Straßenhundemanagement in Rumänien – Eine Schande für Europa

In der Ausgabe 1/2013 fand sich in der Zeitenwende ein Artikel mit der Überschrift Schande für Europa – Das Massaker an den „Streunerhunden Rumäniens“. Er beschrieb, wie diese sanften Tiere, die seit Jahrzehnten frei und besitzerlos in vielen Süd-/Osteuropäischen Ländern neben und mit den Menschen leben, erschlagen, vergiftet, stranguliert, mit Säure überschüttet oder angezündet werden.

Anfang September 2013 war ein kleiner Junge, Ionut Anghel, tot und mit Hundebissen übersät auf einem Privatgrundstück in Bukarest aufgefunden worden. Sein Bruder und er waren unbeaufsichtigt auf ein Gelände vorgedrungen, auf dem auch ehemalige Straßenhunde als Wachhunde gehalten wurden, um Einbrecher abzuschrecken. Unter dem Eindruck dieses medial intensiv ausgeschlachteten Ereignisses fand eine regelrechte Hetzjagd auf die Streuner Rumäniens statt, bei der alles erlaubt war, nichts bestraft wurde, und die am Ende in der Verabschiedung eines Gesetzes mündete, das die vollständige Entfernung der Hunde aus den Straßen ganz Rumäniens vorsieht. Aus den friedlichen Straßenhunden waren Vogelfreie geworden.

Wie es Dr. Tonio Borg, seinerzeit EU-Gesundheitskommissar, darstellte, fühlte sich Europa nicht in der Verantwortung, Rumänien dazu zu bringen, das Straßenhundeproblem menschlich, nachhaltig und im Sinne der europäischen Wertvorstellungen anzugehen. Lediglich ermahnen könne man das Mitgliedsland, die einschlägigen internationalen Abkommen der World Organisation for Animal Health, OIE zu befolgen, in deren Gesundheitskodex für Landtiere die Euthanasie (im Sinne der Tötung gesunder Hunde) als eine Methode gilt, die nur dann angewendet werden soll, wenn andere Methoden keine Wirkung zeigen.

Tatsächlich begann aber mit dem Inkrafttreten der Durchführungsbestimmungen zum Tötungsgesetz Anfang 2014 eine Jagd auf die Straßenhunde Rumäniens, wie es sie in den Jahren davor nicht gegeben hatte. In den Küstenstädten wie Constanta und Mangalia starben Hunde durch Vergiftungsaktionen, beim Einfangen, in den staatlichen Auffang-/Tötungsstationen. In Bukarest scheinen die Aufgaben der Behörde für den Schutz und die Aufsicht über die Tiere (A.S.P.A.) seitdem auf eine einzige Spezies reduziert worden zu sein: Das Einfangen und Vernichten von seinerzeit geschätzt 65.000 Straßenhunden der Hauptstadt. Angesprochen darauf, dass im Namen seiner Behörde das Wort Tierschutz vorkomme, entgegnete Razvan Bancescu, Projektkoordinator der Behörde, im März 2014, man könne den Namen ja ändern, wenn es jemanden störe.

Einen traurigen Höhepunkt stellt der 21. März 2014 dar, an dem 15 Fahrzeuge der A.S.P.A. im Sektor 6 von Bukarest ein privates Tierheim und die benachbarten Zwinger der Aufwachstation einer Tierklinik einer internationalen Tierschutzorganisation überfielen und mehr als 90 Hunde, teilweise frisch operiert und noch nicht vollständig aus der Narkose erwacht, brutal mit Fangschlingen über das grobe Kopfsteinpflaster zu Transportkäfigen schleiften, in die sie diese kopfüber und mit brachialer Gewalt verluden.

