten ist unabdingbar.
• Das EU-Budget im Bereich Tierschutz ist deutlich aufzustocken. Mittel müssen direkt in Maßnahmen für einen verbesserten Tierschutz fließen und deren Verwendung kontrolliert werden.
• Der Tierschutz muss, ähnlich dem Umweltschutz, als eigenständiges politisches Thema auf EU-Ebene etabliert werden. Der Themenbereich Tierschutz muss aus der Europäischen Behörde für Gesundheit und Verbraucher ausgegliedert werden. Für Tierschutzangelegenheiten ist eine eigenständige und mit weitgehenden Befugnissen ausgestattete Europäische Tierschutzbehörde zu schaffen, die die Aufgabe hat, neue europäische Tierschutzrichtlinien einschließlich eines Kontrollorgans zur Durchsetzung bestehender EU-Tierschutzvorschriften zu erarbeiten.
• Mit den zuständigen Ministerien der Mitgliedstaaten sind vermehrte Konsultationen zwecks Umsetzung der EU-Tierschutzvorschriften zu führen.
• Dringend erforderlich ist die Einführung eines EU-weiten Verbandsklagerechts, das formal so ausgestaltetet sein muss, dass anerkannte Tierrechts- und Tierschutzorganisationen es praktisch und effektiv nutzen können. Zudem fordern wir die Einsetzung eines EU-Tierschutzbeauftragten in jedem Mitgliedstaat.
• Die Sanktionsmöglichkeiten bei mangelnder Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten im Bereich Tierschutz sind auf der Grundlage von Artikel 226 des Vertrages von Lissabon drastisch zu verschärfen. Es müssen hohe Strafzahlungen und Exportverbote für die Mitgliedstaaten sowie Subventionsstreichungen für Agrarbetriebe, die gegen die Rechtsvorschriften verstoßen, umgesetzt werden.
• Im Falle des Verdachts der Nichteinhaltung bestehender EU-Rechtsvorschriften sind Betriebskontrollen durch kompetente EU-Inspektoren mit den Veterinärämtern vor Ort durchzuführen.
• Ein vereinfachter EU-Rechtsrahmen mit klar definierten Tierschutzgrundsätzen für alle Tierarten und Mindeststandards hinsichtlich der Zucht, der Haltung, des Transportes und der Schlachtung von „Nutztieren” muss zügig verabschiedet werden.
• Zum Schutz der „Heimtiere” ist eine EU-Verordnung hinsichtlich artgerechter Haltungsbedingungen notwendig; ein Verbot der Tötung von Streunern ist darin verbindlich festzuschreiben. Mittel, die missbräuchlich für das Einfangen und die Tötung der Tiere Verwendung finden können, sind ausnahmslos zu streichen und durch die Förderung von konkreten Maßnahmen wie zum Beispiel Registrierungs- und Kastrationsprogrammen zu ersetzen; eine staatliche Unterbringung muss streng kontrolliert werden. Auch muss die Hilfe innerhalb Europas für diese Tiere erleichtert und organisiert werden, beispielsweise indem auf die großen nationalen Tierschutzorganisationen im Hinblick auf eine Zusammenarbeit eingewirkt wird.
• Für Halter von Tieren (landwirtschaftliche Betriebe und Privatpersonen) sind Kompetenzanforderungen in einer Richtlinie aufzustellen; die Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass der Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis zum Schutz der Tiere durch nationale Gesetze sichergestellt ist.
• Auf der Grundlage veterinärmedizinischer Studien müssen sogenannte Qualzüchtungen im „Heim- und Nutztierbereich” erfasst und verboten werden; zudem muss dem Handel mit Zuchttieren, unter anderem aus Osteuropa, durch wirksame Verbraucheraufklärung und Kontrollen aktiv entgegengewirkt werden.
• Eine Videoüberwachung in Schlachthöfen muss durch eine entsprechende EU-Verordnung durchgesetzt werden, um sicherzustellen, dass nicht jährlich Millionen Tiere durch Fehlbetäubung bei vollem Bewusstsein geschlachtet werden. Ebenso fordern wir eine jährliche psychologische Begutachtung der Schlachthofmitarbeiter. Betäubungsloses Schlachten darf nicht erlaubt sein.
• Zudem müssen zur Verhinderung und Aufdeckung von Missständen Dokumentationspflichten eingeführt und erweitert werden; so müssen beispielsweise die Todesursachen bei Tieren, die in landwirtschaftlichen Betrieben gestorben sind, erfasst werden.
• Die Haltungsverordnungen und -richtlinien für die Intensivtierhaltung sind zu verschärfen:
a. Verbot der Käfig-, Kasten- und Anbindehaltung für alle „Nutztierarten”
b. deutliche Verringerung der „Besatzdichte“ bei Bodenhaltung von Hühnern, Puten, Enten und Gänsen
c. Verbot der Tötung von männlichen Küken bei der Hennenzucht
d. deutliche Verringerung der „Besatzdichte“ in der Schweinemast
e. Freilauf bzw. Weidegang für alle Rinder, Milchkühe und Kälber
f. Verbot von Amputationen
• Mit einem umgehenden Handels- sowie Importverbot unter anderem für Elfenbein, Horn vom Rhinozeros, exotische Tiere, Wildvögel, Gänsestopfleber, von Pferden gewonnenes PMSG (Hormonpräparat), Reptilienleder, Haifischflossen, Angorawolle und Daunen, die durch Lebendrupf gewonnen wurden, muss die EU tierquälerische Methoden innerhalb und außerhalb Europas eindämmen. Diese Verbote dürfen keinen Spielraum für Ausnahmeregelungen zulassen; auch sind Maßnahmen gegen den Schwarzhandel einzuführen.
• Die Pelztierhaltung sowie der Handel mit Echtpelzprodukten müssen ausnahmslos verboten werden. Gegen Länder, die Echtpelz als Kunstpelz deklariert in die EU exportieren, sollen Sanktionen verhängt werden.
• Innerhalb der einzelnen EU-Mitgliedstaaten sind die Tiertransportzeiten auf maximal zwei Stunden zu begrenzen. Unser Ziel ist es, grenzüberschreitende Tiertransporte in Nicht-EU-Länder schnellstmöglich zu beenden. Auch zwischen den EU-Ländern sollen keine lebenden Tiere transportiert werden. Bis dies umgesetzt werden kann, sollen grenzüberschreitende Transporte auf maximal vier Stunden begrenzt werden (ausschließlich Ruhezeiten). Die zulässige Anzahl zu transportierender Tiere in einem Raum ist zu reduzieren. Bei Hitze und Kälte dürfen keine Tiertransporte stattfinden. Daher wollen wir die EU-Tierschutztransportverordnung EG 01/2005 novellieren, so dass die vorgeschriebene Innentemperatur minimal 5 und maximal 20 °C mit einer Toleranz von ±5 °C betragen darf. Tiertransporte müssen zudem stärker kontrolliert und Verstöße härter bestraft werden.
• Wir setzen uns für ein umgehendes Verbot aller Tierversuche ein, u.a. in der Grundlagenforschung, der Gentechnik, der Medizin, im Studium, in der Toxikologie und Produktentwicklung, in der Rüstungs- und Weltraumforschung sowie der Lebensmittel- und Pharmaforschung. Das REACH-Programm (Millionen von Tierversuchen für Chemikalienüberprüfung) ist umgehend einzustellen. Stattdessen wollen wir die Entwicklung und den Einsatz moderner Alternativmethoden wie Zellkulturen, Biochips und Computersimulationen deutlich stärker fördern. Das Budget für das „Europäische Zentrum für die Validierung von Alternativmethoden bei Tierversuchen” (ECVAM) ist drastisch aufzustocken.
• Bis zur Abschaffung von Tierversuchen fordern wir das Führen einer EU-weiten Datenbank über bereits erfolglos durchgeführte Tierversuche. Tierversuche ohne Erfolgsaussichten dürfen nicht unnötig wiederholt werden. Wir fordern daher auch die Abschaffung der Ermittlung der LD50 in der Arzneimittelzulassung, die keinerlei Nutzen für Patienten hat.
• Wir sind dafür, dass die EU als flankierende Maßnahme verpflichtende Produktinformationen und Kennzeichnungen zum Tierschutz einführt, die z. B. Auskunft über die Haltung der Tiere oder die Durchführung von Tierversuchen geben.
• Stierkämpfe, Windhunderennen, Hunde- und Hahnenkämpfe, Wildtiere in Zirkussen usw. sind europaweit zu verbieten.
• Wir setzen uns langfristig für ein Ende der Jagd ein – im Bewusstsein darum, dass dies in den kommenden Jahren nicht europaweit umgesetzt werden wird. Es gibt zahlreiche Studien, die aufzeigen, dass Bejagung die Bestände nicht nachhaltig reduzieren kann und dass die Jagd stets auch unnötiges Leiden der Wildtiere bedeutet. Ein intaktes Ökosystem mit natürlichen Beutegreifern erfüllt weitaus besser die Funktion der Bestandskontrolle. Als ersten und realistisch umsetzbaren Schritt fordern wir die Abschaffung von privaten Jagdschulen, um die Hobby-Jagd zu unterbinden.
• Ein Verbot der Fallenjagd und der Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren muss gesetzlich auf alle europäischen Mitgliedstaaten angewandt werden, ebenso sollte das Verbot der Jagdteilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, egal ob selbst als Jagdausübende oder als bspw. Treiber, für alle Länder selbstverständlich umgesetzt werden.
• Alternative, tierleidfreie Möglichkeiten der Bestandskontrolle von Wildtieren müssen weiter entwickelt werden und angewendet werden (bspw. gezielt wirkende Pillen).
• Die dringend nötige Reduzierung der Ursachen von Populationsanstiegen, wie bspw. Monokulturanbau für die Tierfutterproduktion, müssen stärker thematisiert und umgesetzt werden.
• Der Schutz des Eigentums, der in der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergeschrieben und damit verbindlich ist, muss durch eine entsprechende Richtlinie der EU durchgesetzt werden, damit nicht gegen den Willen eines Grundstückseigentümers die Jagd auf seinem Grund und Boden ausgeübt werden kann. Nur so kann gewährleistet werden, dass keine jahrelangen Klageverfahren mehr notwendig sind, um das eigene Grundstück zu befrieden.

AGRARPOLITIK UND FISCHEREI
Konsequente Agrarwende für Tiere, Umwelt, Klima und Gesundheit

