Marktliberale Milchmädchenrechnung

Stellen Sie sich einmal vor, jemand bietet Ihnen einen fabrikneuen Kleinwagen für nur wenige Tausend Euro an. Wer würde da nicht zugreifen? Der Haken an der Sache: Mit unsichtbarer Tinte im Kleingedruckten steht geschrieben, dass Sie jedes Jahr Ihres Lebens 100 Euro nachzuzahlen haben. Und nicht nur Sie, auch Ihr Nachbar zahlt noch ein wenig mit. Dazu noch Ihre Kinder, ja selbst Ihre Enkel. Und das selbst nach Jahrzehnten, wenn der Wagen längst Schrott ist.

Genau so funktioniert unser derzeitiges Wirtschaftssystem. Denn der freie Markt berücksichtigt bei seiner Kalkulation keine Umwelt- oder gar Klimaschäden. Diese werden auf die Allgemeinheit umgelegt und in die Zukunft verschoben. Allein die deutschen Treibhausgasemissionen im Jahr 2016 verursachten Folgekosten von 164 Milliarden Euro durch Gesundheits- und Materialschäden, Ernteausfälle und Belastung der Ökosysteme. Die Konzerne freuen sich selbstverständlich über diese marktliberale Milchmädchenrechnung.
Doch unsere Wirtschaft hat sich glücklicherweise wandlungsfähig gezeigt. Sie ist nicht nur eine einfache Marktwirtschaft, sondern eine soziale Marktwirtschaft. Dies bedeutet, dass der Staat die Wirtschaftsordnung schafft und pflegt, wobei er Wert legt auf soziale Sicherheit, Gerechtigkeit und Fortschritt. Der Staat zwingt das Unternehmertum, das Soziale mit in die Kalkulation aufzunehmen. Dies ist notwendig, um unsere Gesellschaft funktionstüchtig zu erhalten. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland ein Umverteilungssystem, das Arbeitslosen Unterstützung gewährt, im Krankheitsfall aushilft, Renten gewährt und andere Subventionen oder Zuschüsse vorsieht.

Die Klimakrise aber zeigt uns, dass der sozialen Komponente schleunigst eine ökologische zur Seite gestellt werden muss, um eine überlebensfähige Wirtschaftsordnung zu schaffen. So wie wir jetzt leben und arbeiten, geht es mit Volldampf in den Untergang – denn wir zerstören die Lebensgrundlagen, die unser Planet uns bietet. Die soziale Marktwirtschaft muss also zu einer öko-sozialen Marktwirtschaft erweitert werden. Sie muss sicherstellen, dass die Umwelt als ein Gut mit Preis in alle Kalkulationen mit einfließt und so der Markt selbst Umweltschutz schafft, weil er sich lohnt.