Die FDP und ihre Forderung für Steuersenkungen

Erinnern wir uns einmal kurz an den letzten Bundeswahlkampf. Die FDP versuchte tapfer, gegen alle anderen Parteien und gegen jede Vernunft, im Jahr 2009 den Wähler/innen klarzumachen, dass mit ihr eine Steuersenkung für die “Leistungsträger in unserer Gesellschaft” zu erwarten wäre. Mitten in der Finanzkrise war für solcherlei Gedankenspiele natürlich kein Geld vorhanden, und nach der Wahl setzte sich Finanzminister Schäuble (CDU) recht robust gegen Westerwelle durch und verhinderte so eine Steuersenkung.

Gehen wir noch ein wenig weiter zurück in unserer Erinnerung – in die Schulzeit. Auch derjenige, der sich nur ungern an den Teil des Unterrichts erinnert, bei dem Wirtschaftsfragen behandelt wurden, mag sich an den englischen Ökonomen John M. Keynes und sein Prinzip des “antizyklischen Wirtschaftens des Staates” erinnern. Getreu dem Sprichwort “Spare in der Zeit, dann hast du in der Not” und umgekehrt, sollte der Staat während eines wirtschaftlichen Aufschwungs sparen (um die Konjunktur nicht zu überhitzen bzw. für schlechte Zeiten vorzusorgen), und während eines wirtschaftlichen Abschwungs vermehrt Geld ausgeben (um die Konjunktur anzukurbeln). Dieses Mantra verinnerlicht keine Partei so sehr wie die FDP und auch während des letzten Bundestagswahlkampfs – als die Wirtschaft sich auf Talfahrt befand – blieben sie diesem Motto auch durchaus treu.

Nun haben wir das Jahr 2011 – die Arbeitslosigkeit sinkt, die Wirtschaft brummt, die Steuereinnahmen steigen. Und was für eine Diskussion führt unsere schwarz-gelbe Bundesregierung? Die Steuern sollen gesenkt werden! Inzwischen scheint sogar unser Finanzminister Schäuble von der CDU in dieser Frage überredet worden zu sein. Aber nicht im Januar 2012 soll die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen eintreten, sondern im Januar 2013! Dass im Herbst 2013 die nächste Bundestagswahl stattfindet, ist natürlich nur reiner Zufall!

“Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?”, ist so ein anderes berühmtes Zitat. Und damit die FDP ihr finanzpolitisches Gesicht wahren kann, haben sie sich auch gleich eine phantasievolle Ausrede für ihre Grundsatzkehrtwende ausgedacht: Wir haben schließlich kein konjunkturelles Hoch, sondern einen strukturellen Aufschwung!! Und das würde mit der demographischen Entwicklung zusammenhängen! Alles klar?

Die CDU hat´s vorgemacht: Nach Fukushima haben wir es laut Bundeskanzlerin Merkel mit einer veränderten Faktenlage zur Risikobewertung der Atomkraft zu tun. Und so wurde die CDU zur Atomausstiegspartei. Warum soll es ihr die FDP da nicht gleichtun – plötzlich gegen in Stein gemeißelte wirtschaftliche Grundsätze verstoßen und während eines Aufschwungs Steuersenkungen versprechen? Vergessen werden jedoch die Milliarden-Risiken durch die Bankenkrise, die Rettungspakete für Griechenland, die Euro-Krise und vor allem die „Schuldenbremse“, die in unserer Verfassung mittlerweile verankert ist! Es hätte etwas Groteskes, wenn diese „Schuldenbremse“ nicht an einem Ab-, sondern an einem Aufschwung scheitern würde!