Die Agrarpolitik ist der Zuständigkeitsbereich der EU mit den meisten Subventionen und hat daher eine besondere Stellung und großes Gewicht im politischen Geschehen in Brüssel – jährlich fließen hier aktuell rund 60 Milliarden Euro, was etwa 40 Prozent des gesamten EU-Budgets ausmacht.
Durch die verfehlte Agrar- und Förderpolitik der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist die europäische Landwirtschaft in eine bedenkliche Schieflage geraten: Alle zwei Minuten muss ein europäischer Kleinbauer seinen Hof aufgeben, dagegen wachsen europaweit Großbetriebe mit geringen Umwelt-, Tierschutz- und sozialen Standards. Statt Förderung der Landwirtschaft zur Sicherung unserer Ernährung muss man in weiten Teilen von der Unterstützung einer „Agrarindustrie“ sprechen: Lobbyisten der Agrarkonzerne und Bauernverbände üben Einfluss auf die Politiker aus oder sitzen in vielen Fällen sogar selbst als Abgeordnete konservativer Parteien im EU-Agrarausschuss, der 2018 unter anderem über die Kriterien der Mittelvergabe für das nächste Jahrzehnt bestimmte. Das zeigt – abgesehen von der immer mehr fortschreitenden Beschädigung des Vertrauens in die Demokratie – deutlich, in welche Richtung Agrarpolitik und Mittelvergabe auch in Zukunft offenbar gehen sollen und was dies letztlich für den Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft bedeutet: Konventionelle Betriebe erhalten einen Großteil der Subventionen und steigern ihre Profite, dagegen bleiben kleine Landwirte und innovative Konzepte, die gut für Tiere, Umwelt, Arbeiter und letztlich auch die Gesundheit der Konsumenten wären, in der Regel auf der Strecke.
80 % der Gelder gehen an 20 % der „Landwirte“, also in Wahrheit an großagrarisch-industrielle Strukturen. Dies liegt daran, dass die Subventionen vor allem aus Direktzahlungen bestehen, die sich ausschließlich und pauschal an der Fläche orientieren; diese Zahlungen wurden vor Kurzem sogar vom Europäischen Rechnungshof kritisiert. Es profitieren automatisch unter anderem Branchenriesen mit Milliardengewinnen von diesen Fördermitteln. Im Jahr 2017 flossen Agrarsubventionen von insgesamt rund 6,5 Milliarden Euro nach Deutschland, darunter Zahlungen an die Molkerei Arla und an einen der größten Nahrungsmittelkonzerne in Deutschland, die Südzucker AG.
Der Zucker des Konzerns Südzucker AG ist dank Exportsubventionen in Afrika billiger als der dort produzierte Rohrzucker. In der EU wird auch mehr Milch und Fleisch produziert als verbraucht, daher wird beispielsweise etwa ein Viertel des in der EU produzierten Milchpulvers exportiert – Tendenz steigend. Die in den letzten Jahren durch Wegfall der sog. Milchquote noch gestiegenen Überschüsse werden durch die Subventionszahlungen und die damit verbundenen Wettbewerbsvorteile zu Dumpingpreisen in Entwicklungsländern verkauft, was dazu führt, dass dort die Lebensgrundlagen der Bauern vernichtet werden, denn diese können nicht mit den Billigimporten aus der EU konkurrieren.
Die Subventionen aus dem EU-Agrarfonds sollten eigentlich die Einkommen der Landwirte stabilisieren, ihnen eine Art Grundeinkommen bieten und damit letztlich die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Tatsächlich aber profitieren meist nicht Kleinbauern und Familienunternehmen, sondern vor allem große Agrarbetriebe und Lebensmittelkonzerne, darunter sogar Aktiengesellschaften, die mittels EU-Subventionen ihre Gewinne auf Kosten der Umwelt, der Tiere und der Menschen maximieren. Vor allem Betriebe im Obst- und Gemüseanbau in Spanien und Italien erhalten Subventionen, obwohl sie eklatant gegen Lohn- und Arbeitsschutzvorschriften verstoßen. Es werden niedrige Löhne gezahlt an Arbeiter, die mit giftigen Pestiziden in Berührung kommen und nicht ausreichend mit Schutzkleidung ausgestattet sind; sie werden menschenverachtend ausgebeutet. Die Betriebe produzieren auf diese Weise und mit Unterstützung der EU Unmengen an billigem Obst und Gemüse. Im Jahr 2017 wurden beispielsweise Waren im Wert von 3,8 Milliarden Euro von Spanien an deutsche Supermärkte und Discounter geliefert.
Aus all diesen Gründen ist nach wie vor eine grundlegende Reform der Subventionspolitik der EU erforderlich. Vor allem müssen die Subventionszahlungen weg von der Bindung an die Fläche nicht wie bisher nur in Teilen, sondern zu 100 Prozent an die Einhaltung von Umwelt-, Tierschutz- und sozialen Standards geknüpft werden.
Die Agrarpolitik der etablierten Parteien auf EU- sowie auf nationaler Ebene hat die Landwirtschaft zu immer stärker belastenden Bewirtschaftungsmethoden gezwungen. Der hohe Wert der Natur für Wirtschaft und Gesellschaft (Ökosystemleistung) wurde und wird dabei nicht berücksichtigt. In der Folge erleben wir die Übernutzung unseres endlichen Naturkapitals durch Klimawandel, Bodenerosion, Wasserverschmutzung, Verlust an Biodiversität und natürlichen Lebensräumen wie Wäldern und Feuchtgebieten. Die zunehmende Verknappung von erneuerbaren und nicht erneuerbaren natürlichen Ressourcen wirkt sich auf die nachhaltige Entwicklung in der Landwirtschaft aus (vgl. Natural Capital Impacts in Agriculture – FAO). Den gesellschaftlichen Wünschen nach Erhaltung der biologischen Vielfalt und verschiedenen Ökosystemleistungen stehen die Interessen der Existenzsicherung und hohe Produktivität der landwirtschaftlichen Betriebe gegenüber (vgl. The Economics of Ecosystems and Biodiversity, Naturkapital Deutschland – TEEB DE).
Die bisherige Agrarpolitik ist mitverantwortlich für die ökologische Krise und den Klimawandel und damit auch weltpolitische Probleme wie Hunger und Trinkwasserknappheit. Die Massentierhaltung hat im europäischen Raum weiter zugenommen und trägt dementsprechend zur Erwärmung des Klimas, da die globale Massentierhaltung einer der größten Klimakiller ist, und zur Verseuchung der Böden und des Grundwassers durch Nitrate bei. Eine Kuh oder ein Rind hinterlassen pro Tag durchschnittlich 20 Kilogramm Exkremente. Allein der aktuelle Rinder- und Milchkuhbestand in der EU beläuft sich auf etwa 111 Millionen Tiere (88 Millionen Rinder und 23 Millionen Milchkühe), was eine Gesamtmenge an Exkrementen pro Tag von 2,22 Millionen Tonnen (2.220.000.000 Kilogramm) ergibt. Dies entspricht dem organischen Abfall von 123 Städten mit jeweils 100.000 Einwohnern. Klare politische Zielvorgaben aus Brüssel, um die landwirtschaftlichen Emissionen von Methan- und Lachgas sowie die anfallende Gülle zu reduzieren, fehlen bisher völlig.
Laut der Welternährungsorganisation FAO leiden über 800 Millionen Menschen an Hunger und Unterernährung. Etwa 124 Millionen Menschen leiden unter akutem Hunger, was ein markanter Anstieg ist gegenüber rund 80 Millionen akut Hunger leidenden Menschen noch vor zwei Jahren. Kinder sind nach wie vor stark von den Auswirkungen von Hunger und Unterernährung betroffen – rund 151 Millionen Kinder weltweit weisen Wachstumsverzögerungen auf und 51 Millionen Kinder leiden unter Auszehrung (Quelle: Welthungerindex, Oktober 2018). Trotzdem wird rund die Hälfte der weltweiten Getreideernte und weit über 90 Prozent der Sojaernte an Tiere verfüttert. Für die Erzeugung von einem Kilogramm Rindfleisch werden überdies rund 15.000 Liter Wasser verbraucht – das ist mehr als ein Mensch pro Jahr an Duschwasser verwendet. Ein großer Teil des weltweit knappen Trinkwassers wird also für die Massentierhaltung verwendet, obwohl laut Weltwasserbericht der UNESCO aus dem Jahr 2018 schon heute rund 3,6 Milliarden Menschen sauberes Trinkwasser nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Vor fünf Jahren waren es noch 1,2 Milliarden – eine dramatische Erhöhung.
Die Regulierungsleistungen der Natur, wie z. B. sauberes Trinkwasser, Klima und Hochwasserschutz oder Bestäubung von Pflanzen durch Bienen sind wie beschrieben bereits stark übernutzt, was u. a. auch zu einem alarmierenden Rückgang der Biodiversität führt.
Durch Monokulturen für Tierfutter und Biosprit und durch den verstärkten Einsatz von Pestiziden ist es zu einem dramatischen Rückgang der Artenvielfalt gekommen. Die systematische Zerstörung der europäischen Kulturlandschaft und das Aussterben unzähliger Tier- und Pflanzenarten werden durch die Agrarpolitik der EU massiv vorangetrieben. Das Sterben von Bienenvölkern aufgrund des Einsatzes von hochgiftigen Pestiziden ist ein deutliches Warnsignal dafür, dass der landwirtschaftliche Raubbau an der Natur so nicht weitergehen darf.
Auch dass im Jahr 2018 die Ostsee aufgrund von Überdüngung an mehreren Stellen so stark belastet war, dass Badeverbote ausgesprochen werden mussten sowie Probleme mittlerweile auch in küstenfernen Bereichen bestehen, ist unter anderem der zunehmenden Belastung des Grundwassers mit Nähr- und Schadstoffen, die vor allem aus der intensiven Landwirtschaft stammen, zuzuschreiben. Über die Flüsse gelangen tonnenweise Stickstoff, Phosphor und Schwermetalle ins Meer. Zudem korrodieren derzeit immer mehr Ummantelungen von Munitionsresten in der Ostsee und vergiften das Ökosystem und die Nahrungsketten zusehends. Bereits vor einigen Jahren galt die Ostsee als am stärksten verschmutztes Meer der Welt; ein Zustand, der sich nur durch umfangreiche international abgestimmte Maßnahmen verändern ließe.
Die Gentechnik trägt ebenso einen Anteil zur Übernutzung bei und beinhaltet zudem das große Risiko, dass einmal in Umlauf geratene gentechnisch veränderte Organismen (GVOs) andere Sorten verdrängen und nicht mehr aus der Umwelt entfernt werden können. Die Folgekosten sind von uns und den nachfolgenden Generationen zu tragen. Gentechnik bedeutet einen radikalen Eingriff in natürliche Gegebenheiten und ist nicht vergleichbar mit den Veränderungen, die der Mensch langsam und über lange Zeitspannen hinweg durch Züchtung vorgenommen hat, z. B. bei Getreide. Negative Folgen für die menschliche Gesundheit wurden bislang zwar nicht nachgewiesen, gesundheitsschädigend ist jedoch auf jeden Fall der Mehreinsatz von Pestiziden, der beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen oft notwendig ist. Bereits mehrfach ist erwiesen worden, dass auf Versuchsfeldern ausgebrachte genmanipulierte Pflanzen die auf benachbarten Feldern angebauten in ihrer genetischen Substanz veränderten. Angesichts der Tatsache, dass substanzielle Veränderungen im genetischen Material von Pflanzen unumkehrbar und Ausgebrachtes oder Entwichenes nicht rückholbar sind, lehnen wir die sogenannte Grüne Gentechnik ab.
Bisher gibt es in Europa zwar kein Klonfleisch und keine Gen-Zuckerrüben, mit Handelsabkommen wie TTIP, CETA, JEFTA und/oder EU-Mercosur könnte sich dies jedoch ändern. Wir setzen uns kompromisslos dafür ein, dass Gen-Pflanzen in Lebensmitteln, Tierfutter oder Saatgut nicht eingesetzt werden dürfen.
Und auch Tiere müssen hier wieder leiden: Gentechnische Eingriffe schlimmster Art, unter anderem die Schaffung transgener, d. h. aus den Genen verschiedener Tierarten, auch des Menschen, „zusammengesetzter“ Tiere, haben zur Existenz von Lebewesen geführt, die vorwiegend dahinvegetieren, zum Beispiel die – noch dazu patentierte – Krebsmaus. Wenn überhaupt lebensfähig, werden sie zur Produktion arteigener sowie artfremder Stoffe gezwungen und als „Organbank“ zum Ersatz menschlicher Organe missbraucht.
Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass die Tierbestände Europas so überdimensioniert sind, dass die im gemeinsamen Binnenmarkt produzierten Futterpflanzen nicht mehr ausreichen und große Mengen aus nichteuropäischen Ländern eingeführt werden müssen. Bei den importierten Futtermitteln handelt es sich in der Regel um gentechnisch veränderte Güter wie Mais, Soja und Weizen. Einmal ganz abgesehen von den gesundheitlichen Risiken durch die Verfütterung von gentechnisch veränderten Pflanzen ist der Import energieintensiv.
Der Import von Produkten, die durch Regenwaldrodung erzeugt wurden, hat eine besorgniserregende Größenordnung angenommen. Vor allem Tierfutter, aber auch Biosprit oder Palmöl, tragen dazu bei, dass jeden Tag mehrere Hektar Regenwald zerstört werden, dessen Regenerierung hunderte, teils tausende, Jahre benötigen würde. Die EU muss sich für einen sofortigen Stopp dieser katastrophalen Entwicklung einsetzen.
Auch hat der intensive Großeinsatz von Herbiziden, Pestiziden, Antibiotika, Wachstumsförderern und anderen pharmazeutischen Präparaten bereits hohe gesellschaftliche Schäden verursacht. Viele Krebserkrankungen, Herz- und Kreislaufleiden, Allergien und weitere Umwelt- bzw. Zivilisationskrankheiten gehen auf die zunehmende Chemisierung in der Agrarindustrie zurück. Per EU-Verordnung wurde die Verwendung von Antibiotika zur Wachstumsförderung in Futtermitteln ab Januar 2006 verboten. Trotzdem findet man immer wieder mit resistenten Keimen belastetes Fleisch. Kein Wunder, denn im Jahr 2017 wurden allein in Deutschland 733 Tonnen Antibiotika in der Tierhaltung eingesetzt. Da Antibiotika bei der Heilung von Krankheiten eine besonders große Rolle spielen und mittlerweile – mit steigender Tendenz – über 30.000 Menschen jedes Jahr in Europa sterben, weil Antibiotika nicht mehr wirken, muss die EU neue Regeln aufstellen, damit es nicht zu weiteren Resistenzen kommt. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einem „postantibiotischen Zeitalter“ – dieser Warnung muss unbedingt Rechnung getragen werden. An dieser Stelle vereinen sich die Interessen der mächtigen Agrar- und Pharmalobby – umso wichtiger sind Aufklärung und ein Richtungswechsel, denn es geht um nicht weniger als die Tiere und unsere Gesundheit.
Wenig nachhaltig sind auch die Bestimmungen der EU-Vermarktungsnormen für frisches Obst und Gemüse. Die EU hat zwecks besserer Marktübersicht und zum Schutz der Verbraucher vor „minderwertiger Ware” Güte- und Handelsklassen bindend festgelegt. Beispielsweise sind Kartoffeln, die zu klein oder zu dick sind, Salatköpfe mit einem welken Blatt oder Gurken, die zu krumm gewachsen sind, nicht für den Verkauf zugelassen. Ein großer Teil guter Nahrungsmittel bleibt auf dem Acker liegen oder wandert auf den Müll – und trägt so zur Lebensmittelverschwendung im großen Stil bei. Der Umgang mit diesen wertvollen Produkten führt zu höheren Preisen und belastet vor allem die unteren Einkommensschichten erheblich.
Generell muss der Nahrungsmittelverschwendung Einhalt geboten werden und verbindliche Maßnahmen ergriffen werden, so dass leicht normabweichende oder fast abgelaufene Produkte den Konsumenten zur Verfügung gestellt werden.
Nicht zuletzt lässt die EU zu, dass den Konsumenten mittels Produktwerbungen und -verpackungen eine artgerechte Tierhaltung, Gesundheitsvorteile tierischer Produkte u.v.m. vermittelt werden, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Dies stellt eine weitere Unterstützung der Agrarindustrie auf dem Weg zum Endverbraucher dar, die unterbunden werden muss.
All diese Beispiele zeigen, wie notwendig eine grundlegende Neuorientierung in der Landwirtschaft Europas ist; hierbei müssen Erzeuger, Händler und Verbraucher gleichsam mit einbezogen werden. Auf dem Weg zu einer tierleidfreien Landwirtschaft macht sich die Partei Mensch Umwelt Tierschutz als erste Zielsetzung stark für eine europäische Agrarpolitik, bei der Wert auf Umwelt, Nachhaltigkeit, Verbraucher- und Tierschutz gelegt wird.
Ähnlich wie die Agrarindustrie mit umweltschädlichen und tierquälerischen Methoden an Land arbeitet, sieht es auch in unseren Meeren aus. Die Fischerei-Industrie der EU ist die zweitgrößte der Welt. Sie verarbeitet jährlich Millionen Tonnen Fisch. Europas Fischgründe gehörten einst zu den ertragreichsten der Welt, aber 45 Jahre EU-Politik haben verheerende Schäden hinterlassen. Es ist traurig, aber wahr: Europa ist Weltmeister im „Leerfischen”. Die Bestände sind deshalb so drastisch geschrumpft, weil die EU-Verordnungen zur Überfischung führten. Jeder zweite untersuchte Bestand in EU-Gewässern ist überfischt, die Fangflotte ist zwei- bis dreimal größer als für eine nachhaltige Fischerei verträglich wäre. Umweltorganisationen schätzten, dass der als Abfall zurückgeworfene Beifang rund ein Viertel des gesamten EU-Fischfangs ausmacht – jährlich etwa 1,7 Millionen Tonnen.
In Jahr 2013 wurde durch den Rat der Fischereiminister eine halbherzige Regelung beschlossen, wonach der Beifang nicht mehr als fünf Prozent der gesamten Fangmenge betragen darf. Auch das Nachhaltigkeitsziel ist in dem neuen Gesetz verankert, so dass ab 2020 nur noch so viel gefischt werden soll wie „nachwächst”. Auch diese Regelungen werden nicht mehr helfen, die Fischgründe zu sanieren – sie sind hinsichtlich des katastrophalen Zustandes der Meere völlig unzureichend. Zudem mangelt es hier an der Umsetzung in Form von Kontrollorganen.
Nachdem wichtige Fischbestände in der Nordsee fast leer gefischt wurden, sind die EU-Mitgliedstaaten einerseits dazu übergegangen, das Meer vor der westafrikanischen Küste systematisch auszubeuten, andererseits setzt man immer mehr auf Aquakulturen – Massentierhaltung unter Wasser, finanziell unterstützt mit EU-Subventionen.
Ein Großteil des eingesetzten Futtermittels – meist in Form von Fischmehl – geht bei Aquakulturen verloren, da 2,5 bis 5 kg Wildfisch für die Produktion von einem Kilogramm Garnelen, Lachs oder anderer Speisefische benötigt werden. Bei Thunfisch sind es sogar 20 kg Wildfisch. Da bei vielen Arten die Nachzucht problematisch ist, werden Jungfische im offenen Meer gefangen. Dies ist bei Thunfisch, Aal und Kabeljau weit verbreitet, wodurch die Bestände stark dezimiert werden.
Wie in der Massentierhaltung zu Lande werden auch in Aquakulturen riesige Mengen an Antibiotika eingesetzt, was letztlich eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt. Aquakulturen haben neben den Auswirkungen für das einzelne Tier nicht zuletzt gravierende Folgen für die Umwelt, denn die Farmen belasten das Meer in ihrer Umgebung durch die anfallenden Fäkalien der Tiere und durch Nahrungsrückstände. Im Umkreis von bis zu 200 Metern unter den Käfigen wird aus dem Meeresboden eine tote Unterwasserlandschaft, in der höchstens noch Algen überleben können.
Im Juni 2018 legte die EU-Kommission einen neuerlichen, langfristigen Finanzplan für Meere und Fischerei vor, welcher ab 2021 in Kraft treten soll. Dieser Meeres- und Fischereifonds (EMFF) soll zwischen 2021 und 2027 über ein Budget von 6,14 Milliarden Euro verfügen und die Umsetzung der gemeinsamen Fischerei- und Meerespolitik der EU unterstützen. Hier dürfen ernste Zweifel angemeldet werden, dass die Gelder wirklich der Nachhaltigkeit dienen. Zudem ist zu kritisieren, dass durch diese Gelder auch schädlichen Subventionen Tür und Tor geöffnet werden.
Wir begrüßen die Absicht der Kommission, den Zugang zu Mitteln zu vereinfachen, damit diese von den Mitgliedstaaten angemessen verteilt und ausgegeben werden können. Jedoch fehlt es an klaren Mechanismen, um zu überprüfen, dass das Geld tatsächlich dort ausgegeben wird, wo es am dringendsten gebraucht wird: für die nachhaltige Bewirtschaftung der Meere, die Verbesserung der ökologischen Widerstandsfähigkeit und die Erhaltung der marinen Artenvielfalt. Soziale, ökologische und wirtschaftliche Prioritäten sind hier nicht klar genug definiert, so dass den einzelnen Mitgliedstaaten zu viel Spielraum gegeben wird, um eventuell sogar konträr zum angedachten Zweck die Gelder einzusetzen. Durch diesen neuerlichen Finanzplan sind daher schädliche Subventionen leichter zugänglich und das bereits gefährdete Ökosystem Meer wird weiter geschädigt. Mit diesem Finanzplan will die EU-Kommission Bürokratie abbauen, baut damit aber vor allem die eigene umweltpolitische Ambition ab und hebt damit sogar Schutzmechanismen zur Verhinderung von Überfischung auf.
Unter all den hier angesprochenen ökonomischen und umweltpolitischen Themen darf unter keinen Umständen vergessen werden, dass Fische empfindungsfähige Lebewesen sind, die ein ausgeprägtes Sozialverhalten mit klaren Verbänden und Strukturen besitzen, und nicht zuletzt aus diesem Grund die Fischereipolitik auch im Sinne des Tierschutzes novelliert werden muss.