Tierschutzpartei im Europa

Viele Menschen sahen bei der Europawahl 2014 die Partei Mensch Umwelt Tierschutz als die einzige politische Bewegung Deutschlands, der man zutraute, sich des Themenkomplexes intensiv, tatkräftig und erfolgreich anzunehmen. Bei vielen Veranstaltungen zum Thema Straßenhunde traten Mitglieder der Tierschutzpartei auf und hielten mitreißende Reden. Überall, wo die Straßenhunde zum Thema wurden, war die Tierschutzpartei kompetent vertreten. Die MUT errang, getragen von ihren Parteimitgliedern und einem großen Vertrauensvorschuss tausender Wähler, tatsächlich einen Sitz im neugewählten Europaparlament. Ihr Abgeordneter, Stefan Bernhard Eck (seit 01. Januar 2015 parteilos), ist seitdem in Brüssel, Straßburg und Bukarest auch für die Straßenhunde aktiv. Sowohl er als auch die Partei, der er seinen Einzug ins Parlament verdankt, hören nicht auf, auf die Massaker an den Tieren in Rumänien aufmerksam zu machen und für Verbesserungen zu kämpfen.

Delegationen der MUT in Rumänien

Zwei Delegationen der Partei waren bisher in Rumänien und haben vor Ort Projekte begleitet, Retter gestärkt, sich für eine nachhaltigere Form des Straßenhundemanagement eingesetzt und Flagge gezeigt – auch im Namen aller Europäer, die nicht aufgeben, auf die Missstände in Rumänien hinzuweisen. Sowohl im Sommer 2014 als auch Anfang 2015 wurde dadurch der Fokus der Öffentlichkeit auf das Leiden der Streuner gelenkt und im Schulterschluss mit den lokalen Tierschützern der Rumänischen Politik gezeigt: So nicht!

Auch Europaparlamentarier wie z. B. Janusz Wojciechowski und Stefan Bernhard Eck sind mehrfach nach Rumänien gereist. Es hat Protestnoten und Gespräche, die teilweise hinter verschlossenen Türen, teilweise auch unter den Augen der Presse stattfanden, gegeben.
Geändert hat sich bisher nichts, außer, dass sich auf allen Seiten Routinen entwickelt haben. Sowohl bei den Hundejägern, als auch bei den Tierschützern. Während die Tierfänger ihre Prozesse so optimiert haben, dass sie eine relativ gleiche Anzahl von Hunden pro Woche einfangen, kasernieren, töten und zur Verbrennung vorsehen können, und damit in der Lage sind, z. B. dem Unternehmen Stericycle – einem amerikanischen Konzern, der sich auf das Verbrennen von Klinikabfällen und sonstigem toten organischen Material spezialisiert hat – eine konstante Quantität an Hundekadavern zu liefern, hat sich die „Gegenseite“, also die Hunderetter, ebenfalls professionalisiert.

Viele Rumänen, die bis vor wenigen Monaten und Jahren noch einer anderen Arbeit nachgingen und in ihrer Freizeit angefahrene Hunde in Pflege nahmen, gesund pflegten und dann weitergaben, sind inzwischen so etwas wie „Unternehmer“ geworden. Es gibt private Tierschützer mit privaten Tierheimen, die über 400 Hunde fassen. Natürlich kann ein Betreiber einer solchen Anlage nicht nebenher noch arbeiten gehen. Und genauso selbstverständlich ist es, dass Spenden für ein solches Tierheim auch für die Gehälter der Angestellten und der Betreiber verwendet werden. Und natürlich gibt es viele Menschen in Rumänien, die bescheiden in ihren Ansprüchen alles für die Hunde tun würden und sich selbst nur das Mindeste gönnen. Es gibt allerdings auch hier, wie immer, wenn außerhalb behördlicher Kontrolle eine Nebenwelt entsteht, in der auch intensive Geldflüsse stattfinden, schwarze Schafe. Es gab Shelterbetreiber, bei denen sich herausstellte, dass es die Shelter, für die gespendet wurde, in dieser Form nie gab. Es gab Vereine, Organisationen, Helfer in Deutschland und in Rumänien, die nicht nur intransparent arbeiteten, sondern z. B. auch dadurch auffielen, dass sie Straftaten vortäuschten wie beispielsweise Überfälle auf ihre Privatshelter zur Vertuschung des Abhandenkommens einiger Tiere. Dies alles ist nur möglich, weil der Staat Rumänien und die Europäische Regierung es nicht schaffen, ein Straßenhundemanagement zu organisieren, durchzusetzen und zu überwachen, das human, tierschutzgerecht und nachhaltig das durchaus vorhandene Problem der Streuner Rumäniens löst.

