Aussagen wie „schmeckt wie Milch“ oder „ist aber keine Milch“ sollen verboten werden!

Im Oktober stimmte das Europaparlament einem Antrag zu, jegliche Verwendung der Begriffe „Milch“, „Käse“, „Butter“ zu verwenden, wenn sie nicht für die Vermarktung von Eutersekret-Produkten stehen. In der striktesten Auslegung des Antrags würde das auch Produktaufschriften verunmöglichen, die sich von ebenjenen Tierqual-Produkten abheben wollen. „Haferdrink – nicht aus Kuhmilch, sondern aus Pflanzen“ wäre dann verboten.

Während also der „Veggie-Burger“ bei der Abstimmung im Oktober glücklicherweise weiter bestehen durfte, wurde unbemerkt ein mindestens genauso bedeutendes Verbot aber durchgesetzt! Warum unbemerkt? Alle Abgeordneten des Europaparlaments wurden angeschrieben, unbedingt gegen das Veggie-Burger-Verbot zu stimmen. In den Medien wurde dieses mögliche Verbot stark thematisiert und in den Sozialen Medien emotional diskutiert.

Wer aber schrieb die Abgeordneten an? Es waren vor allem Fleisch produzierende Konzerne! Denn sie verdienen natürlich daran, wenn die (teureren) Fleischersatzprodukte als „Burger“ verkauft werden können, insofern sie eben sowohl Fleisch- als auch vegetarische/vegane Produkte anbieten. Einen wirklich erbitterten Kampf gegen den Veggie-Burger gab es also gar nicht. Das war eher ein großes Medienspektakel.

Und auch die Abgeordneten konzentrierten sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit nur auf das Veggie-Burger-Verbot. Und feierten dann ihren Sieg, als das Verbot gestoppt werden konnte.
Dass zugleich ein tatsächlicher Kampf der Milchindustrie geführt wurde, um den Absatzmarkt für Kuhmilch zu retten, hat fast niemand mitbekommen. Diese Abstimmung konnte die Tierleid-Industrie für sich gewinnen – und diese Abstimmung war das eigentlich wichtige für den Agrarsektor!

Nun haben wir also das Ergebnis: „Veggie-Burger“ werden weiterhin verkauft von Fleisch produzierenden Unternehmen. Keine Änderung. Pflanzliche Milch darf sich nicht Milch nennen und es darf voraussichtlich nicht einmal darauf verwiesen werden, dass sie „wie“ Milch schmeckt oder dass „keine“ Kuhmilch drin ist.

Die Strategie der Tierausbeuter hat also funktioniert. Und alle haben mitgemacht.

So werden auch weiterhin die Kälber ihren Müttern entrissen, die männlichen Babys qualvoll geschlachtet, die weiblichen Geschwister erwartet ein Leben als Milchkuh, das sie fast noch im Jugendalter auch beenden müssen. Denn die Hochleistungszüchtungen der Milchindustrie sind so sehr auf maximale Milchleistungen optimiert, dass ihre Körper diese Strapazen nicht lange aushalten und recht bald die Ausbeutung der nächsten Generation rein rechnerisch lohnender ist.

Ganz besonders grausam sind die Tiertransporte. Auf Schiffen oder in LKWs werden sie wochenlang auf engstem Raum eingesperrt, bei Winterkälte oder Sommerhitze, ohne genügend Luft und Wasser. Die angeblichen Zwischenstopps gibt es gar nicht, wie eine Kommission des hessischen Tierschutzbeauftragten herausfand. Schiffe sinken und die Tiere ertrinken, LKWs geraten in Unfälle und die Tiere verbrennen hinter den geschlossenen Türen. In den Zielländern erwartet die Tiere oftmals ein noch schlimmeres Schicksal als hierzulande. Erschreckende Aufnahmen bei der Verladung wurden bereits im Fernsehen gezeigt. Aber es ändert sich bislang nichts!

Im Gegenteil – die Behörden kooperieren sogar in beinah schon mafiöser Weise, um illegale und halblegale Tiertransporte zu ermöglichen. Und die Europaabgeordneten lassen sich durch simple Ablenkungstricks reinlegen, wenn die Milchindustrie ihre Absatzmärkte retten will! Ein Skandal sondergleichen. Nur sehr langsam wächst das Bewusstsein, was da ablief.

Lässt sich noch was ändern an dem Verbot für die Vermarktung pflanzlicher Milchalternativen? Kaum. Eine winzige Chance besteht noch, wenn Kommission, Parlament und Rat den genauen Gesetzeslaut im März beschließen. Gegen das Votum des Europaparlaments werden diese drei Institutionen aber wohl eher nicht vorgehen.

Es sei denn, der gesamte Agrarhaushalt der „GAP“ wird nochmal generalüberholt und alles kommt auf den Prüfstand. Und genau das fordern wir! Denn die GAP-Reform ist keine Reform, sondern in weiten Teilen nur die Zementierung der gegenwärtigen Agrarindustrie mit all ihren schädlichen Auswirkungen auf Umwelt, Artenschutz, Klima, Verbrauchergesundheit und Tierschutz. Die vorgesehenen Anpassungen sind nicht mal eine „Reform“ und schon gar nicht die dringend nötige Agrarwende!

Wir fordern Ursula von der Leyen auf, die Agrarpolitik der EU von Grund auf neu auszurichten. Die Coronapandemie stellt eine neue Situation dar und sollte zur vernünftigen Schlussfolgerung führen, dass wir nicht weiter unseren Planeten zerstören dürfen durch Tierausbeutung, Regenwaldrodung, Klimagase, Artensterben und Zoonosen!

Sollte sich die EU nicht auf eine echte Agrarwende einigen, müssen wir alle leider weitere sieben Jahre diese verfehlte Agrarpolitik ertragen. Und „wir alle“ bedeutet aufgrund der Bedeutsamkeit des gigantischen EU-Agrarmarktes: alle Menschen weltweit, alle Lebewesen und alle künftigen Generationen. Lassen sie das nicht zu, Frau von der Leyen!

Robert Gabel