Dafür setzen wir uns ein:
• Eine drastische Reduzierung der klassischen Agrarsubventionen ist dringend nötig. Naturressourcen sind die Grundlagen der Produktion; ihre dauerhafte Erhaltung darf nicht kurzfristigen Nutzungsinteressen geopfert werden. Durch gezielte Maßnahmen, insbesondere den Abbau marktverzerrender Subventionen, müssen ehrliche Preise durchgesetzt werden.
• Eine weitere Reform der Verteilungskriterien der (verbleibenden) EU-Subventionen aus dem Agrarfonds ist dringend erforderlich, damit nicht konventionelle Großbetriebe und Konzerne ihre Profite steigern, sondern regionale, ökologisch arbeitende sowie Klein-, Familien- und mittelständische Betriebe überleben und ausgebaut werden können. 100 % der Subventionen an landwirtschaftliche Betriebe sind an Umwelt-, Tierschutz- und Sozialauflagen zu knüpfen; bei Nichterfüllung sind die EU-Hilfen gänzlich zu streichen. Verteilungskriterium darf nicht mehr die Fläche und Anzahl der Tiere sein, sondern die Subventionen müssen gekoppelt werden an folgende Kriterien:
a. für Abschaffung von Antibiotikaeinsatz, Tierqual und Qualzüchtungen
b. drastische Erhöhung für bio-vegane Landwirtschaft
c. für pestizidfreie, boden- und gewässerschonende Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel
d. Koppelung an die Beschäftigtenzahlen und nicht an die Fläche
e. kleine Betriebe und Höfe, deren Existenz sich ausschließlich aus der Landwirtschaft ergibt, bevorzugen
f. für nachhaltige, klimaneutrale und ressourcenschonende Landwirtschaft
g. für Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt (Blühstreifen, keine Monokulturen, Wildbienen etc.)
h. für Strategien zur Verhinderung von Lebensmittelverschwendung
i. für wirksame Maßnahmen, die dem fairen Welthandel und sozialen Zielen dienen
• Zum Schutz der Entwicklungsländer und um einer Wettbewerbsverzerrung auf dem globalen Markt entgegenzuwirken, sind Exportsubventionen für Nahrungsmittel abzuschaffen.
• Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Ware und Wasser darf daher keinesfalls privatisiert werden.
• Als realistische Übergangslösung und ersten Schritt zur Abschaffung der Massentierhaltung befürworten wir die Bewirtschaftung mit ökologischer und „artgerechter” Tierhaltung unter strengen Kontrollen. Langfristiges Ziel in der EU muss der bio-vegane Landbau sein, bei dem aus ökologischen und ethischen Gründen auf Tierhaltung gänzlich verzichtet und mit den natürlichen Lebensräumen verantwortungsvoll umgegangen wird.
• Landwirtschaftliche Überproduktionen sind schnellstens abzubauen. So muss etwa die Produktionsmenge für Milch auch nach Wegfall der Milchquoten im April 2015 durch eine „kleine Milchquote” verringert werden, um die Bestände an Milchkühen kontinuierlich abzubauen.
• Eine umweltfreundliche Landwirtschaft sollte als Anreiz mit Fördergeldern belohnt werden. So sollte beispielsweise der Rückbau von Monokulturen für Tierfutter oder nachwachsende Energieträger oder andere Maßnahmen, die zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen, mit speziellen EU-Mitteln belohnt werden. Auch Bio- bzw. Öko-Betriebe sind mehr als bisher finanziell zu unterstützen. Daneben ist auch die bäuerliche Landschaftspflege nach bestimmten Naturschutzkriterien, z. B. die Schaffung größerer, mit Hecken und Feldgehölzen bewachsener Feldraine und Blühstreifen, durch angemessene Fördergelder zu vergüten.
• Um der Massentierhaltung entgegenzuwirken, ist der Anbau pflanzlicher Nahrungsmittel zu fördern, d. h. die bio-vegane Landwirtschaft soll maximal ausgebaut werden. Aus diesem Grunde sind Betriebsumstellungen auf eine rein pflanzliche Landbewirtschaftung durch gesonderte EU-Mittel zu honorieren. Auch bestehende bio-vegane Betriebe sind besonders zu fördern und zu unterstützen.
• Dieser Art und Weise, Landwirtschaft zu betreiben, entspricht die vegane Ernährungsform, die ausschließlich auf pflanzlichen Produkten basiert. Sie ist der konsequenteste und effektivste Weg, Tierleid zu vermeiden. Die EU muss sich aktiv durch Aufklärung und Änderung ihrer Förderpolitik für eine signifikante Reduzierung des Fleisch-, Ei- und Milchproduktekonsums einsetzen, um das Welthungerproblem zu bekämpfen, die Gesundheit zu fördern sowie Umwelt und Tiere zu schützen. So sind zum Beispiel Förderungen für Schulmilchprogramme zu streichen und durch Förderprogramme zu ersetzen, die den Verzehr von regional angebautem Obst und Gemüse unterstützen. Auch sind Werbeverbote für Fleisch, Milchprodukte und Eier, ähnlich wie für Tabak, zu erlassen. Prüfungsbedürftige tierische Nahrungsmittel (sog. Novel-Food) wie z.B. Insekten dürfen gar nicht erst zugelassen werden.
• Wir befürworten zudem die Einführung flankierender Maßnahmen einer Agrarstrukturreform wie
a. Erstellung von Gesamtökobilanzen, etwa zur industriellen Tierhaltung und für die Verwendung von Futtermitteln zur Energieproduktion
b. Aufbau von Planungsprozessen in der Landwirtschaft unter Erhebung von relevanten, exakten und nachvollziehbaren Daten
c. Reform des Ausbildungssystems in der Landwirtschaft.
• Die Regelung hinsichtlich der Güte- und Handelsklassen muss überarbeitet werden.
• Gentechnik darf wirtschaftlich nicht genutzt werden und gentechnisch manipulierte Organismen dürfen nicht freigesetzt werden. Der Anbau und die Einfuhr von genveränderten Nahrungsmitteln und von genverändertem Tierfutter kann wahrscheinlich nur schrittweise rückgängig gemacht werden. Fernziel soll aber eine europäische Landwirtschaft ohne Gen-Pflanzen sein.
• Wir sind für ein Importverbot von gentechnisch veränderten Tieren ohne Ausnahmeregelungen und für eine Überarbeitung der EU-Biopatentrichtlinie zur Verhinderung von Monopolansprüchen weniger Konzerne auf Pflanzen und Tiere.
• Der Futtermittelimport in die EU muss durch entsprechende Richtlinien vermindert werden, jeder Betrieb sollte die benötigten Futtermittel weitestgehend selbst produzieren oder seine Tierbestände verringern.
• Ebenso ist der Handel und Transport von Dünger über weite Strecken stark einzuschränken.
• Auch der (Einzel-)Handel muss aufgrund seiner Marktmacht in die Agrarwende einbezogen werden. Es sind etwa Anreizinstrumentarien zu schaffen, die den Handel zum Einkauf regionaler und pflanzlicher Produkte veranlassen. Auch wollen wir zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung Händler ab einer bestimmten Ladenfläche verpflichten, Lebensmittel kostenlos abzugeben oder zu spenden.
• Wir fordern eine strengere Kennzeichnungspflicht aller Nahrungsmittel, aus der eindeutig hervorgeht, ob das Produkt mit gentechnisch veränderten Inhaltstoffen belastet ist und wie es erzeugt wurde. Insbesondere fordern wir auch eine Kennzeichnung von Produkten aus der Intensivtierhaltung, so dass eine gezielte Irreführung des Konsumenten durch die Produktwerbung ausgeschlossen ist. Eine eindeutige und verbindliche Deklarierung von regionalen Produkten (Anbaugebiet und Ernte im Umkreis von max. 50 km) sollte ebenfalls eingeführt werden.
• Wir sind für eine verstärkte Forschungsförderung im Hinblick auf ökologische Bewirtschaftungsmethoden und pflanzenbasierte, tierleidfreie Ernährung.
• Giftige Pestizide sind zu verbieten. Der Einsatz von Düngern ist weiter zu begrenzen. Hierbei sind entsprechende Risikobewertungen und Kontrollmechanismen zu etablieren. Bei Überschreiten von Grenzwerten müssen Aufbringverbote analog den Fahrverboten im Straßenverkehr erlassen werden. Darüber hinaus befürworten wir die Entwicklung umweltverträglicher, bodenschonender Landmaschinen.
• Der Einsatz von Antibiotika zur Behandlung von Tierkrankheiten muss per EU-Verordnung auf das absolut notwendige Maß verringert werden, insbesondere von präventiven Breitbandantibiotika. Zur Behandlung schmerzhafter Erkrankungen bei den Tieren ist der Einsatz aus Gründen des Tierschutzes weiter zuzulassen, ansonsten jedoch drastisch zu begrenzen und dies durch entsprechende Kontrollmechanismen zu überwachen.
• Die Fangquoten in europäischen und polaren Gewässern müssen drastisch reduziert werden, damit sich die Fischbestände wieder erholen. Die Einbindung des Europäischen Parlaments bei der Festlegung der Gesamtfangmengen ist hier notwendig.
• Die Ausplünderung von Fischbeständen vor den Küsten Afrikas durch EU-Mitgliedstaaten ist durch Richtlinien umgehend zu stoppen oder wenigstens zu begrenzen.
• Der neuerliche Finanzplan ist zu überarbeiten und mit einem Teil der Gelder ein Kontrollorgan einzusetzen.
• Der sogenannte Beifang ist anzulanden und darf nicht mehr als zwei Prozent der gesamten Fangmenge überschreiten.
• Grundschleppnetze sind ausnahmslos zu verbieten.
• Zur Erhaltung der maritimen Artenvielfalt ist ein konsequentes Verbot für die Mitgliedstaaten der EU hinsichtlich des Fischens und des Imports von gefährdeten Arten unabdingbar.
• Angesichts der stark negativen ökologischen Folgen sowie der Auswirkungen auf das einzelne Tier sind wir für einen schrittweisen Rückbau von Aquakulturen. Bis dahin sind strenge Anforderungen hinsichtlich „Besatzdichte“, Futterqualität und Umweltschutz an diese Art der Tierhaltung zu stellen.

UMWELTSCHUTZ
Die Umwelt geht uns alle an

Wir haben nur eine Erde; sie zu erhalten und zu schützen muss dementsprechend ganz oben auf der Agenda der gemeinsamen europäischen Politik stehen. Europa muss sich seiner Verantwortung stellen und durch umweltfreundliche Innovationen, durch die Bereitschaft zu neuen Lebensstilen und zu ethisch fundierten Wirtschaftsgrundsätzen der Welt ein ökologisches Beispiel geben. Im Bereich der Umweltpolitik hat die Europäische Union weitreichende Ziele: Erhaltung und Schutz der Umwelt, Schutz der menschlichen Gesundheit, umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen, Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels. Diese Vorhaben müssen endlich konsequent in die Tat umgesetzt werden.
Im Fokus der Umweltschutzpolitik muss die Klimaerwärmung stehen, denn nichts hat zerstörerischere Auswirkungen auf diesen Planeten als die global ansteigende Durchschnittstemperatur. Die globale Erwärmung um mehrere Grad, die nach Expertenmeinung u.a. eine Versteppung weiter Landstriche und einen enormen Anstieg des Meeresspiegels mit schwer wiegenden Folgen nach sich ziehen wird, kann nur noch durch ein entschlossenes Handeln aller politisch Verantwortlichen und jedes Einzelnen vermindert werden.
Laut Weltklimarat (IPCC) ist es noch möglich, die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, wenn schnelle, weitreichende Veränderungen u.a. bei der Stromerzeugung, der Mobilität und in der Landwirtschaft vollzogen werden. Viele Effekte, die sich bei einer Erwärmung um 2°C einstellen würden, ließen sich so noch abmildern. Dazu müssen die globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 45 % im Vergleich zu 2010 fallen; spätestens bis 2050 müssen sie in der Summe auf Null gebracht werden. Werden dann noch fossile Energieträger eingesetzt, müsste dies durch Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre kompensiert werden. Auf EU-Ebene soll daher mit einem konkreten und verbindlichen europäischen CO2-Reduktionsplan gestartet werden, um zu retten, was zu retten ist. Wir müssen weg von Öl und Kohle. Dies ist auch ohne Atomenergie möglich, indem wir unseren Umgang mit Energie effizienter gestalten und Europa konsequent auf erneuerbare Energien wie Sonne, Wasser und Erdwärme setzt.
Die Massentierhaltung ist einer der größten Klimakiller. Sie ist für 18 bis 51 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich (je nach Studie) und damit für mehr als der komplette weltweite Verkehr. Daher ist es nicht nur aus ethischer Perspektive, sondern auch aus Klimaschutzsicht eine der dringlichsten Aufgaben, sie zu beenden.
Das seit 2005 existierende System des Emissionshandels ist immer noch unzureichend ausgestaltet; solange die CO2-Verschmutzung nicht signifikant verringert wird, muss dieses System als Steuerungsinstrument verbessert und erweitert werden. Vor allem fehlen bislang Sektoren wie der Autoverkehr, die Landwirtschaft und das Heizen von Gebäuden – in der EU sind nur etwa 45 Prozent der CO2-Emissionen durch den Emissionshandel abgedeckt. Die weltweit größten Kohlendioxid-Emittenten China und USA haben kein System, mit dem Klimaschädigungen bepreist werden, sodass hier Anreize zu Produktionsverlagerungen bestehen.
Die Naturzerstörung durch die Inanspruchnahme der globalen Landmasse für die Landwirtschaft und durch die Flächenversiegelung für Industriekomplexe, Städte und Straßen schreitet aufgrund der zunehmenden Erdbevölkerung unaufhörlich voran. 2017 wurden weltweit 16 Millionen Hektar Waldfläche zerstört – eine Fläche halb so groß wie Deutschland. Durch die Flächenverluste sind auch enorme Artenverluste in den hauptsächlich betroffenen Regenwäldern zu beklagen. Aber auch in Europa muss die Natur immer mehr dem Menschen weichen. Wer von anderen Ländern erwartet, dass sie ihre Regenwälder schützen, muss auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Dass z. B. in Deutschland weniger als 5 % der Landesfläche unter Naturschutz stehen, während es in Kuba 22 % sind, ist beschämend und dringend zu ändern.
Die biologische Vielfalt ist ein unschätzbarer Wert; sie muss um ihrer selbst willen, aber auch im Hinblick auf die kommenden Generationen geschützt werden. In der Politik spielt der Verlust der biologischen Vielfalt kaum eine Rolle, obwohl auch in Europa das Artensterben rasant voranschreitet. Durch Monokulturen und Pestizideinsatz in der industriellen Landwirtschaft nimmt vor allem die Anzahl der Insekten und Vögel rapide ab. Daher (sowie aus ethischen Gründen) möchten wir langfristig auf eine bio-vegane Landwirtschaft hinarbeiten. Damit verbunden wäre gleichzeitig eine Verbesserung der Luft-, Boden- und Wasserqualität.
Die Meere sind seit Jahrzehnten einem zunehmenden Müll-Problem ausgeliefert. Immer mehr Müll – insbesondere Plastik – gelangt auf verschiedenen Wegen ins Meer. Dies ist besonders fatal, da Plastik nicht verrottet, sich im Wasser durch Sonneneinstrahlung und Wellenbewegung aber in immer kleinere Teile zersetzt und so von immer mehr Tieren für Nahrung erachtet und gegessen wird. Dies führt dazu, dass viele von ihnen verhungern, weil sie zwar einen vollen Magen haben, dieser aber freilich keine Nährstoffe aus dem Plastik ziehen kann. Zur Bewältigung des Müllproblems ist es erforderlich, dass die Politik konsequent Weichen für weniger Plastikverpackung stellt. Aktuell nimmt der Anteil der in Plastik verpackten Produkte immer weiter zu. Diese Entwicklung sollte dringend umgekehrt werden. Das ab 2021 geplante Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik (wie Trinkhalme, Einweggeschirr oder Wattestäbchen) ist ein guter erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Insbesondere ist dafür zu sorgen, dass die durch die zu enge Definition von Einwegplastik eröffneten Schlupflöcher für die Plastikindustrie geschlossen werden, damit diese die geplanten Vorgaben nicht ignorieren kann, indem sie ihre Produkte als wiederverwendbar kennzeichnet. Gemäß dem Motto „Vermeiden – Verwerten – Entsorgen“ muss die Müllvermeidung auf allen Ebenen oberste Priorität haben.
In Europa werden in riesigen Monokulturen wertvolle Lebensmittel wie Weizen, Raps und Mais angebaut, um als Treibstoffzusatz und Tierfuttermittel Verwendung zu finden. Auch wird Palmöl importiert und verstärkt für Biotreibstoffe verwendet. Die Beimischung von Pflanzenöl oder Ethanol zu herkömmlichem Kraftstoff ist zu unterlassen (mit Ausnahme von solchem Pflanzenöl oder Ethanol, das aus Abfällen stammt). Stattdessen wollen wir Maßnahmen fördern, die den Auto- und LKW-Verkehr drastisch reduzieren.
Ein weiterer Aspekt: Ruhe gehört zu einer intakten Umwelt. Lärm ist nicht nur eine Belästigung, er macht krank – und zwar Mensch und Tier. Die zunehmende Lärmbelästigung infolge des steigenden Verkehrsaufkommens soll durch schärfere europäische Lärmgrenzwerte für Flugzeuge, Kraftfahrzeuge, Schienenfahrzeuge sowie Straßen und Schienenwege vermindert werden. Die EU-Umgebungslärm-Richtlinie ist durch verbindliche Maßnahmen umzusetzen.
Die Begradigung von Flüssen ist neben klimatischen Faktoren dafür verantwortlich, dass es in den letzten Jahrzehnten immer häufiger zu katastrophalen Überschwemmungen mit Schäden in Milliardenhöhe gekommen ist. Es nützt nichts, wenn in einem Land eine Renaturierung vorgenommen wird, aber flussauf- oder flussabwärts nichts geschieht. Hier ist gemeinschaftliches Handeln durch strenge EU-Richtlinien notwendig.
Wasserknappheit ist kein Phänomen, das auf die Südhalbkugel oder Länder der Dritten Welt beschränkt ist. Auch in Europa wird sauberes Trinkwasser knapp. EU-Verordnungen, die die Einleitung von Industrieabwässern und die Ausbringung von Gülle regulieren und drastisch einschränken, sind daher dringend erforderlich. Flüsse und Weltmeere sind sensible Ökosysteme und die Grundlage der Lebensräume für Menschen, Tiere und Natur. Entsprechend sorgsam ist mit ihnen umzugehen.
Hydraulic Frackturing („Fracking“), die Gewinnung von Erdgas aus tiefen Gesteinsschichten, ist äußerst risikoreich für Menschen, Tiere und Umwelt. Dieses Verfahren, das mit viel Lärm, Flächenverbrauch und Luftverschmutzung einhergeht, verbraucht typischerweise rund zehn Millionen Liter Wasser pro ausgebeuteter Gasquelle und gefährdet die Stabilität des Untergrundes, was zu Erdbeben führen kann. Die eingesetzten Chemikalien sind zum Teil giftig. Sie können u.a. durch die entstandenen Risse im Gestein ins Grundwasser gelangen und dieses zusammen mit radioaktiven Substanzen aus dem Untergrund sowie gelöstem Methan (dem explosiven Hauptbestandteil des Erdgases) kontaminieren. Auf diese riskante Förderungsmethode soll in der EU gänzlich verzichtet werden.
In der EU, in der ungefähr ein Viertel aller AKWs der Welt stehen, betreibt die Hälfte der Mitgliedstaaten noch immer Kernkraftwerke. Wir setzen uns für den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie ein, deren Nutzung ein unkalkulierbares Risiko für Menschen, Tiere und Natur darstellt. Die Reaktorunfälle von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima, Unregelmäßigkeiten und Versäumnisse in deutschen Atomkraftwerken sowie die ungelösten Probleme der Endlagerung über große Zeiträume zeigen deutlich, dass diese Technologie durch den Menschen nicht beherrschbar ist. Selbst bei störungsfreiem Betrieb der Reaktoren ist das Risiko von Unfällen mit den Folgen einer Verstrahlung unserer Mitwelt beim Transport radioaktiver Abfälle und durch Techniken der Wiederaufarbeitung sehr hoch.

