Estland hat es vorgemacht: 2013 führte die Hauptstadt Tallinn kostenloses Bus- und Bahnfahren ein. Inzwischen haben elf von 15 Regionen des Landes das Modell übernommen. Auch der Premierminister Luxemburgs, Xavier Bettel, versprach den Bürgern seines Landes kürzlich, dass ab 2020 die Nutzung von Bus und Bahn für jedermann möglich sein solle, ohne dass eine Fahrkarte gekauft werden müsste.
Der Gratis-Nahverkehr wird dem Land dabei helfen, seinen Mobilitätsplan umzusetzen, der bis 2035 Service und Pünktlichkeit des öffentlichen Personennahverkehrs verbessern soll. Bei einer Einwohnerzahl von 600.000 Menschen pendeln jeden Tag 200.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus Deutschland, Frankreich und Belgien in das Großherzogtum. Luxemburg gibt ca. 900 Mio. Euro aus für die Planung von Mobilität, öffentlichem Verkehr und Schienenverkehr.
In Deutschland hingegen denkt man an eine Förderung von Bus und Bahn vor dem Hintergrund der zunehmenden Luftverschmutzung durch Individualverkehr mit Pkws. Mehrere Bundesminister fordern Maßnahmen zumindest für besonders abgasbelastete deutsche Städte. Bisher wurde ein kostenloser Nahverkehr aber nur punktuell und selektiv umgesetzt, so beispielsweise in Tübingen an Samstagen und in Rostock für Schüler.
Ein ungerechtes Element aber hat die Idee: während Stadtbewohner jeden Tag mehrfach den kostenlosen ÖPNV nutzen könnten, würden Bewohner auf dem wenig erschlossenen Land kaum profitieren. Außerdem droht den Städten bei Einführung eines kostenlosen Angebotes der Kollaps des jetzt schon oft überlasteten Nahverkehrs. Ohne einen parallelen Ausbau des Angebots von Bus und Bahn ist an eine Umsetzung der Idee also nicht zu denken.
Rund 12 Mrd. Euro nehmen die deutschen Nahverkehrsbetriebe jährlich durch den Ticketverkauf ein. Der eigentliche Finanzbedarf ist doppelt so hoch und wird durch öffentliche Zuschüsse gedeckt.
Zum Schutz der Umwelt und vor allem unserer Atemluft macht sich die Partei Mensch Umwelt Tierschutz stark für ein langfristiges Mobilitätsprojekt mit dem Ziel des flächendeckend kostenlosen ÖPNV in Deutschland. Während die Infrastruktur deutlich ausgebaut werden muss, ist bei einer Neuausrichtung des Budgets eine gleichzeitige schrittweise Übernahme der Kosten durch den Bund denkbar.
