IFG Anfrage zur Besteuerung von Pflanzenmilch

Durch den Landesvorstand der Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei) in NRW wurde am 12. Juli 2023 per Mail folgende Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an das Bundesminsterium der Finanzen in Berlin übermittelt:

Sehr geehrte Damen und Herren,
Pflanzenmilch wird ohne sachlichen Grund höher besteuert als Kuhmilch, nämlich mit dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz von 19 % statt dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Dies sollte bald ein Ende haben, weil sich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geändert hat.

In einem Urteil vom 9.2.2006 V R 49/04) hat der BFH die Ungleichbesteuerung von Pflanzen- und Tiermilch noch als rechtmäßig angesehen, wenn auch mit einer sehr technischen Begründung: Die sog. zolltarifliche Einreihung, an die die Steuerermäßigung anknüpfe, habe Vorrang vor dem Gebot, dass gleichartige Waren gleich zu besteuern sind (Neutralitätsgrundsatz). Im Urteil vom 21.4.2022 (V R 2/22) hat der BFH seine Rechtsprechung ausdrücklich geändert und dem Neutralitätsgrundsatz Vorrang eingeräumt. Nach dem Urteil vom 21.4.2022 müssen Holzhackschnitzel (eigentlich 19 %) wie Brennholz (7 %) besteuert werden. Wir meinen, daraus ergibt sich als Konsequenz:

Jetzt muss auch Pflanzenmilch ermäßigt besteuert werden!

Leider steht nach dem BMF-Schreiben vom 4.4.2023 zu befürchten, dass dazu der Rechtsweg beschritten werden muss. Das ist überflüssig: Der Begriff „Milch“ im Umsatzsteuergesetz kann unproblematisch im normalsprachlichen Sinn ausgelegt werden und umfasst dann auch Pflanzenmilch. In der Presse, auf Wikipedia (s. die Lemmata Hafermilch, Sojamilch, Reismilch) und im Alltag wird unter „Milch“ sowohl Milch tierischen als auch pflanzlichen Ursprungs verstanden. Überdies sind sachliche Gründe für eine höhere Besteuerung der klima- und tierfreundlichen Pflanzenmilch nicht erkennbar und eine Ungleichbesteuerung deshalb auch verfassungsrechtlich zweifelhaft (siehe Rn. 34 des BFH-Urteils vom 21.4.2022).

Wir haben dazu folgende Fragen, zu denen wir um Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz bitten:
1. Wann war das BFH-Urteil vom 21.4.2022 Gegenstand von Besprechungen und welche Teilnehmer haben an diesen Besprechungen teilgenommen? Gibt es dazu Tagesordnungen und/oder Protokolle?
2. Gibt es und gab es im Bundesfinanzministerium Überlegungen, aus dem BFH-Urteil vom 21.4.2022 die Konsequenz zu ziehen, Pflanzenmilch ermäßigt zu besteuern? Wann und von wem wurden diese Überlegungen angestellt? Welche Aktenzeichen tragen diese Vorgänge?
3. Gibt es und gab (auch unabhängig von diesem Urteil) im Bundesfinanzministerium Überlegungen zur Reichweite der Begriffe Milch und Milchmischgetränke und/oder zur umsatzsteuerlichen Gleichstellung von Pflanzen- und Tiermilch? Wann und von wem wurden diese Überlegungen angestellt? Welche Aktenzeichen tragen diese Vorgänge?
4. Gibt es und gab es im Bundesfinanzministerium Überlegungen, dass die Ungleichbesteuerung von Pflanzen- und Tiermilch verfassungswidrig sein könnte (siehe Rn 34 des BFH-Urteils vom 21.4.2022)? Wann und von wem wurden diese Überlegungen angestellt? Welche Aktenzeichen tragen diese Vorgänge?
5. Es wird um Übersendung der Unterlagen zu den Fragen unter 1. bis 4., insbesondere der Entscheidungsvorlage und der Bearbeitungen (Zeichnungen, Änderungen) während des Postumlaufs zum BMF-Schreiben vom 4.4.2023 (III C 2 – S 7221/19/10002 :004) gebeten.

Sollte diese Anfrage wider Erwarten keine einfache Anfrage sein, bitten wir Sie darum, uns vorab den voraussichtlichen Verwaltungsaufwand sowie die voraussichtlichen Kosten für die Akteneinsicht bzw. Aktenauskunft mitzuteilen. Wir widersprechen ausdrücklich der Weitergabe unserer Daten an sonstige Dritte.

Sollten Sie den Landesverband NRW der Tierschutzpartei nicht für anspruchsberechtigt nach dem IFG halten, wird gebeten, diesen Antrag als Antrag der Unterzeichner anzusehen.

Vielen Dank für Ihre Mühe und mit tierfreundlichen Grüßen

Angelika Remiszewski          Sebastian Everding
Landesvorsitzende                Landesvorsitzender