Dafür setzen wir uns ein:
• Erhaltung und Schutz der Umwelt müssen zu einem Primärthema der EU-Politik mit entsprechendem Stellenwert werden; die Maxime muss lauten: Ökologie vor Ökonomie.
• Die EU muss eine europäische Klima- und CO2-Initiative starten, um den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens Nachdruck zu verleihen. Europa muss Vorreiter werden, um die globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 45 % und bis 2050 auf Null zu senken. Hierzu sind folgende Maßnahmen einzuleiten:
a. stärkere Förderung erneuerbarer Energien und Energiespeicher-Technologien, drastische Reduzierung der Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern
b. schärfere Abgaswerte für Automobile
c. schärfere Emissionswerte für alle Arten von Industriebetrieben und Kraftwerken
d. Ausstieg aus der Kohleverstromung durch europaweiten Stilllegungsplan für alte Kraftwerke und ein Moratorium für einen Baustopp neuer Anlagen
e. Emissionshandelssystem komplett überarbeiten: Ausdehnung auf alle Sektoren sowie verstärktes Hinwirken der EU auf die Etablierung von einheitlichen weltweiten CO2-Emissionszertifikaten.
f. Masterplan für einen erheblichen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel sowie eine europaweite Tempobeschränkung auf Autobahnen (130 km/h)
g. Einführung eines Klimazuschlages für Flugreisende und Passagiere von Kreuzfahrtschiffen; Klimaschutz ernst nehmend ist zudem eine grundsätzliche gesetzliche Begrenzung von Kurzstreckenflügen anzustreben
h. zur Landwirtschaft, die insbesondere durch die sogenannte Nutztierhaltung einen großen Anteil am Klimawandel hat, siehe Kapitel Agrarpolitik
• Wir setzen uns für den Ausstieg aus der Atomkraft ein und für ein Europa mit einer umweltverträglichen und dezentralen Energiegewinnung.
• Durch EU-Richtlinien ist die Landnutzung hinsichtlich der Verdrängung der Nahrungsmittelproduktion durch den Anbau von Energiepflanzen und Flächenversiegelung so zu regeln, dass sich die Naturzerstörung als erster Schritt signifikant vermindert und als zweiter Schritt eine Renaturierung in Angriff genommen werden kann.
• Konsequentere Richtlinien zum Schutz der Biodiversität sind für die Natura-2000-Gebiete der Europäischen Union unabdingbar. Dazu ist die Bereitstellung von EU-Mitteln für die Aufforstung und die Renaturierung von landwirtschaftlichen Nutzflächen erforderlich.
• Um unsere europäischen Vogelarten zu schützen, ist eine Verschärfung der EU-Vogelschutzrichtlinie notwendig. Gegen Mitgliedstaaten, die diese Richtlinien nicht in nationale Gesetze umsetzen, sind auf der Grundlage von Artikel 226 des Vertrages von Lissabon Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.
• Die EU muss mehr zum Schutz der Meere unternehmen. Um zu einer Verminderung des Plastikmülls in den Ozeanen zu gelangen, ist die Verpackung von Lebensmitteln in Plastikmaterial durch entsprechende Richtlinien zu reduzieren. Ein europaweites Verbot der Verwendung nichtkompostierbarer oder recycelter Plastiktüten und -verpackungen sollte eingeführt werden.
• Zur Bewältigung des Müll-Problems wollen wir den weiteren Ausbau von Mehrwegsystemen aller Art verbessern. Anreize für Herstellung und Gebrauch von langlebigen Gütern mit höchster Recyclingmöglichkeit sollten weitergehend als bisher gefördert, wenig recyclingfähige Verfahren und Produkte verteuert werden.
• Schließlich ist eine effektive und bürgerfreundliche Müllverwertung und -entsorgung nötig. Ein erster Schritt ist der flächendeckende Einsatz moderner Wertstoff-Sortieranlagen, die sich inzwischen bewährt haben. Wir streben eine noch gründlichere sowie deutlich stärker zu automatisierende Mülltrennung an, um so viele Rohstoffe wie möglich wieder zu verwerten. Die Restmüllverbrennung ist wegen der Unberechenbarkeit der Emissionen sowie aufgrund des Verlusts endlicher Ressourcen weitestgehend zu vermeiden.
• Umwelt- und gesundheitsgefährdende Pestizide müssen vom Markt genommen werden.
• Eine Reduzierung der Einfuhr von Palmöl in die Europäische Union ist unbedingt notwendig. Fernziel ist ein europaweites Importverbot von Palmöl.
• Die EU-Umgebungslärm-Richtlinie muss überarbeitet und durch verbindliche Maßnahmen mit niedrigeren Toleranzgrenzen umgesetzt werden.
• Die Wasserrahmenrichtlinie sollte eine Renaturierung bei begradigten Flussläufen empfehlen und durch EU-Mittel fördern.
• Die Grundwasserrichtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie der EU müssen hinsichtlich der Einleitung von Industrieabwässern und der Ausbringung von Gülle signifikant verschärft werden.
• Wir befürworten ein Verbot der risikoreichen Förderung von Erdgas mit der Methode des Hydraulic Frackturing („Fracking“).

VERBRAUCHERSCHUTZ
Verbraucher schützen statt Konzerne

Im Fokus der politischen Entscheidungsprozesse auch der EU stehen oftmals die Interessen der Wirtschaft, während die Verbraucherinteressen nachrangig behandelt werden. Wir stehen u.a. für eine klare Kennzeichnung von Lebensmitteln und Bekleidung, menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Produkten wie bspw. Kleidung, eine verbesserte Medikamentensicherheit, die Einführung einer europäischen Sammelklage, eine Begrenzung von Dispo-Zinsen, bestmöglichen Datenschutz bei Geräten und im Internet sowie ein Verbot von „social bots“.
Die Verbraucher haben ein Recht auf einwandfreie Lebensmittel. Sie sollen wissen, was auf ihrem Teller landet, wo ein Produkt herkommt, wie die Herstellungsbedingungen (Intensivtierhaltung, ökologische Tierhaltung, gentechnisch veränderte Pflanzen, Tierversuche usw.) waren und welchen Gesundheitswert das jeweilige Produkt aufweist. Daher befürworten wir die von Verbraucherschutzverbänden geforderte Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel, die vor einem Zuviel an Zucker, Fett und Salz warnt, eine klare Kennzeichnung der Tierhaltungsbedingungen (Käfighaltung, Intensivtierhaltung, ökologische Tierhaltung) sowie eine vollständige Deklaration von Zusatzstoffen inklusive des Einsatzes von Enzymen.
Des Weiteren wollen wir ein Verbot irreführender bzw. ausweichender Formulierungen bei Inhaltsstoffen von Lebensmitteln und Bekleidung. Besondere Bedeutung hat dies bspw. für die eindeutige Erkennbarkeit von Echtpelzprodukten (solange diese noch nicht verboten sind).
Für eine verbesserte Medikamentensicherheit sind stärkere Kontrollen zur Einhaltung der angegebenen Bestandsstoffe nötig.
Immer mehr Menschen wollen, dass die Produkte, die sie kaufen, unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden. Zum einen sollte für Kleidung ein europaweites Fairtrade-Siegel eingeführt werden. Des Weiteren brauchen wir eine europäische Transparenzrichtlinie, die die ganze Herstellungs- und Lieferkette umfasst und die Einhaltung von Standards und eine Haftung für die gesamte Produktionskette garantiert. Anzustreben ist, so eine Richtlinie auch auf andere Bereiche wie die Herstellung von Ziegelsteinen und den Rohstoffabbau (bspw. Coltan, Gold) auszuweiten.
Der Diesel-Skandal hat erneut gezeigt, dass Verbraucher ohne das Instrument der Sammelklage bei Schadenersatzforderungen gegen Wirtschaftsunternehmen sehr schlechte Chancen haben. Unter dem Druck des Diesel-Skandals hat nun Deutschland die Möglichkeit einer Sammelklage eingeführt, bei der Verbraucherschutzverbände stellvertretend für die Geschädigten klagen können. Doch weil eine Sammelklage zum einen in vielen Mitgliedstaaten noch nicht möglich, zum anderen die europäische Wirtschaft eng verflochten ist, würde das Instrument einer „europäischen Sammelklage“ Sinn machen. Sie wird auf EU-Ebene seit Jahren diskutiert, eine verbindliche Verordnung fehlt jedoch weiterhin.
Die Zinsen für Dispositionskredite sind zu hoch. Eine EU-Verordnung sollte eine ökonomisch sinnvolle und zugleich verbraucherfreundliche Obergrenze für Dispo-Zinsen definieren.
In einer globalisierten Welt mit intensiver Kommunikation ist Datenschutz im Internet sehr wichtig geworden. Anzustreben ist, dass bestmögliche Datenschutzgrundeinstellungen bei allen Geräten verpflichtend werden. Helfen würde auch eine Produkthaftung für Software, wie sie bei anderen Produkten selbstverständlich ist. Hersteller von Software sollten haften, wenn sie bekannte Sicherheitslücken nicht schließen oder Sicherheitsupdates nicht zur Verfügung stellen. Wichtig ist schließlich ein EU-Förderprogramm für eine sichere europäische Internettechnik, um Europa von außereuropäischen Technologien unabhängig zu machen.
Politische Werbung im Internet nimmt zunehmend Einfluss auf die politische Meinungsbildung. „Social bots“, die geäußerte Meinungen vielfach faken und somit Relevanz vortäuschen sowie Meinungen beeinflussen, sollten verboten werden.
Der Schutz der Grundrechte von Mensch und Tier muss in der EU oberste Priorität haben. Verbraucherschutz soll dem Menschen dienen und nicht der Wirtschaft. An diesen beiden Maximen sollte sich die EU-Verbraucherschutzpolitik orientieren!

Dafür setzen wir uns ein:
• Klare Kennzeichnung der Tierhaltungsbedingungen (Käfighaltung, Intensivtierhaltung, ökologische Tierhaltung), damit der Verbraucher deutlich sieht, wie Produkte mit tierlichen Inhalten in der Regel hergestellt werden, sowie der Zusatzstoffe inklusive Enzymen; auch müssen Verbraucherinformationen über die Durchführung von Tierversuchen verpflichtend werden.
• Die Einführung einer Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel ist durch eine verbindliche Verordnung für alle Mitgliedstaaten unabdingbar. Rot bedeutet zu viel Zucker, Fett oder Salz, Gelb ist grenzwertig, aber gerade noch akzeptabel, Grün steht für bedenkenlos.
• Nachweisliche Verbrauchertäuschung (Etikettenschwindel) etwa bei Echtpelzprodukten muss mit einem Verbot irreführender bzw. ausweichender Formulierungen bekämpft werden.
• Medikamentensicherheit: stärkere Kontrollen zur Einhaltung der angegebenen Bestandsstoffe.
• Ein EU-weites Fairtrade-Siegel soll eingeführt werden, das auf einer Transparenzrichtlinie basiert, die die ganze Herstellungs- und Lieferkette umfasst und die Einhaltung von Sorgfaltspflichten bezüglich der Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Standards und eine Haftung für die gesamte Produktionskette garantiert.
• Wir möchten eine „europäische Sammelklage“, wie sie bereits seit Jahren diskutiert wird, einführen.
• Dispo-Zinsen: Eine EU-Verordnung sollte eine ökonomisch sinnvolle und zugleich verbraucherfreundliche Obergrenze für Dispo-Zinsen definieren.
• Wir fordern eine Pflicht zu bestmöglichen Datenschutzgrundeinstellungen bei allen Geräten, eine Produkthaftung für Software sowie ein EU-Förderprogramm für eine sichere europäische Internettechnik, um Europa von ausländischen Technologien unabhängig zu machen.
• Unlauterer politischer Einflussnahme im Internet möchten wir durch ein Verbot von „social bots“ entgegenwirken.

AUßENPOLITIK
Auf dem Weg zu einer gemeinsamen EU-Außenpolitik

Mit 513 Millionen Einwohnern leben mehr Menschen innerhalb der Grenzen der EU als in den USA (328 Millionen Einwohner). Es werden in der EU jährlich 17,5 Billionen Euro erwirtschaftet, womit die EU die größte Volkswirtschaft der Welt vor den USA ist (umgerechnet ca. 17,1 Billionen Euro).
Dennoch spiegelt sich dieses Gewicht Europas bisher nicht in der internationalen Politik wider. Alle EU-Mitgliedstaaten arbeiten zusammen in den Bereichen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Auch die Entwicklungs- und Handelspolitik wird koordiniert. Alle Beschlüsse müssen allerdings einstimmig gefasst werden, so dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU sich nur langsam entwickelt und immer nur einen Minimalkonsens abbildet. Eine handfeste gemeinsame Außenpolitik der EU gibt es daher bisher nicht, auch wenn ihre Grundsätze im EU-Vertrag Artikel 21 bis 46 geregelt wurden.
Jedes Land soll in der Lage sein, nationale Aufgabenstellungen vor Ort zu lösen, ohne dass eine Einmischung aus Brüssel erfolgt. Eigenständigkeit und Eigenverantwortung sind durchaus erwünscht. Wo aber Probleme diesen Rahmen überschreiten, muss eine Regelung auf europäischer Ebene erfolgen. Gerade auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder Terrorismus können nur supranationale Entitäten wie die EU Antworten finden und Lösungen durchsetzen. Dies gilt auch für den Auftritt nach außen: Dem Europäischen Parlament müssen auch in der Außenpolitik mehr Kompetenzen eingeräumt werden, damit es die gemeinsamen Interessen der Mitgliedstaaten vertreten kann.
Durchgeführt wird die GASP vom „Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik“ (EU-AußenministerIn) mit Hilfe der ihm oder ihr unterstellten Europäischen Auswärtigen Dienste. Auch die diplomatischen Dienste der Mitgliedstaaten sind hierfür zuständig. Hier sollte die EU langfristig einen mit vollumfänglichen Rechten ausgestatteten EU-Außenminister einsetzen, der alle Mitglieder gleichermaßen vertritt.
Die EU fühlt sich der Förderung und dem Ausbau der internationalen Zusammenarbeit auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene verpflichtet. Grundlegende Maxime ihres Auftretens und Handelns ist die Entwicklung und Festigung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Hier wäre es angeraten, auch den von der EU festgelegten Tierschutz stärker zu betonen und sukzessive zu Tierrechten auszubauen. Diese Werte der EU müssen anschließend gegenüber anderen Staaten deutlich sichtbar und ohne Abstriche vertreten werden. Entwicklungshilfe sollte deutlicher an Kriterien wie etwa Einhaltung von Menschenrechten, Umweltauflagen und Tierschutzstandards gekoppelt werden.
Im Budget der EU sind jährlich 75 Milliarden Euro für die Entwicklungshilfe in Drittstaaten vorgesehen. Damit ist die EU Weltspitze und beweist, wie ernst es ihr damit ist, Probleme schon vor Ort anzugehen und an Lösungen mitzuarbeiten. Wirtschafts-, Kriegs- und Umweltflüchtlingen kann so vorgebeugt werden. Die Mittel für diese humanitäre Arbeit sollten fortlaufend ausgebaut werden. Eine besondere Konzentration auf Afrika und hier speziell in den Bereich der schulischen, beruflichen und akademischen Bildung hat Priorität, um für die dort lebenden Menschen eine solide Existenzgrundlage zu schaffen. Die Not, die Heimat verlassen zu müssen, würde dadurch verringert und die Ausbildung von dort benötigten Fachkräften gestärkt.
Die Situation der Geflüchteten im Jahr 2015 deckte zahlreiche Mängel im bestehenden Asylsystem der EU auf. Die Zahl der Asylbewerber stieg 2014 auf über 600.000 Personen an und verdoppelte sich im Folgejahr auf über 1,3 Millionen. Es wurde deutlich, dass der EU die Infrastruktur fehlt, um mit den flüchtenden Menschen human und professionell umzugehen. Eine EU-übergreifende Erfassungsstelle von Flüchtlingen ist notwendig; ebenso leistungsfähige und sichere Aufnahmezentren zur Versorgung, Identifizierung und Einleitung der Asylverfahren. Es gilt vor allem, die südeuropäischen EU-Mitgliedstaaten zu entlasten. Ein verbindlicher Flüchtlingsverteilungsschlüssel muss dafür sorgen, dass alle EU-Mitgliedstaaten sich an der Bewältigung dieser Herausforderung entsprechend ihren Möglichkeiten beteiligen. Eine klare Benennung und Vermittlung der Aufgaben und Verantwortungen jedes Mitgliedstaates in der Asylpolitik der EU kann dabei helfen, zukünftigen Missverständnissen oder zeitraubenden Diskussionen vorzubeugen.
Die Grundlage für die Zusammenarbeit aller Mitglieder in der EU sind die Werte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Diese Pfeiler unserer europäischen Gesellschaft gilt es unionsweit konsequent aufrechtzuerhalten und den Angriffen von Populisten und Nationalisten auf die europäische Wertegemeinschaft Paroli zu bieten. Von allen Mitgliedstaaten ist die Einhaltung der gemeinsam vereinbarten Regeln und Gesetze einzufordern. Vertrauen und Verlässlichkeit müssen das Handeln bestimmen, damit der Zusammenhalt gestärkt wird. Die zahlreichen aktuellen Krisen und Herausforderungen ermahnen zur Solidarität.
Die EU hat dafür Sorge zu tragen, dass die Sicherheitslage international wie innerhalb seiner Grenzen verbessert wird. Um wirkungsvoll gegen Kriminalität und Terrorismus vorgehen zu können, muss die Informationszentrale Europol (derzeit 1065 Mitarbeiter, 116 Millionen Euro Budget) deutlich ausgebaut werden. Dazu gehört die Zuweisung länderübergreifender Ermittlungskompetenzen sowie von Exekutivbefugnissen. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung und dem Einzug von e-Governance ist die Abteilung O3, die sich mit Cyber-Kriminalität beschäftigt, besonders zu fördern. Hier ist es notwendig, die Fähigkeiten der EU zur Abwehr von Cyber-Angriffen auszubauen und sich auf kriegerische Auseinandersetzungen im virtuellen Raum vorzubereiten.
So wie die EU nach innen robuster aufzutreten hat, um ernst genommen zu werden, muss auch in der Außenwirkung zu mehr Selbstständigkeit gefunden werden. Die EU kann zuversichtlich auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken und sollte den Mut fassen, autonomer zu agieren. Gerade in der Sicherheitspolitik gibt es noch viele Defizite. Die kollektive Verteidigung innerhalb der NATO wird von der EU ernst genommen, Teilhabe wie Mitsprache können aber weiter ausgebaut werden. Die EU sollte sich in ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik mehr als bisher von den USA lösen und einen eigenen Weg einschlagen, ohne jedoch die transatlantische Partnerschaft zu vernachlässigen.
Dabei muss immer der Vorrang der Diplomatie gelten. Europa kann nach dem Ende des Kalten Krieges umdenken – die Zeit von konventionellen Kriegen auf dem alten Kontinent ist vorbei. Aber auch Militäreinsätze im Ausland sind keine Lösung. Einer vorausschauenden Friedenspolitik ist hier der Vorzug zu geben vor „Säbelrasseln”. Geeignete Präventivmaßnahmen wie Verhandlungen, Sanktionen und das Verbot von Waffenexporten in Krisengebiete sind meist der wirkungsvollere Weg.
Die Sicherheit der Ostgrenze der EU und des Friedens in den Anrainerstaaten erscheint vor dem Hintergrund der letzten Entwicklungen ganz besonders gefährdet. Die EU muss eine umfassende Ostpolitik entwickeln, die unter Einbezug von Belarus, Ukraine und Russland auf dauerhafte Stabilität für die Region hinarbeitet. In der Ostukraine aber herrscht Krieg – die OSZE steht bereit, einen geschlossenen Waffenstillstand zu überwachen. Im Zuge fortschreitender Annäherung und Konsensbildung können dann die Sanktionen gegenüber Russland Stück für Stück abgebaut werden.
Ein wichtiger Teil der Friedenssicherung ist Abrüstung. Die EU kann innerhalb ihrer Grenzen einen gewichtigen Beitrag hierzu durch Eindämmung der Rüstungsindustrie und den Stopp der Ausfuhr von Rüstungsgütern leisten. Auch zu einem klaren „Nein“ zu Atomwaffen muss sich die EU durchringen. Es gilt, auf ein globales Verbot atomarer Waffenarsenale hinzuarbeiten.
Die historische Errungenschaft der EU dürfen wir keineswegs als selbstverständlich ansehen. Sie wird den Frieden auf diesem Kontinent nur dann auch für zukünftige Generationen sichern können, wenn sie dazu in der Lage ist, sich zu verteidigen. Nationale Armeen stoßen angesichts der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts an ihre Grenzen. Auch wenn konventionelle Kriege in Europa als ausgeschlossen gelten, erscheinen asymmetrische Bedrohungsszenarien umso realistischer. Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz ist gerade aufgrund ihrer pazifistischen Grundhaltung daher langfristig für eine Übertragung des Auftrages der Verteidigung an die EU. Die Bündelung der Streitkräfte der EU-Mitgliedstaaten muss aber insgesamt eine deutliche Senkung der Truppenstärken und Bewaffnung mit sich bringen. Nur so kann die EU ein Zeichen für Abrüstung und Frieden setzen. Mit dem schrittweisen Ausbau zur Verteidigungsunion kann ein bedeutsamer Schritt in Richtung Einigkeit und Frieden gemacht werden.
Da die EU die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten hat und weil auch weiterhin asymmetrische Bedrohungsszenarien realistisch erscheinen, kann sich die EU trotz ihrer pazifistischen Grundausrichtung dem Unterhalt einer Streitmacht nicht verschließen. Damit gleichzeitig dem Abrüstungsgebot entsprochen werden kann, sollten die nationalen Armeen der EU-Mitgliedstaaten abgebaut werden, um in eine den aktuellen Sicherheitsbedürfnissen entsprechende europäische Armee mit ausschließlichem Verteidigungscharakter überführt zu werden. Hierbei muss Wert darauf gelegt werden, dass weder die USA noch Russland oder andere Staaten sich durch die neu zu schaffende Europäische Armee bedroht fühlen können.
In ihrer Außenpolitik soll die EU auf den Ausbau der fairen Handelsbeziehungen zu anderen Wirtschaftsräumen setzen. Die schon bestehenden und noch einzugehenden Handelsverträge sollten dem Gebot der Nachhaltigkeit und der Durchsetzung der höchsten Standards unterworfen werden. Gerade die Ziele von Tier-, Umwelt- und Klimaschutz müssen in der ökonomischen Sphäre so wichtig und selbstverständlich werden wie Gewinnstreben. Exportsubventionen sind genau zu prüfen und auf ein Minimum herunterzufahren, um die Märkte der Handelspartner der EU zu schützen. Besonderes Augenmerk gebührt hierbei der ernsthaften Korruptionsbekämpfung. Faire globale Handelsbeziehungen sind das Ziel.

