Hat Diplomatie eine Chance?

Wir sehen die tagtäglichen Bilder des sinnlosen Mordens unschuldiger Kinder, Frauen und Männer auf unseren Fernsehern. Plötzlich sind wir Teil eines Konfliktes, in dem wie in vielen Ländern dieser Erde Ressourcen eine Waffe sind. Wir müssen hilflos zusehen, wie der Hunger zur Waffe wird. Menschen aus derselben Region, denselben Dörfern, wird das Gift des Hasses und des Egoismus in die Köpfe geträufelt.

Bei allen Analysen und Betrachtungen, ob die NATO durch ihre Osterweiterung Grenzen überschritten und damit Russland dazu provoziert haben soll, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Ausgang des Krieges auch einen beträchtlichen Einfluss auf die zukünftige Weltordnung hat und damit das brutale Vorgehen der russischen Armee keinesfalls von der Weltgemeinschaft akzeptiert werden kann.

Dieser Krieg hat zudem den Kampf gegen den weltweiten Hunger und den Klimawandel um Jahrzehnte zurückgeworfen. Ob und wie damit das gesetzte Ziel, den Klimawandel zu begrenzen, überhaupt noch erreichbar ist, ist mehr als fraglich.

Es gibt also viele zwingende Gründe, weshalb die Kriegsparteien sofort an den Verhandlungstisch zurückkehren müssen. Aktuell muss man sich aber die Frage stellen, ob dies mit einem Präsidenten Putin, der die Welt zu Geiseln seiner atomaren Drohkulisse macht und unverrückbar an die Erreichung seiner Kriegsziele festhält, überhaupt möglich ist.

Mit der Ausnahme der Kuba-Krise stand die Menschheit noch nie so nahe am Abgrund. Warum es trotz dieser martialischen Drohungen wichtig ist, sich dem diktatorisch-imperialen Chauvinismus von Putin, der offensichtlich die Vorstellung eines kolonial-faschistoiden Reiches in den Grenzen von Peter dem Großen hat, sich mit allen Mittel und Möglichkeiten entgegen zu stellen, wird durch die deutsche Geschichte bewusst: Hätten sich die Alliierten nicht mit aller Kraft dem expansionistisch-rassistischen Dritten Reich entgegengestellt, würden wir heute in einer nationalsozialistischen Welt leben.

Wenn es überhaupt eine Lösung geben kann, dann am wahrscheinlichsten durch eine Doppelstrategie aus a) militärischer Hilfe zur Verteidigung der Ukraine, die b) die Verhandlungsbereitschaft des russischen Regimes erhöht. Es darf keinen Präzedenzfall des 21. Jahrhunderts geben, dass ein hochgerüsteter Aggressor souveräne Nachbarländer erfolgreich angreift, die Bewohner:innen massakriert und deportiert und sich deren Territorium aneignet.

Es sind Worte, die die Welt verändern, deshalb möchten wir an dieser Stelle an ein Gedicht von Wolfgang Borchert erinnern, das er aus seiner Erfahrung uns allen als Mahnung im Jahr 1947 geschrieben hat. Das Gedicht, “Dann gibt es nur eins!” ist eine Aufforderung und Absage an alle Kriege dieser Welt.

Denn, wenn wir dies nicht tun – dann wird der letzte Mensch, mit zerfetzten Gedärmen und verpesteter Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig glühenden Sonne und unter wankenden Gestirnen umherirren, einsam zwischen den unübersehbaren Massengräbern und den kalten Götzen der gigantischen betonklotzigen verödeten Städte; der letzte Mensch, dürr, wahnsinnig, lästernd, klagend und seine furchtbare Klage: WARUM? wird ungehört in der Steppe verrinnen, durch die geborstenen Ruinen wehen, versickern im Schutt der Kirchen, gegen Hochbunker klatschen, in Blutlachen fallen, ungehört, antwortlos, letzter Tierschrei des letzten Tieres Mensch – all dieses wird eintreffen, morgen, morgen vielleicht, vielleicht heute Nacht schon, vielleicht heute Nacht, wenn – – wenn – – wenn ihr nicht NEIN sagt.”; so endet die Mahnung an uns von Borchert.

BAK Internationale Angelegenheiten
(Text von Bernd Kriebel,
Robert Gabel, Michael Wilkens)