Dafür setzen wir uns ein:
• Auf globale Herausforderungen wie Klimawandel oder Terrorismus können nur supranationale Gebilde wie die EU Antworten finden und Lösungen durchsetzen.
• Deshalb sollte in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) nicht mehr nur in Einstimmigkeit, sondern auch mit einer qualifizierten Mehrheit entschieden werden können. Langfristig sollte die EU einen mit vollumfänglichen Rechten ausgestatteten EU-Außenminister einsetzen, der alle Mitglieder gleichermaßen vertritt.
• Die EU fühlt sich dem Multilateralismus sowie dem Ausbau der internationalen Zusammenarbeit auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene verpflichtet.
• Maxime ihres Auftretens und Handelns ist die Entwicklung und Festigung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Auch den von der EU festgelegten Tierschutz gilt es stärker zu betonen und sukzessive zu Tierrechten auszubauen.
• Diese Werte der EU müssen gegenüber anderen Staaten deutlich sichtbar und ohne Abstriche vertreten werden. Entwicklungshilfe ist an Fortschritte bei diesen Grundwerten zu koppeln.
• Die 17 Sustainable Development Goals (SDGs, Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der UN) müssen mit den dafür notwendigen Anstrengungen ernsthaft angegangen werden. Die europäischen Staaten müssen Vorreiter hierbei werden und die EU hat sich diesen Zielen verpflichtet zu fühlen.
• Für eine wirkungsvolle Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus muss die Informationszentrale Europol deutlich ausgebaut werden – ebenso die Abteilung für Cyber-Kriminalität.
• Der Diplomatie und einer vorausschauenden Friedenspolitik ist Vorzug zu geben vor „Säbelrasseln”. Geeignete Präventivmaßnahmen wie Verhandlungen, Sanktionen und das Verbot von Waffenexporten in Krisengebiete sind meist der wirkungsvollere Weg.
• Die kollektive Verteidigung in der NATO weiter fortsetzend, sollte sich die EU mehr als bisher von den USA lösen und einen eigenen Weg einschlagen, ohne jedoch die transatlantische Partnerschaft zu vernachlässigen. Ein schrittweiser Ausbau zur Verteidigungsunion und einer europäischen Armee kann langfristig die Streitkräfte der EU-Mitgliedstaaten bündeln bei gleichzeitiger Senkung der Truppenstärken und Bewaffnung.
• In der Handelspolitik sollte dem Gebot der Nachhaltigkeit und der Durchsetzung möglichst hoher Standards bei Arbeitsbedingungen, Tier-, Umwelt- und Klimaschutz Priorität eingeräumt werden. Exportsubventionen sind genau zu prüfen und auf ein Minimum herunterzufahren, um die Märkte der Handelspartner der EU zu schützen.

ASYLPOLITIK
Harmonisierung statt Abschottung – für eine menschliche Flüchtlings- und Asylpolitik

Die Destabilisierung politischer Verhältnisse weltweit, insbesondere die Eskalation im Nahen Osten („Arabischer Frühling“) und die Bürgerkriege in Syrien und dem Sudan fordern die Europäische Union und deren bisherige Flüchtlingspolitik in bisher historisch unbekanntem Ausmaß heraus. Die Öffnung der Grenzen zwischen Ungarn und Österreich im September 2015 markierte den Höhepunkt einer neuen Flüchtlingsbewegung. Das bisher verfolgte Prinzip der europäischen Flüchtlingspolitik – Personenverkehrsfreiheit im Binnenmarkt bei gleichzeitiger Abschottung nach Außen – offenbarte dessen Schizophrenie. Mit dem Fokus der Politik der Externalisierung der Grenzen, also ihrer Vorverlagerung in andere Staaten, traf die hohe Zahl Schutzsuchender die EU unvorbereitet. Die dadurch ausgelösten politischen und gesellschaftlichen Konflikte innerhalb der EU-Mitgliedstaaten um Verteilungs- und nationalstaatliche Souveränität dauern bis heute an. Die anfänglich euphorische Willkommenskultur und das gegenseitige Beschwören, eine gemeinsame Lösung für den hohen Flüchtlingsansturm zu finden, wich schnell einer Desillusionierung: In kurzer Zeit mussten Lösungen für eine gemeinsame Asylpolitik her, nachdem man jahrzehntelang mit allen Kräften schutzsuchende Menschen von der EU fern zu halten versuchte.
Grundsätzlich zielt die Asyl- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Union auf ein kollektives Asylsystem und eine einheitliche Migrationspolitik ab, mit der sichergestellt ist, dass alle Geflüchteten innerhalb der EU gleichbehandelt werden und jeder Mitgliedstaat das gleiche Schutzniveau erfüllt. Jedoch wurde kein gemeinsames Recht mit Beteiligung supranationaler Institutionen beschlossen, sondern weiterhin die nationale Souveränität in wechselseitiger Akzeptanz der jeweiligen Regeln des anderen Landes aufrechterhalten. In zwei wesentlichen Fragen konnten sich die EU-Mitgliedstaaten bis heute nicht einigen: In der Verantwortungsverteilung und der Schaffung legaler sicherer Wege Schutzsuchender in die EU. Gleichzeitig betrieb die EU systematisch ihre Erweiterung Richtung Osten und näherte sich somit kontinuierlich an instabile Länder- und Grenzregionen an.
Eine Verteilungsordnung soll die Gefahr der Überlastung der sogenannten ersten Ankunftsstaaten verhindern. Jedoch ist die derzeitige Priorität, Europa grundsätzlich vor Schutzsuchenden abzuschotten, etwa indem diese vor Eintritt in die EU identifiziert und zur Rückkehr gezwungen werden.
Vereinfacht ließe sich zusammenfassen: International und nachhaltig angelegte Flüchtlingspolitik wäre erfolgreich, wenn es erst gar nicht zu Flucht und Vertreibung kommen muss und sich dennoch jeder Mensch sicher sein kann, notfalls in anderen Ländern aufgenommen zu werden.
Angesichts der ankommenden Geflüchteten seit 2015 wäre zu erwarten gewesen, dass a) die EU-Außen- und Handelspolitik deutlich Bemühungen zeigt, grundsätzliche Fluchtursachen präventiv und nachhaltig zu bekämpfen und b) innerhalb der Mitgliedstaaten eine gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik beschlossen wird, die Schutzsuchende unterstützt und ihnen Teilhabe an unserem Wohlstand und Sicherheit gewährleistet.
Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Balkan-Route wurde für Schutzsuchende geschlossen, Ungarn konnte ungehindert einen Grenzzaun errichten und es folgte eine Kettenreaktion an Wiederaufnahmen von Grenzkontrollen innerhalb der EU. Man vereinbarte ein Rücknahmeabkommen mit der Türkei, einem Land in dem die Meinungsfreiheit sukzessive abgenommen hat und Minderheiten brutal bekämpft werden. Das Budget von FRONTEX, der europäischen Grenz- und Küstenschutzagentur, wurde erhöht und ihr Handlungsfreiraum gestärkt. Rüstungsexporte außerhalb der EU und NATO wurden nicht reduziert.
Trotz der offensichtlichen Dringlichkeit ob anhaltender globaler Flüchtlingsbewegungen, anhaltender und sich andeutender militärischer und wirtschaftlicher Konflikte an den EU-Außengrenzen lässt sich an den Anerkennungsverfahren und -quoten nicht ersehen, dass sich das Bereitschaftsniveau hinsichtlich der Aufnahme schutzsuchender Menschen geändert hat. Auch die Lebensbedingungen der Asylantragsteller und Schutzsuchenden sind in den Mitgliedstaaten der EU teilweise katastrophal. Die „Festung Europa” fordert weiterhin täglich Tote, weil Menschen versuchen, mit seeuntüchtigen Booten oder versteckt in LKW- oder See-Containern illegal die Grenzen zur EU zu überwinden.
Es ist eine Schande, dass Europa trotz der eindrücklichen Erfahrungen und dem deutlich gewordenen Elend der letzten Jahre offensichtlich nichts gelernt hat und nach wie vor auf schutzbedürftige Menschen mit der Aufrüstung der Grenzkontrollen und mit Abschottung reagiert. Diese Politik steht in krassem Gegensatz zur Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die Europäische Union ist, jedenfalls offiziell, eine Wertegemeinschaft, die sich von den unveräußerlichen Rechten des einzelnen Menschen ableitet. Sie kann ohne Verrat an sich selbst nicht bei ihrer bisherigen Asyl- und Flüchtlingspolitik bleiben.
Weltweit halten die globalen Fluchtbewegungen von Menschen an und nehmen weiter zu: Den Vereinten Nationen (UNHCR) nach waren 2013 schätzungsweise 51,2 Millionen Menschen auf der Flucht, Ende 2017 waren es bereits 68,5 Millionen! Die Hauptfluchtgründe sind Bürgerkriege, militärische Konflikte und Armut, aber auch die Auswirkungen der fortschreitenden Erderwärmung („Klimaflüchtlinge“). Hier muss Europa endlich mehr Verantwortung übernehmen und Menschlichkeit zeigen, ohne dabei Institutionen und Strukturen zu überfordern. Das fehlende Verantwortungsbewusstsein der EU wird besonders in Griechenland deutlich: Gemäß des Dublin-Abkommens ist Griechenland als EU-Mitglied, in dem die Mehrzahl der Geflüchteten zuerst EU-Territorium betreten, für deren Schutz verantwortlich. Die Lebensbedingungen für Geflüchtete sind dort dermaßen menschenunwürdig, dass andere EU-Staaten dort nicht mehr zurückschieben dürfen. In Griechenland mangelt es Geflüchteten an Allem: Es gibt kein funktionierendes Asylsystem, wenig Unterkünfte, Nahrungsmittelknappheit und mangelnde medizinische Versorgung. Das von der schweren ökonomischen Krise ausgemerzte Land wird in dieser Situation von der EU sich selbst überlassen. Die Migration hat teilweise zu sozialen und finanziellen Konflikten in einzelnen Mitgliedstaaten sowie zur Zunahme von Fremdenfeindlichkeit geführt. Das Asyl- und Flüchtlingsproblem kann nur durch die Mitgliedstaaten der EU gemeinsam bewältigt werden! Die EU muss vor allem in ihrer Politik präventiv bei den Ursachen von Migration und Flucht ansetzen: konsequente Armuts- und Hungerbekämpfung, Konfliktverhütung in Entwicklungs- und rohstoffreichen Ländern und aktive Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels.
Sie muss aber auch eine Tatsache zur Kenntnis nehmen: In der Vergangenheit war Europa ein Auswanderungskontinent gewesen, Menschen aus allen europäischen Staaten wanderten – um der Armut oder politischen Repressalien zu entgehen – nach Nord- und Südamerika, nach Australien und sogar nach Asien und Afrika aus. Jetzt ist Europa zur Zielregion von Einwanderung geworden. Wir sind angesichts unserer eigenen Vergangenheit einer menschlichen Asyl- und Flüchtlingspolitik verpflichtet.
International müssen weitere konkrete Verträge geschlossen werden, die zum Ziel haben, die weltweiten Ungerechtigkeiten abzubauen. So sind auch gezielt Bildungsprojekte und medizinische Versorgung zu finanzieren, um die Zukunftsperspektiven und Lebensumstände der jungen Menschen zu verbessern. Das reine Abwerben von bereits ausgebildeten Menschen, um den Arbeitgebern in den reichen Ländern mehr Profite zu ermöglichen, muss gestoppt werden. Migration kann Vorteile für alle Erdteile haben, aber nicht, wenn der Effekt des Brain Drains (Wegzug der gut ausgebildeten Menschen) überwiegt. Eine Ausgleichszahlung an die ärmeren Länder muss von der EU vorgenommen werden, wenn eine Internationalisierung der Arbeitsverhältnisse zum Vorteil Aller das Ziel ist.
Die Einwanderung nach Europa muss geregelt werden. Menschen weltweit wollen ihr Potenzial ausschöpfen und dort arbeiten, wo die Bedingungen für sie und ihren Beruf am besten sind. Während EU-Bürger zumeist problemlos in fast alle Länder auswandern können und dies auch Hunderttausende jährlich tun, besteht das gleiche Anrecht für Nicht-EU-Bürger nicht. Wir setzen uns daher für ein modernes Einwanderungsgesetz ein, das Talenten und Fachkräften ermöglicht, sich ohne Hürden in der EU niederzulassen. Ein Punktesystem („kanadisches Modell“) wird hierbei stark diskutiert und weist einige gute Ansätze auf. Wer bereits einen Arbeitsvertrag hat, erhält besonders gute Chancen in diesem System, aber auch Fachkräfte ohne Jobaussicht können einwandern und innerhalb einer bestimmten Frist Arbeit finden. Einwanderungswillige sollen nach einer Online-Bewerbung und bei entsprechender Geeignetheit in die jeweiligen Auslandsvertretungen zu Vorstellungsgesprächen geladen werden. Die jährliche Quote an Einwanderung und branchenspezifische Regulierungen sind mit diesem Instrument möglich, ebenso wie aktuell notwendige Anpassungen der Punktevergaberegeln. Das Ziel ist ein einheitliches System, das die verschiedenen Migrations- und Aufenthaltsregelungen unter einem Dach bündelt.
Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz möchte die positiven Aspekte solch eines Systems aufgreifen und europaweit umsetzen lassen. Auch möchten wir einige Nachteile des Punktesystems, die in der Debatte leider vorherrschen, beseitigen. Wer bereits einen Arbeitsvertrag hat, darf nicht der strengen Bewertung unterliegen, sondern muss ohne größere Hürden immigrieren dürfen. Arbeitsverträge müssen grundsätzlich auf die Einhaltung sozialer Standards geprüft werden, um Lohndumping zu verhindern. Wer einen Ausbildungsvertrag abschließt, soll nicht der Bewertung unterliegen. Der Familiennachzug muss erleichtert werden, also im Punktesystem bevorzugt werden. Bereits hier lebende Asylsuchende und Schutzberechtigte müssen grundsätzlich die Möglichkeit erhalten, sich nach dem Punktesystem als Einwanderer zu bewerben („Spurwechsel“). Die bislang diskutierten Befristungen von ein bis drei Jahren für die Aufenthaltsgenehmigungen sind auszuweiten, da sie mit den Bedingungen im Erwerbsleben nicht kompatibel sind. Die Anforderungen zum Nachweis des Lebensunterhalts müssen so gestaltet werden, dass sie auch mit diversen Sozialleistungen kombinierbar sein können. Auslandszeiten während der Aufenthaltsgenehmigung müssen uneingeschränkt möglich sein. Das Einwanderungsgesetz muss eingebettet werden in ein Gesamtkonzept für Migration, Integration und Fluchtursachenbekämpfung. Das bedeutet, dass sichere Flucht- und Ausreisemöglichkeiten geschaffen werden müssen, eine faire Verteilung der Migranten gewährleistet werden sollte und faire globale Handelsbeziehungen sowie Friedenssicherung die beiden obersten Gebote jeder EU-Außenpolitik zu sein haben. Zudem sind umfangreiche Bildungsinvestitionen der EU in Ländern vorzunehmen, die von Brain Drain durch Emigration, die etwa durch das Einwanderungsgesetz entsteht, betroffen sind. Innerhalb der EU muss ein Schwerpunkt die Sprachförderung werden, da nur so eine gelingende Integration in den beruflichen, kulturellen und privaten Alltag möglich ist.
Migration kann zum Vorteil aller Länder und aller Menschen werden, wenn man sie richtig macht.
Nicht vorteilhaft ist in diesem Kontext das EPA-Abkommen (Economic Partnership Agreement) mit Afrika. Die EU gibt an, hier angeblich die Anforderungen der Welthandelsorganisation zu erfüllen. Das bedeutet, dass Märkte unbegrenzt für Importe geöffnet werden sollen und der Zugang zu Rohstoffen erleichtert werden soll. Statt gegenseitigen Mehrwert zu schaffen, vergrößert diese Form der Handelsliberalisierung vor allem in den afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP) die Armut durch wirtschaftliche Abhängigkeit und die fehlenden Optionen, sich autonom vom Weltmarkt unabhängig zu entwickeln. Die landwirtschaftliche und regional existierende Produktion ist der Konkurrenz des zumeist stark subventionierten Exports der EU ausgeliefert. Regionale Landwirtschaft und lokale Produktion werden in den EPA-Staaten damit vernichtet. Lediglich die Handelspartner im globalen Norden profitieren von solchen Abkommen und vergrößern somit die globalen Ungerechtigkeiten.

Dafür setzen wir uns ein:
• Die Europäische Union muss eine humane und wirksame Asyl- und Flüchtlingspolitik gestalten, das heißt: Menschenleben retten, Geflüchtete schützen und das Recht auf Asyl stärken.
• Durch EU-Richtlinien muss darauf hingearbeitet werden, dass die Aufnahmekapazitäten für Asylsuchende und Flüchtlinge in den Mitgliedstaaten aufgestockt und anhand der Kapazitäten einzelner Mitgliedstaaten verteilt werden.
• Bilaterale Abkommen zur Externalisierung des EU-Grenzschutzes müssen aufgekündigt werden und sind grundsätzlich abzuschaffen.
• Eine Reform der Anerkennungsverfahren ist überfällig. Sie müssen unbürokratischer werden und gewährleisten, dass Asylsuchende nicht diskriminiert werden und die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention umsetzen.
• Die internationale Initiative der „Solidarity Cities“ unterstützen wir, da Humanität und Solidarität mit Geflüchteten mehr denn je ein Anliegen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort werden muss. Sie soll aber nicht als Ersatz für notwendige nationale und supranationale Regelungen fungieren.
• Die Lebensbedingungen in den Flüchtlingsauffanglagern der EU müssen verbessert werden. Sichere Fluchtrouten, auf denen niemand Gewalt oder Todesgefahren ausgeliefert ist, sind zu gewährleisten.
• Präventive Maßnahmen gegen die Ursachen von Migration und Flucht (Hunger, Armut, ökonomische Ungleichheiten, Kriege, Unterdrückung/Verfolgung) müssen in der EU-Politik die Priorität sein.
• Schulen und Hochschulen sowie medizinische Einrichtungen in den Entwicklungsländern und den Ländern, aus denen wir Rohstoffe importieren, müssen von der EU massiv finanziert werden, um die zunehmende globale Ungerechtigkeit schrittweise zu beseitigen. Nur so können die Effekte des Brain Drains durch Migration ausgeglichen werden.
• Fairtrade in sämtlichen Lieferketten muss durch die EU gefördert werden und Handelsabkommen der EU so beschaffen sein, dass Fluchtursachen durch zu große globale Wohlstandsgefälle abnehmen.
• Wir fordern ein gemeinsames und striktes EU-Rüstungsexportgesetz zur massiven Eindämmung des europäischen Waffenhandels mit Nicht-EU Ländern.
• Wir wollen ein modernes EU-weites Einwanderungsgesetz nach dem Punktemodell, das Arbeitsaufnahme, Arbeitssuche und Ausbildung ermöglicht. Es soll in ein Gesamtkonzept für Migration, Integration und Fluchtursachenbekämpfung eingebettet werden.

GESUNDHEITS- UND SOZIALPOLITIK
Gesundheit zwischen Fürsorge und Eigenverantwortung

Mit dem Vertrag von Lissabon verpflichtet sich die Europäische Union in Artikel 168, ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Aktivitäten der EU sind darauf ausgerichtet Synergien zu nutzen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern sowie Krankheiten und Gesundheitsgefährdungen vorzubeugen und zu bekämpfen. Die Europäische Gesundheitspolitik beruht dabei auf der engen Zusammenarbeit eigenständiger Gesundheitssysteme in den EU-Mitgliedstaaten. Dabei soll die Vielfalt der historisch gewachsenen nationalen Gesundheitssysteme gewahrt werden.
Die Schwerpunkte des EU-Gesundheitsprogramms sind 1. Gesundheitsförderung, Prävention und Förderung gesunder Lebensstile, 2. Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor grenzübergreifenden Gesundheitsgefahren, 3. Beitrag zu innovativen, effizienten und nachhaltigen Gesundheitssystemen, 4. Zugang zu besserer Gesundheitsversorgung. Diesen Zielen schließt sich die Partei Mensch Umwelt Tierschutz vollumfänglich an.
Auf internationaler Ebene lassen sich diese Ziele jedoch nur unter Berücksichtigung unserer bereits genannten Ziele im Bereich der Agrar- und Umweltpolitik und Verbraucherschutzpolitik verwirklichen. Lebensmittelskandale, Umweltschäden und unkontrollierter Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung stehen den EU-Gesundheitszielen diametral entgegen.
Lebensmittelsicherheit, eine saubere Umwelt und eine gute Sozialpolitik, wie von uns gefordert, sind Voraussetzungen für die Gesundheit aller EU-Bürger.
Das Zusammenleben der Menschen in Staat und Gesellschaft ist durch eine soziale Ordnung, durch ihre Politik und politischen Strukturen und ihre ökonomischen Bedingungen vorgegeben. Eine gerechte Verteilung der Ressourcen und Möglichkeiten sorgen für eine Plattform, die die Teilhabe in der Gesellschaft ermöglicht. Niemand darf abgehängt werden.
Emotionale Intelligenz bildet eine der wichtigsten Grundlagen in der Sozialkompetenz, dem Miteinander, dem Verstehen und Akzeptieren, in der Gesellschaft. Folglich ist ein freier Zugang zu Bildung, unabhängig von Herkunft und finanziellem Background, eine Basis für das Funktionieren einer Gemeinschaft. Bildung hat frei von Beeinflussung wie Religion und Politik zu sein. Länderübergreifend sind Studien- und Schulabschlüsse auf eine Basis der formellen Anerkennung zu bringen, sodass keinerlei Nachteile aus der Herkunft entstehen.
Freiräume sind länderübergreifend zuzulassen: Soziokultureller Raum zur Aktivierung und Beteiligung, die Orientierung am Willen, den Interessen und Ressourcen, die Hilfe zur Selbsthilfe, die Vernetzung und Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Einrichtungen sowie Angebote, die zielgruppen- und bereichsübergreifend sind. Es geht darum den Sozialraum selbst und somit die Lebensqualität in möglichst vielen Bereichen in der EU zu erhöhen.
Ein Werkzeug hierzu ist auch die Kunst, die Formen von Debatten eröffnen kann. Kunst gibt Anlass zu gesellschaftlicher Reibung sowie Auseinandersetzung und kann auch als ein Ventil dienen, Gefühle zu spüren und auszudrücken. Für eine sozialkompetente Gesellschaftsbildung ist ihr auf europäischer Ebene Raum zu geben.
Nur gleichwertige Lebensverhältnisse, unabhängig vom Herkunftsland und Einschränkungen, geben faire Chancen auf echte Teilhabe. Europa benötigt hierzu übergreifende Sichtweisen und Förderkonzepte.
Die Zukunft stellen unsere Kinder dar, europaweit. Kinderarmut ist nach wie vor ein großes Problem und bedarf Lösungen. Nicht nur regional, sondern länderübergreifend ist hier eine Einflussnahme unabdingbar, die sozialen Ungleichgewichte auszugleichen. Förderprogramme und Unterstützung für die Kindesentwicklung sind verstärkt zu fördern. Durch die Digitalisierung wird Bildung ein länderübergreifendes Thema, was von der EU gesamt aus sozialer Sicht aufgenommen werden muss, auch unter Schutzaspekten.
Europa hat nur eine menschliche Chance, wenn auch der Arbeitsmarkt europaübergreifend mit guter und qualitativer Arbeit funktioniert. Soziale und rechtliche Schranken sind hier weiter abzubauen. Versteuerung muss dort geschehen wo die Arbeit stattfindet und es müssen klare Vertragsregelungen mit einem europaweitem Standard an Arbeitsbedingungen, dazu Arbeits- und Kündigungsschutz, Gesundheit am Arbeitsplatz, Arbeitszeiten und Arbeitsrecht sowie eine gesetzliche Unfallversicherung etabliert werden. Die arbeitsrechtliche Gleichstellung ist einzubeziehen, so dass Menschen mit Behinderung und Einschränkung nicht benachteiligt werden. Herkunft und Geschlecht müssen bei einer Entscheidung zur Eingehung eines Arbeitsverhältnisses neutral bewertet werden.
Es muss unkompliziert werden, in ganz Europa arbeiten zu können und es muss auch Freude machen, dieses zu wollen. Arbeitseinsatz muss da möglich sein, wo er gebraucht wird und nützlich ist. Davon können alle Länder nur profitieren und ein soziales Gefälle wird dadurch übergreifend besser ausgeglichen.
Europaweit ist die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes anzuerkennen und umzusetzen. Niemand darf benachteiligt werden aufgrund von Herkunft, Geschlecht oder körperlichen Merkmalen.
Das was sachlich gleich ist, muss gleich behandelt werden, eine willkürliche Differenzierung ist ausgeschlossen. Das gilt insbesondere für die Arbeitswelt, allerdings auch für alle anderen Bereiche des Lebens. Das Vorleben einer Gleichstellung ist auch prägend für eine Entwicklung im sozialen Verständnis einer Gesellschaft. Europa kann hier Grundsätzliches vorgeben.
Der Sozialstaat beruht auf den Prinzipien der Solidarität und Eigenverantwortung und einem Netz sozialer Gesetze, das von der Sicherung bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Alter bis zu Kindergeld und Wohngeld reicht. Das Ziel sollte sein, es diesbezüglich auf ein teilweise gleiches bzw. auf ein ineinandergreifendes System europaweit zu bringen. Nur so kann ein sozial gerechtes Europa mit Risikoabsicherung von Arbeitslosigkeit, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, Unfall, Krankheit, Alter und anderen sozialen Belangen funktionieren. Dazu gehört auch die Kooperation von Sozialpartnern, die sich in der paritätischen Finanzierung der Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ausdrückt.
Die soziale Absicherung des Einzelnen sollte für Europa zu den Schwerpunkten der Politik zählen, denn soziale Sicherheit ist die Basis für Lebensqualität europaweit. Ein ausgewogenes Verhältnis von Solidarität und Eigenverantwortung europaweit sollte dabei das Ziel sein.
Das derzeitige Rentensystem ist eines der Haupttriebkräfte für die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. Da die Pensions- und Rentenfonds zur Erwirtschaftung der privaten Rentenansprüche stetig stärkere Renditen erwirtschaften müssen, tragen sie maßgeblich zum Ausbau der Finanzbranche bei. Gewinner sind hierbei diejenigen, die sich eine private Altersvorsorge leisten können und die Akteure auf den Finanzmärkten. Verlierer sind die Geringverdiener, die auf die staatliche Rente angewiesen sind. Dies betrifft insbesondere Menschen, die sich viele Jahre um ihre Kinder und Pflege von Angehörigen kümmerten; zumeist Frauen und generell Langzeitarbeitslose, Minijobber und im Ehrenamt Tätige. Somit ist das derzeitige Rentensystem eine Umverteilungsmaschine von Unten nach Oben.
Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein höheres Lohnniveau sowie ein fließender Übergang in den Ruhestand sind Grundlage für ein gerechteres Rentensystem, weshalb wir die Förderung von Kindertageseinrichtungen befürworten, bessere Rückkehrmöglichkeiten nach Ruhezeiten, Investitionsprogramme für lebenslanges Lernen sowie attraktive Altersteilzeit- und Teilrentenmodelle. Rentenbezüge fließen weit überproportional in die lokale Wirtschaft, kommen schwächeren Familienmitgliedern zu und stellen somit solide Anker auch in Zeiten von Krisen dar. Eine Angleichung der Sozialsysteme innerhalb der EU muss langfristiges Ziel der politischen Entscheidungen sein.
Die private Altersvorsorge sehen wir kritisch und möchten stattdessen, dass das Umlagesystem ausgebaut wird, da nur so gesamtgesellschaftliche Ziele der sozialen Gerechtigkeit erreicht werden können und der Aufbau systemischer Risiken vermindert wird. Betriebliche Zusatzrenten können jedoch wertvolle Ergänzungen zur Absicherung im Alter darstellen. Das „Pan European Pension Product“ der EU-Kommission stützt zu sehr die Finanzindustrie und hat zu wenig die Sicherheit der Menschen im Blick, so dass hier dringend eingelenkt werden muss. Wir fordern eine europaweite Stärkung der Rechte von Menschen mit Niedrigrenten, die Angleichung der Rentenniveaus der Mitgliedsländer als Ziel europäischer Sozialpolitik, die Beseitigung von Rentenungerechtigkeiten für Frauen sowie steuerfinanzierte Demografieanpassungen, um Altersarmut abzubauen.
Das 2006 von der UNO-Generalversammlung verabschiedete und 2008 in Kraft getretene Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung, welches auch von der Europäischen Gemeinschaft verankert wurde, erkennen wir als selbstverständliches und nicht verhandelbares Menschenrecht an.
Auch 10 Jahre nach Inkrafttreten lassen sich innerhalb der Europäischen Gemeinschaft noch immer gravierende Verletzungen der UN-Behindertenkonvention durch die Vertragsstaaten feststellen. So muss neben Spanien auch Deutschland mit einem Untersuchungsverfahren wegen schwerwiegender und systematischer Menschenrechtsverletzungen rechnen, da es an politischem Willen fehlt, die Konvention umfassend umzusetzen.
Die Selbstbestimmung und Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, Inklusion und der uneingeschränkte und barrierefreie Zugang zur Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben, sowie der Schutz vor Diskriminierung und Ausgrenzung muss in ganz Europa gewährleistet sein!
Neben der generellen Einhaltung der europäischen Barrierefreiheitsrichtlinien im öffentlichen Raum, in Gebäuden, bei Veranstaltungen, Medien, Produkten und Dienstleistungen fordern wir überdies verbindliche Vorgaben im Bereich der Privatwirtschaft, um auch die barrierefreie Nutzung digitaler Angebote wie beispielsweise Apps sicherzustellen zu können
Bezahlbarer Wohnraum ist wesentliches Element sozialer Politik. Die EU hat jedoch bestimmte Förderungen von Sozialwohnungen als wettbewerbsverzerrend eingestuft, was in der praktischen Auswirkung nicht hinnehmbar ist. Dies wollen wir korrigieren und vielmehr noch mehr Mittel aus dem Struktur- und Investitionsfonds für den sozialen Wohnungsbau aufwenden lassen.
Die fundamental lebensnotwendigen Ressourcen sollen keinem Privatisierungsdruck unterliegen. Die Wasserversorgung muss unbedingt komplett in öffentlicher Hand bleiben, woran auch keine internationalen Handelsabkommen direkt oder indirekt etwas zu ändern haben.

Dafür setzen wir uns ein:
• Wir fordern eine Angleichung des Sozialsystems europaweit, als ein soziales Absicherungssystem für die Zukunft.
• Wir fordern, dass das Gleichstellungsgesetz Deutschlands europaweite Anwendung findet.
• Wir fordern Schlupflöcher für international tätige Arbeitgeber zu stopfen, die sich die für sie günstigsten nationalen arbeitsrechtlichen Bestimmungen aussuchen. Folglich müssen Arbeitsbedingungen und das Sozialsystem europaweit angepasst werden.
• Wir fordern die Versteuerung der Arbeit am Ort des Wirkens.
• Wir fordern die Förderung der Kindesentwicklung, des soziokulturellen Raums und der Kunst als eine Basis für die Zukunft von europäischer Prägung und Denkens.
• Wir fordern eine Forcierung der Rechte von Rentnern und eine Loslösung der Rentensysteme von den instabilen Finanzmärkten, da sie zum Risiko für Altersarmut werden können. Europäische Vorhaben, die Ausweitung der privaten Vorsorge zu unterstützen, kritisieren wir und fordern wirksamen Verbraucherschutz für private Altersvorsorge.
• Wir fordern umgehend die vollständige, umfassende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Wortlaut und Intention in allen EU-Mitgliedstaaten.

WIRTSCHAFTSPOLITIK
Für ein starkes Europa: Solidarität, soziale Gerechtigkeit, ökologische Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft hat wie keine andere von der EU profitiert. Der Euro brachte Preisstabilität für Verbraucher sowie in der Wirtschaft eine massive Vereinfachung der Exporte innerhalb des Binnenmarktes.
Ein geeintes Europa ist nicht nur in der Lage, Frieden nach innen zu bewahren, sondern auch sozialen Frieden zu erzeugen – indem etwa den destruktiven Aspekten von Finanzwirtschaft und Konzernmacht Einhalt geboten wird. Die EU darf Wirtschaftspolitik nicht für Konzerne machen, sondern ist in der Pflicht, für Prosperität aller Bevölkerungsschichten zu sorgen. Das hochriskante Treiben an den Finanzmärkten bedarf strenger Regelungen.
Die Partei Mensch Umwelt Tierschutz setzt sich daher für eine Finanztransaktionssteuer ein, befürwortet Richtlinien zur Sitzverlagerung, die Steuervermeidung unterbinden sollen, und stellt sich dem Steuerdumping entgegen. Derzeit wird die in Brüssel gemachte Politik von konservativen Politikern und Lobbyisten bestimmt. Wir verlangen eine rigorose Einschränkung des Industrielobbyismus: alle Kontakte von Abgeordneten und ihren Assistenten zu Lobbyisten müssen veröffentlicht werden.
Neben der politischen und wirtschaftlichen Einheit Europas muss sich Brüssel auch die Verbesserung der Lebensverhältnisse der EU-Bürger zur Aufgabe machen. Soziale Spannungen verschaffen Radikalen und Populisten Auftrieb. Die Lebensverhältnisse in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterscheiden sich stark, gerade im Süden und Osten Europas kämpfen die Menschen mit hohen Arbeitslosenzahlen, niedrigen Löhnen und unzureichenden Systemen der sozialen Sicherung. Die EU hat durch Verabschiedung eines rechtlichen Rahmens dafür zu sorgen, dass europaweit Mindestlöhne eingeführt werden, die nicht nur das nackte Existenzminimum sichern, sondern ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen.
Die Wirtschaftspolitik der EU hat einen Binnenmarkt ohne Zollschranken geschaffen, in dem überall einheitliche Regeln Geltung haben und der in erster Linie den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen sicherstellt. Das angeführte Ziel war grenzenloses Wirtschaftswachstum und Wohlstand im gesamten Euroraum. Angesichts der Gegenwart kurz vor der EU-Wahl 2019 scheint dieses Ziel in weite Ferne gerückt. Die EU steht innenpolitisch als auch außenpolitisch unter hohem Druck: Brexit, Trumps Zollpolitik, Italiens Haushaltplan (…). Diesen Herausforderungen muss die Europäische Union vereint und mit massiven strukturellen Veränderungen der aktuellen Wirtschafts- und Finanzpolitik begegnen. Das übergeordnete Ziel sollte sozialer Wohlstand und gesellschaftlicher Frieden für die Bürgerinnen und Bürger in der EU sein. Bis heute wirkt die Wirtschaftskrise von 2008 auf die Politik nach und ein, rechtspopulistische Parteien und EU-Gegner nutzen die Unsicherheit und fehlende Transparenz der EU-Institutionen gegenüber den Bürgern massiv aus.
Der freie Verkehr von Personen im europäischen Binnenmarkt hat wirtschaftlich zu einem diversen und interkulturellen Zusammenwirken von Beschäftigten in der EU beigetragen. Viele junge Menschen ergriffen die Möglichkeit, in ein europäisches Partnerland zu ziehen, um dort zu arbeiten, zu studieren oder einer Ausbildung nachzugehen. Viele Unternehmen haben sich dementsprechend organisiert und Standorte geschaffen, an denen Mitarbeiter aus ganz Europa zusammenkommen und gemeinsam zur wirtschaftlichen Wertschöpfung für die Union arbeiten. Somit schafft die primär wirtschaftlich ausgerichtete Vereinheitlichung gleichzeitig ein europäisches Bewusstsein und fördert ein europäisches „Wir-Gefühl“, welches aber durch die von aktuellen nationalen Abspaltungen ausgehende Unsicherheit und mangelnde Transparenz des Brüsseler Politikbetriebs gefährdet ist.
Die Vereinheitlichung der Europäischen Wirtschaftspolitik wurde bis heute nicht durch eine Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten flankiert. Eingriffe in die nationalen Hoheitsbereiche sind somit nicht möglich. Die Handlungsmöglichkeiten der EU beschränken sich also nur auf Teilbereiche der Wirtschafts- und Finanzpolitik und auf Mitzuständigkeiten. In diesem Umfeld wurde eilig die gemeinsame Währung implementiert. Die Mitgliedstaaten übertrugen zwar der Europäischen Zentralbank die Zinspolitik und einigten sich auf die Maastrichter Haushaltsregeln (jährliche Neuverschuldung maximal 3 %, Staatsverschuldung maximal 60 % der nationalen Wirtschaftsleistung), sie konnten sich aber nicht dazu durchringen, einer unabhängigen Behörde auch die Aufsicht über ihre Haushalts- und Wirtschaftspolitik zu übertragen. Vor allem der Steuersektor ist bis heute ein Tabubereich für die EU-Kommission. So wurden etwa niedrige Unternehmenssteuern in Irland, Griechenland und Zypern als Lockmittel für Betriebsverlagerungen aus Ländern mit höheren Steuersätzen zwar kritisiert, aber aufgrund fehlender Kompetenzen und angesichts der wirtschaftlichen Disparität im Vergleich zu den industrialisierten EU-Ländern wie Frankreich und Deutschland geduldet.
Ein weiterer Kardinalfehler der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik liegt darin, dass bei der Einführung des Euros das unterschiedliche Produktivitäts-, Lohn- und Sozialleistungsniveau sowie die Infrastruktur in den Mitgliedstaaten unberücksichtigt blieben. Dies führte zwangsläufig bei einer gemeinsamen Währung und freiem Handel und Wettbewerb gegenüber den hochtechnisierten und industrialisierten Staaten Kerneuropas dazu, dass Länder wie beispielsweise Griechenland, Portugal, Zypern und Spanien keine Chance hatten.
Die fehlende Kompetenz hinsichtlich einer Einflussnahme auf die nationale Wirtschafts- und Finanzpolitik führte dazu, dass sich die EU-Institutionen mit fragwürdigen Industrienormierungen beschäftigten und mit milliardenschweren Subventionen den internationalen Wettbewerb verzerrten. Dies führte neben anderen Faktoren zu der Krise, in der sich Europa heute befindet. Zwar resultiert die heutige wirtschaftspolitische Unsicherheit in der Eurozone aus einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren, jedoch ist die grundsätzliche Ursache, der „Geburtsfehler“, die schnelle Einführung des Euros bei unzureichenden Konvergenzkriterien: Durch die Gemeinschaftswährung wurden italienische, irische, spanische, portugiesische, griechische und zypriotische Staatsanleihen von den internationalen Finanzmärkten plötzlich als so sicher angesehen wie etwa deutsche oder französische Anleihen. Länder mit zuvor relativ schlechter Bonität kamen an billiges Geld und verschuldeten sich maßlos, was in Griechenland, Irland, Spanien, Portugal und anderen Ländern zu einem Wirtschaftsboom führte – vor allem durch Spekulationsblasen im Immobilienbereich. In der ersten Euro-Euphorie beschleunigte die Ausgabenpolitik der Regierungen zusätzlich den Aufschwung auf Pump. In der Folge kam es zu überdurchschnittlich starken Lohnerhöhungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer weiter verringerte. In der Hoffnung, dass sich alles von selbst regeln würde, wurden weiter Schulden gemacht, bis die Rating-Agenturen die Bonität dieser Schuldenländer herabsetzte und die internationalen Finanzmärkte entsprechend reagierten.
Trotz rechtzeitiger Mahnungen zahlreicher Wirtschaftswissenschaftler kam es zur Eskalation: Die Staatsanleihen jener Länder verloren kontinuierlich an Wert; die Zeit des billigen Geldes war vorbei und die Spekulationsblasen platzten. Dies verminderte die Wettbewerbsfähigkeit weiter und die damit einhergehenden Leistungsbilanzdefizite der Krisenstaaten nahmen zu. Da eine eigene Währung fehlte, konnte weder die Überhitzung der Wirtschaft gestoppt werden, noch konnte – über eine Abwertung – der Export inländischer Produkte oder Dienstleistungen angekurbelt werden. Die Abwärtsspirale nahm ihren Lauf: Rezession, Massenarbeitslosigkeit, Firmenpleiten, Börsencrash, drohende Staatsinsolvenz. Die Banken, die zuvor beim internationalen Finanzroulette kräftig mitgezockt und an den Wunden aus der Bankenkrise des Jahres 2008 noch zu lecken hatten, mussten Abschreibungen auf die Staatsanleihen der Schuldenländer in Milliardenhöhe vornehmen. Sie kamen ins Straucheln. Um den Euro und die Banken zu retten, schnürten die EU-Finanzminister ein Rettungspaket nach dem anderen und verordneten für die betroffenen Volkswirtschaften einen unmenschlichen Sparkurs, der die Rezession noch verstärkte. Von den Rettungspaketen profitierten nur die maroden Banken, denn für eine tatsächliche Ankurbelung der Wirtschaft in den Schuldenländern blieb kaum Geld übrig.
Der geschilderten Handlungsmaxime geschuldet fiel die EU von der Finanzkrise 2008 nahtlos in die derzeitige EU-Krise.
Infolge der Finanzkrise von 2008 wurden durch das EU- Parlament und den Rat zwar diverse Regulierungsvorschriften erlassen, um systemrelevante Großbanken auszubremsen, jedoch wurden diese bis heute durch den Druck der „Finanzlobby“ wenig umgesetzt.
Banken und Finanzmärkte tragen einerseits nicht mehr so stark wie früher zur Produktivität einer Volkswirtschaft durch effiziente Allokation des Kapitals bei, andererseits birgt ihr Handeln immer größere Risiken. Dieses Spannungsfeld muss von der Politik endlich ernst genommen und angegangen werden. Es muss, wie in vielen weiteren Politikbereichen auch, Schluss sein mit dem Motto „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.“
Daher muss die Bankenaufsicht innerhalb der EU-Politik oben auf der Agenda stehen. Strengere EU-Richtlinien zur Regulierung der Finanzmärkte und Banken sind unabdingbar. Die europäischen Finanzplätze sind durch eindeutige Verordnungen und entsprechende Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten konsequenter zu regulieren als bisher. Dazu zählen auch schärfere Bilanzierungsregeln für Banken.
Der Bankensektor in der EU muss reformiert und der Politik untergeordnet werden – und nicht andersherum! Als Lehre aus der Bankenkrise 2008 muss Großbanken sukzessive ihre Systemrelevanz entzogen, das Investmentbanking zerschlagen und es müssen Banken mit regionalem und ökologischem Leitbild installiert werden (Regionalisierung).
Wir brauchen eine verantwortungsvollere Zinspolitik der EZB. Die Zeit historischer Niedrigzinsen zur Ankurbelung der Wirtschaft muss ein Ende haben. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass die Bürger durch Niedrigzinsen auf ihre Spareinlagen heimlich enteignet werden.
Die europäischen Vorgaben für den Einlagenschutz (Spareinlagen bei Banken) reichen nicht aus. Sie sind auf mindestens 150.000 Euro zu erhöhen.
Nicht zuletzt fordern wir die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die EU muss auch an dieser Stelle dem Raubtier-Kapitalismus abschwören und dementsprechend zu einer Politik für alle Menschen anstatt für wenige Reiche übergehen.
Zur Stabilisierung der Binnenwirtschaft der Euro-Krisenländer ist ein befristeter „Marshall-Plan” unabdingbar. Er wird Geld kosten, aber er ist eine Investition in die Zukunft Europas. Er soll helfen, die grassierende Jugendarbeitslosigkeit zu reduzieren, er soll den Menschen in Griechenland, Spanien, Portugal und Zypern neue Perspektiven und ihnen das sichere Gefühl geben, dass wir sie nicht im Stich lassen.
Ebenso wie mit dem Vertrag von Maastricht eine Obergrenze für den Verschuldungsgrad und die jährlichen Haushaltsdefizite festgeschrieben wurde, sind die Militärausgaben der Mitgliedstaaten zu deckeln, die trotz des Endes des Kalten Krieges in den einzelnen Staatsbudgets immer noch viel zu hoch sind.
Unabhängig von der Frage hinsichtlich des Fortbestands des Euros muss Europa mit Augenmaß Sparen lernen – einerseits muss die zügellose EU-Subventionspolitik ein Ende haben, andererseits dürfen weder die EU noch ihre Mitgliedstaaten zu Tode gespart werden.
Da Griechenland, Italien und auch Frankreich tiefrote Zahlen schreiben, dürften die Vorgaben für den Fiskalpakt von 2012 nur schwer zu erfüllen sein. Als ersten Schritt zu einer Konsolidierung ihrer Haushalte müssen die Regierungen die Kriterien des Vertrages von Maastricht hinsichtlich der Schuldenbegrenzung einhalten.
Ein Hauptgrund für die europäische Schuldenkrise ist die auferlegte Austerität; Europa hat sich selbst einen Sparzwang auferlegt, es fehlt daher an öffentlichen Investitionen. Die aktuelle Unsicherheit durch den Brexit und den von Trump uns aufgezwungenen Handelsstreit bremst zudem private Investitionen teilweise aus.
Die in Krisen bereitgestellten Mittel im Rahmen des aktuellen Europäischen Stabilitätsmechanismus greifen zu spät und zu kurz. Es werden Mittel zur Bankenrettung eingesetzt und es wird Ländern ausgeholfen, die bereits keinen Zugang mehr zum Kapitalmarkt haben. Ein negativer Abschwung zieht grundsätzlich noch höhere Folgeausgaben und -kosten mit sich. Momentan wird versucht, Schulden mit Schulden zu begleichen: Das kann nicht funktionieren.
Disparitäten und soziale Ungleichheit schüren Ängste und fördern den Nährboden für politische Abspaltung und politische Extreme. Ein Solidaritätsfonds soll ausreichend Finanzmittel bereitstellen, um konjunkturabhängige Sozialausgaben zu finanzieren und den Arbeitsmarkt aktiv zu halten und dessen Stabilisierung zu fördern. Zudem sollte eine gemeinschaftliche Arbeitslosenversicherung zur Absicherung der Menschen in der EU beschlossen werden. Ausschließlich durch eine solidarische Gemeinschaft kann der Wohlstand und die Zufriedenheit der EU-Bürger hergestellt werden.
Europäische Strukturprogramme (Europäischer Fonds für regionale Förderung, EFRE) bieten allen europäischen Regionen an, Förderungsbedarf für die jeweiligen Förderungsperioden einzureichen und Investitionsmittel zu beantragen. Ziel ist Stabilität und Reduzierung der Disparitäten der wirtschaftlichen Entwicklungen der Länder untereinander. Hier muss unbedingt besser sichergestellt werden, dass die vorhandenen Mittel abgerufen werden können.
Die EU muss mehr Einfluss auf die nationale Steuerpolitik nehmen können; Unternehmenssteuer sowie Einkommens- und Lohnsteuer müssen sich in einer zu spezifizierenden Bandbreite bewegen. An einer europaweiten Reichensteuer (hoher Spitzensteuersatz) kommt die EU nicht vorbei, wenn sie die augenblicklichen Sozialstandards beibehalten will, denn die Bevölkerung in ganz Europa befindet sich in einem Überalterungsprozess. Eine Finanztransaktionsteuer ist unabdingbar, um die wachsende Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und kommende Finanzmarktkrisen zu verhindern. Ebenso sind wir für die Einführung einer Digitalsteuer; auch Unternehmen in diesem Bereich müssen finanzielle Verantwortung für das Gemeinwesen mittragen.
Die Einstimmigkeitsregel der EU ist bei fiskalpolitischen Belangen kritisch und führt dazu, dass u. a. Steueroasen innerhalb der EU bestehen können, da sich stets die betroffenen Länder gegen einheitliche Maßnahmen aussprechen. Hier muss eine Mehrheitsregel eingeführt werden, um das Steuerdumping zu unterbinden. Steueroasen sind ausnahmslos zu erfassen und Konsequenzen für Unternehmen, die sie benutzen, sollen eingeführt werden. Das Transparenzregister muss wirksam funktionieren.
In der Europäischen Union hat die Maxime vom stetigen Wachstum und Wohlstand zu einem immer höheren Verschuldungsgrad der einzelnen Mitgliedstaaten geführt. Dass Wirtschaftswachstum zu höheren Staatsschulden führt, klingt paradox, trifft aber oft zu. Vierzehn Mitgliedstaaten wiesen bereits 2012 eine Verschuldungsquote von mehr als 60 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung (Maastricht-Kriterium) auf. Die höchsten Verschuldungswerte finden sich im Jahr 2018 in Italien (188 %), Griechenland (180 %), Portugal (125 %), Belgien (107 %), Zypern (104 %), Frankreich (99 %) und Spanien (98 %).
„Kein Wohlstand ohne Wirtschaftswachstum” und „Stillstand ist gleichbedeutend mit Rückschritt” – dies ist das übliche Gedankengut jedes Politikers, der gewählt werden will. Dass diese Art zu denken dem gesunden Menschenverstand widerspricht, fällt kaum einem Politiker auf. Ging es uns letztes Jahr oder vor zwei, drei, vier oder fünf Jahren tatsächlich so schlecht, dass wir jedes Jahr mehr Wirtschaftswachstum gebraucht hätten? Zwar ist in einigen Kernstaaten der EU die CO2-Belastung leicht gesunken, jedoch wurden industrieintensive Produktionen ausgelagert und belasten daher weiterhin die Gesamtbilanz. Die ökonomischen Folgekosten durch den Drang nach exponentiellem Wachstum sind fatal – dringend bedarf es eines neuen nicht wachstumsgetriebenen Leitbildes welches den sozial-ökologischen Wohlstand der Menschen und deren Mitgeschöpfe in den Mittelpunkt rückt!
Dazu gehört beispielsweise auch, dass künftig ökologische und soziale Aspekte stets als Kriterien bei Entscheidungen, sei es über Subventionen, im Wettbewerbsrecht (Fusionen) oder bei der Bankenzulassung, berücksichtigt werden müssen.
Der Politik, die Wirtschaft und Währung vereinheitlichen wollte, fehlte von Beginn an die Einsicht, dem Wachstumswahn durch einen gesellschaftlichen und politischen Wertewandel zu begegnen. Zur Bewältigung der daraus entstandenen Krisen sind Einschnitte in unseren Lebensstandard notwendig. Aber besser eine Operation als eine Notoperation!

Dafür setzen wir uns ein:
• Das Global Financial Safety Net (GFSN unter besonderer Kooperation zwischen Europäischem Stabilitätsmechanismus und seinen Pendants AMRO und FLAR) muss weiter gestärkt werden.
• Die Bankenunion zur Verhinderung künftiger Finanzkrisen ist ein wichtiger Baustein europäischer Zusammenarbeit und soll vollendet werden.
• Ein Verbot von multiplen Verbriefungen, die das Ziel haben, Risiken zu verschleiern und zu streuen, ist notwendig, um schwere globale Wirtschaftseinbrüche wie die Subprime-Krise nicht zu wiederholen.
• Eine Trennung von riskanten Geschäftszweigen und dem Kredit-/Einlagengeschäft ist sinnvoll für die Stabilität der Wirtschaft und daher einzuführen. Ebenso sind Schuldenbremsen für Banken, um ausufernde Spekulationsgeschäfte zu unterbinden, eine Möglichkeit, um Stabilität und Vertrauen in die Finanzbranche wieder zu erreichen.
• Die persönliche Haftung von Bankern und ein Verbot der Koppelung von Boni an den Umsatz (stattdessen an langfristigen Zielen, die auch ethischen Standards entsprechen) sind einzuführen.
• Investitionen in die reale Wirtschaft, vorzugsweise dort, wo sie soziale Ungleichheiten verringern, Nachhaltigkeit und Ökologie fördern sowie Bildung ermöglichen, haben Vorrang.
• Eine deutliche Erhöhung der risikogewichteten Eigenkapitalforderungen bei den Banken sind notwendig für ein stabiles und nachhaltiges Finanzsystem.
• Die Kartellgesetze gegen Finanzkonzerne und Monopole müssen ausgebaut werden.
• Es müssen globale Kontrollen von Geldwäsche und Steuerhinterziehung wirksam eingeführt werden. Schattenbanken, die ein gigantisches Ausmaß angenommen haben, gehören strengen Regulierungen unterworfen.
• Eine Finanzmarkttransaktionsteuer, die ökonomisch vertretbar ist und deren Einnahmen für soziale, bildungs- und entwicklungspolitische, ökologische und ethische Ziele sowie eine Stabilisierung und nachhaltige Steuerung der Wirtschaft verwendet wird, befürworten wir und pochen auf eine zügige Einführung.
• Sparkassen und andere regionale Finanzdienstleister, insbesondere wenn sie sich ethische Verpflichtungen auferlegen, sind gegenüber den großen Banken und Versicherern zu stärken.
• Kommunen, öffentliche Einrichtungen, Länder und Regionen sollen bei Divestmentzielen (Abstoßen von Aktien, Anteilen, Anleihen die mit fossilen Energieträgern zu tun haben) unterstützt werden.
• Wir brauchen eine globale Finanzaufsicht, die auch Strafverfahren in Gang setzen kann gegen Institutionen und Personen, die sich nicht an Gesetze und Übereinkommen halten.

DIGITALPOLITIK
Versorgung sicherstellen, Chancen nutzen, Risiken regulieren

Der schnelle und ungehinderte Zugang der Bürger zum Internet bedeutet eine Möglichkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft und zu Informationen. Er ist inzwischen nahezu unabdingbar für Freiheit und Gleichheit. Außerdem muss diese Teilhabe für alle Menschen gewährleistet sein, unabhängig von sozialem Hintergrund oder Einkommen und somit als Teil des Existenzminimums anerkannt werden.
Besonders die ländlichen Regionen in Europa sind noch immer von der flächendeckenden Versorgung mit schnellen Internet-Zugängen ausgeschlossen. Da der Netzausbau teilweise nicht refinanzierbar ist, fordern wir Investitionsprogramme für entsprechende Ausbauprojekte, um Benachteiligungen auszuschließen und jedem Bürger den Zugang zu schnellem Internet garantieren zu können.
Weiterhin erachten wir es als unumgänglich, die Einrichtung digitaler Behörden zu fordern und zu fördern. Für eine Vielzahl von formalen Abläufen ist es nicht notwendig, persönlich oder brieflich zu kommunizieren. Besonders für Berufstätige, aber auch zum Beispiel für gesundheitlich oder körperlich eingeschränkte Menschen wäre eine leicht zugängliche Möglichkeit für den digitalen Austausch von Dokumenten und Anträgen zwischen den Bürgern und den entsprechenden Behörden von Vorteil. Zudem hat es ökologische Vorteile, wenn lange Anfahrten entfallen und der Papierverbrauch reduziert wird.
Unsere Digitalstrategie sieht eine Telematik-Infrastruktur vor, mit welcher Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken, Pflegeheime und andere Einrichtungen vernetzt werden können, um Gesundheitsunterlagen künftig zeit- und ressourcensparend auf elektronischem Wege zu übermitteln. Um im Bildungsbereich die Chancengleichheit in Europa zu gewähren, sollen alle Schulen und Hochschulen umgehend mit schnellen und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen sowie moderner Technologie ausgestattet werden. An Schulen soll verstärkt mit Notebooks und Tablets gearbeitet werden. Die Schüler und Schülerinnen müssen für das spätere Berufsleben auf die neuen Technologien vorbereitet werden.
Ein weiterer wichtiger Schritt der angepassten und zukunftsorientierten Digitalisierung ist es, in allen öffentlichen Einrichtungen wie Behörden, Krankenhäusern, Schulen oder Bibliotheken und stark frequentierten öffentlichen Plätzen freies WLAN zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung zu stellen (Freifunk).
Wir unterstützen die Entwicklung der digitalisierten Mobilität zwecks einer intelligenten Verkehrssteuerung und Stauvermeidung zur Sicherung ökologischer Nachhaltigkeit.
Digitalisierung darf jedoch die persönliche Sicherheit und Selbstbestimmung nicht gefährden. Eine flächendeckende Datenerhebung durch Technologiekonzerne oder durch staatliche Sicherheitseinrichtungen ist abzulehnen. Unternehmen, die gegen Datenschutzauflagen verstoßen, müssen konsequent sanktioniert werden. Daher sind mit dem Ausbau der Digitalisierung parallel auch die nationalen und regionalen Datenschutzbeauftragten zu stärken. Ebenso wichtig ist, dass Gesetzesverstöße im Netz wirksam verhindert und geahndet werden und hierfür die internationalen Befugnisse ausgeweitet werden. Auch das Recht auf Vergessen und der Schutz der Privatsphäre sind zu gewährleisten.
Urheberrechte sind uns wichtig, sollten aber nicht per se höhergestellt werden als die Meinungsfreiheit. Internetplattformen wie YouTube, Facebook und Twitter dürfen keine Uploadfilter benutzen, die die Meinungsfreiheit einschränken. Um die Urheberrechte trotzdem zu schützen, sollen Plattformen verpflichtet werden, Urheberrechtsverletzungen durch Erkennungssysteme wie es z. B. YouTube hat, die Urheber schneller bei Verletzungen zu informieren und urheberverletzende Inhalte zu sperren. Damit auch kleinere Plattformen eine Chance haben zu bestehen, wenn solche Erkennungssysteme verpflichtend eingeführt werden, sollen diese Erkennungssysteme subventioniert werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Netzneutralität. Diese muss erhalten bleiben, da die Interessen aller privaten und kommerziellen Nutzer gleichberechtigt sind. Durch eine Aufhebung der Netzneutralität könnten größere, finanzstärkere Unternehmen gegenüber kleineren Unternehmen von den Internetanbietern bevorzugt werden.

Dafür setzen wir uns ein:
• Die Einrichtung digitaler Bürgerbüros, um Behördengänge schneller zu erledigen, muss konsequent angegangen werden.
• Durch eine zu schaffende digitale Infrastruktur sollen Gesundheitsunterlagen zeit- und ressourcensparend und zugleich sicher elektronisch übermittelt werden können.
• Eine digitalisierte Mobilität, die eine intelligentere Verkehrssteuerung und Stauvermeidung ermöglicht, soll unterstützt werden.
• Freies WLAN ist in allen öffentlichen Einrichtungen wie Behörden, Krankenhäusern, Schulen oder Bibliotheken und stark frequentierten öffentlichen Plätzen zu gewährleisten.
• In Schulen soll verstärkt mit neuen Technologien wie Tablets und Notebooks gelernt werden, um die Schüler besser auf das Berufsleben vorzubereiten.
• Die Netzneutralität muss erhalten bleiben. Das Recht auf Vergessen und der Schutz der Privatsphäre sind zu gewährleisten.
• Gesetzesverstöße im Netz müssen wirksam geahndet werden können.
• Konsequente Sanktionen gegenüber Unternehmen, die gegen Datenschutzauflagen verstoßen.
• Wir fordern eine Digitalsteuer für Konzerne, die ideelle Produkte vermarkten, deren Erzeugung derzeit nicht einem Nationalstaat zuordenbar ist. Diese Konzerne, die zudem oftmals Monopolstellungen aufweisen, müssen künftig dort besteuert werden, wo sie durch ihre Nutzer Umsatz erzeugen.
• Auch die digitalen Konzerne wie Google oder Facebook zeigen einen beunruhigenden Trend hin zu einseitiger Marktmacht und Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Einfluss auf politische Ereignisse. Die EU muss sich hier für die Rechte der Nutzer einsetzen.

EUROPAPOLITIK GEGEN „RECHTSRUCK“
Liberale und multikulturelle Gesellschaft statt „brauner Sumpf”

Nationalistische, reaktionäre, populistische und rassistische Parteien sind in Europa auf dem Vormarsch, gewinnen zunehmend an Einfluss und gefährden die Grundprinzipien und freiheitlichen Werte eines vereinigten Europas.
Im EU-Land Ungarn marschieren unter der Fidesz-Regierung „Extrem-Rechte” ebenso auf wie in Griechenland (rechtsradikale Partei Goldene Morgenröte). In Österreich stellt die ausländerfeindliche FPÖ den Kanzler in einer Koalition mit der Österreichischen Volkspartei. In Frankreich liegt bei Umfragen für die Europawahl 2019 die rechte Rassemblement National in Führung, in Deutschland etabliert sich rechtsextremes Gedankengut dank der AfD längst in allen Parlamenten und auch in anderen Ländern, von Italien (unter der Führung der rassistischen Lega),über die rechtspopulistische PVV in den Niederlanden, bis hin zu den Schweden-Demokraten sieht es nicht besser aus.
Der „rechte Rand” krakeelt populistisch gegen Zuwanderung und gegen Menschen ausländischer Herkunft, er wettert gegen die Gemeinschaftswährung und gegen die Europäische Union. Strammer Patriotismus und Rechtspopulismus kommen in Krisenzeiten gut an. Eine „tiefbraune Fraktion” im Europäischen Parlament könnte 2019 Realität sein und die Unabhängigkeit von Justiz, Presse oder die Freiheit der Künste gefährden.
In Zeiten des Erstarkens der extrem Rechten stehen wir für ein solidarisches Europa, welches aus der Vergangenheit gelernt hat und völkisch-rassistischem Gedankengut gezielt den Kampf ansagt. Wenn die Europäische Union ihre Grundrechtecharta ernst nehmen will, muss sie jetzt handeln und durch geeignete Maßnahmen dem alarmierenden „Rechtsruck” Europas entgegensteuern, ohne dabei die demokratischen Grundrechte auf politische Willensbildung und Meinungsäußerung oder andere Grundrechte zu beschneiden.
Obwohl die EU-Kommission durch die Souveränität der Mitgliedstaaten hinsichtlich einer angemessenen Antwort auf rechtsradikale Parteien sehr eingeschränkt ist, gäbe es dennoch einige Möglichkeiten, Europa vor einem „Rechtsruck” zu bewahren.
Weiterhin fordern wir die gemeinsame EU-Erklärung gegen Antisemitismus und die Erhebung nationaler Daten zu Hasskriminalität, einschließlich antisemitisch motivierter Straftaten in allen Mitgliedstaaten.
Die verfügbaren offiziellen, jedoch aufgrund einer nicht verpflichtenden Dokumentation bislang nur unzulänglichen Daten belegen, dass Antisemitismus eine zunehmende Gefahr für die ca. 1,5 Millionen Juden in der EU ist.
Um reelle Erkenntnisse über das Ausmaß, Art und Merkmale des Antisemitismus innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu gewinnen, ist es notwendig, die Datenerhebungsverfahren in den EU-Staaten verbindlich zu gestalten und zu vereinheitlichen und diese mit Systemen auszustatten, die es den Behörden erlauben, Straftaten zu dokumentieren.
Um die Dunkelziffer bei antisemitischen Straftaten zu reduzieren, müssen Opfer außerdem intensiver zu Strafanzeigen und Zeugenaussagen motiviert werden. Hierzu bedarf es einer stärkeren Förderung bereits vorhandener oder geplanter Programme und Opferberatungen sowie eine länderübergreifende Vernetzung.
Eine jährliche, mindestens aber zweijährliche Auswertung der Erhebung zur Viktimisierung soll den Mitgliedstaaten als Orientierungshilfe zur Bekämpfung von Antisemitismus dienen.
Auch setzen wir uns dafür ein, dass die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, einen nationalen Antisemitismusbeauftragten zu berufen.
Um eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung von Hassverbrechen und antisemitischen Handlungen, insbesondere auch im Internet, zu gewährleisten, sollen Polizeibehörden hierzu spezielle Einheiten ausbilden.
Suchmaschinen, soziale Medien und App-Plattformen sollen verstärkte Maßnahmen ergreifen, um antisemitische Hassreden zu bekämpfen
Um Intoleranz entgegen zu wirken und Toleranz zu fördern, spielt jedoch auch Bildung eine wesentliche Rolle. Der Holocaust (oder die Shoah) soll verpflichtend in allen Schulen unterrichtet werden und Geschichtsbücher eine zutreffende Beschreibung jüdischer Geschichte und jüdischen Lebens geben.

Dafür setzen wir uns ein:
• Bei der Überarbeitung des Reformvertrages von Lissabon sollte ein Zusatz aufgenommen werden, der es den Mitgliedstaaten einfacher macht, nachweislich rechtsextreme und gewaltbereite Parteien im eigenen Land zu verbieten.
• Die EU muss Gelder bereitstellen, um in allen Mitgliedstaaten eine permanent präventive Aufklärungskampagne über rechtsextreme Gefahren durchführen zu können (TV-Werbung und Zeitungsannoncen gegen „RECHTS”, Broschüren für Jugendliche und Erwachsene usw.) sowie Aussteigerprogramme, Jugendberatungsstätten und (Opfer-)Beratungsstellen zu finanzieren.
• Es sollen ebenfalls EU-Fördermittel für Organisationen und Initiativen bereitgestellt werden, die beispielsweise Projekte partizipativer Demokratie, Toleranz und Kulturverständnis oder Bildungs- und Erinnerungsarbeit von Stätten, Mahnmalen und Archiven aus Zeiten des Nationalsozialsozialismus /Stalinismus unterstützen.
• Die EU-Kommission muss nationalen Regierungen die Kontrolle über EU-Gelder entziehen können, wenn autoritäre Regierungen die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie der EU missachten.
• Das Thema „Rechtsruck” darf von der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament nicht mehr tabuisiert werden; es gehört als obligatorischer Beratungspunkt auf die Tagesordnung des EU-Parlamentes und des Europäischen Rates

MEHR DEMOKRATIE
Europa neu gestalten statt Lobbykratie und Nationalismus

Die Idee eines gemeinsamen Europas, in dem Sicherheit, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie herrschen, hat Europa nach Jahrhunderten der Feindschaft und Kriege verändert. Die Idee verbindet die Menschen und hat ihnen die längste Friedensperiode in der Geschichte beschert. Europa ist attraktiv – nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern weil es ein Garant für die Grundrechte seiner Bürgerinnen und Bürger ist.
Europa hat eine Zukunft, auch wenn beim Bau der Europäischen Union massive Fehler gemacht wurden. Sie ist unübersichtlich und kompliziert, es mangelt noch an Transparenz und das Regieren findet bislang zu häufig hinter verschlossenen Türen statt. Trotzdem darf die großartige Idee nicht leichtfertig aufgegeben werden. Fehler sind dafür da, dass man sie beseitigt.
Wir müssen Europa neu gestalten und dabei mehr Demokratie und mehr Europa wagen!

Dafür setzen wir uns ein:
• Wir müssen Europa so gestalten, dass in unserem Haus für alle Platz ist – für die Menschen, egal, ob alt oder jung, egal, welche Hautfarbe sie haben oder welcher Religion sie angehören, egal, ob sie hetero- oder homosexuell sind – und Platz für die Tiere und die Natur.
• Wir möchten ein Europa der Regionen und Kommunen. Sie sind die bürgernächsten Entscheidungsebenen und dort soll dem Prinzip der Subsidiarität folgend der vorrangige Ort sein, an dem politische Regeln gemeinsam festgelegt und aktiv gestaltet werden.
• Nicht die Interessen der Wirtschaft und des Kapitals dürfen Vorrang haben, sondern die Interessen aller Bewohner Europas; dazu zählen auch die Interessen der Tiere und die Wahrung der Natur um ihrer selbst willen.
• Wir wollen den Industrielobbyismus in Brüssel und Straßburg einschränken. Rund 20.000 registrierte Lobbyisten auf rund 700 Abgeordnete ist ein Verhältnis, das die EU als eine Regulierungsanstalt für Belange der Wirtschaftsverbände erscheinen lässt. Die EU wird aber gebraucht, um das Zusammenleben der Menschen im sozialen Bereich zu verbessern, um Frieden zu sichern, um die Natur zu schützen, um die Artenvielfalt zu retten, um die Landwirtschaft gesünder zu machen, um Tierquälerei zu beenden. Dafür streiten wir als Partei Mensch Umwelt Tierschutz.
• Übergeordnete globale Ziele, wie beispielsweise Klimaabkommen oder die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, sowie die Belange der Bürgerinnen und Bürger vor Ort müssen grundsätzlicher Leitrahmen für alle finanziellen und politischen Entscheidungen der EU werden.
• Stärkung des Europäischen Parlamentes: Das Europäische Parlament ist die Vertretung der europäischen Bürgerinnen und Bürger, daher muss es das Recht haben, das oberste Exekutivorgan, die EU-Kommission mit ihren Kommissaren zu wählen – und nicht der Europäische Rat, der sich aus allen Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer zusammensetzt.
• Reformierung des Vertrags von Lissabon: Um Europa neu zu gestalten und dabei mehr Europa zu wagen, muss der Vertrag von Lissabon von Grund auf reformiert werden. Darüber sollten die Bürgerinnen und Bürger Europas entscheiden und nicht die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer, andernfalls verkommt die europäische Demokratie zu einer bürgerfernen Regierung der Politeliten und Industrielobbyisten. Die Art und Weise, wie die Europäische Union bislang regiert wurde, macht sie leider undemokratisch und führt zur Politikverdrossenheit.
• Keine Sperrklauseln: Selbstverständlich ist es deshalb auch unabdingbar, dass alle Stimmen gleich berücksichtigt werden und die Demokratie nicht durch Sperrklauseln untergraben wird.
• Der mehrjährige Finanzrahmen ist an die Legislaturperiode des EU-Parlaments anzupassen. Eigenständige Einnahmequellen der EU können ein guter Ansatz sein, um Handlungsfähigkeit herzustellen und die Stellung des Parlaments auszubauen.
• Einführung echter europaweiter Bürgerentscheide: Die bisherige sogenannte „Europäische Bürgerinitiative“ hat nur den Charakter einer Petition: Werden genügend Unterschriften gesammelt, muss sich die EU-Kommission mit dem Thema beschäftigen und Stellung nehmen – mehr nicht. Eine moderne Demokratie sollte aber den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, ergänzend zur parlamentarischen Gesetzgebung Bürgerentscheide herbeizuführen.