ASPA-Chef: Sodomie und Labore – Organisationen profitieren davon

Am 15.01.2015 widerholte Razvan Bancescu, Projektkoordinator der A.S.P.A., noch mal im Rahmen einer Pressekonferenz die Behauptungen, die er bereits früher aufgestellt hatte, dass 90 % der Straßenhunde Rumäniens von ausländischen Organisationen gewinnbringend in Tierbordelle und Versuchslabore in u.A. Deutschland und Dänemark verlegt würden. Obwohl Herr Bancescu keinerlei Beweise vorlegen konnte und offensichtlich ist, dass hier bewusst Propaganda betrieben wird, um das eigene Projekt gut und die Tierschützer schlecht zu reden, ist der Manager immer noch im Amt. Dies bewegte Stefan Bernhard Eck (MEP) Anfang Februar 2015 dazu, in einer Sitzung des obersten Stadtrates von Bukarest in Anwesenheit von Sorin Oprescu (Oberbürgermeister Bukarests) eine Distanzierung von solchen Aussagen und eine Absetzung und Disziplinierung dieses leitenden städtischen Angestellten zu fordern. Passiert ist bisher nichts. Jedenfalls nicht politisch.

Weiterhin werden täglich Straßenhunde eingefangen. Täglich werden diese in Public Shelter gebracht. Täglich werden die Hunde dort von Freiwilligen fotografiert und diese Alben werden u.A. auf Facebook veröffentlicht. Retter fahren in die Auffanglager, reservieren Hunde und holen diese dann in ihre privaten Shelter. Sie sammeln Spenden für Tierarztkosten, Pflege sowie Futter und suchen Paten und Endstellen. Eine Flotte von Transporteuren ist entstanden, die die rumänischen Hunde zu ihren neuen Familien in westeuropäische Länder fährt – größtenteils in vorbildlichen Tiertransportern unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften, doch teilweise auch eher provisorisch, wenn es gilt: in Rumänien sterben oder im Westen überleben. Organisationen, die größtenteils von Spenden aus Westeuropa finanziert werden, führen Kastrationsprojekte durch, helfen, das Leid in staatlichen Shelters zu mildern, vereinbaren „Nicht-Tötungs-Abkommen“, füttern die Hunde in Staatstierheimen, obwohl es kommunale Budgets für Hundefutter gibt, und hoffen täglich darauf, dass heute geschlossene Vereinbarungen auch morgen noch eingehalten werden.

In Bukarest jedoch wird durch die Totalverweigerung von „Kastrationsprogrammen statt Tötungsprogrammen“ der Grundstock für die nächste Generation von Straßenhunden gelegt. Die bisher nicht eingefangenen Straßenhunde – meist größer, gerissener und gefährlicher als die leicht zu fangenden und die schon durch die Hände der A.S.P.A. gegangen sind – werden sich jetzt, da in den Revieren weniger Tiere leben und mehr Futter und sichere Schlafplätze zur Verfügung stehen, deutlich stärker vermehren.

Die nächste Generation Kinder in Bukarest wird nicht mehr auf den Spielplätzen und in den Parks auf eine bunte Mischung aus freundlichen, harmlosen, entspannten Streunern stoßen, deren Nähe fast nie eine Gefahr bedeutete. Sie muss unter Umständen in Zukunft vor den Nachkommen ebendieser größeren, aggressiveren, schwer zu fangenden und schwer zu bändigenden Straßenhunde beschützt werden, die dank der A.S.P.A. bald die Straßen und Plätze beherrschen – und den Hundefängern jahrelang ein sicheres Einkommen bescheren werden.

Fangen-Kastrieren-Aussetzen ist die einzige Lösung

Die Tierschutzpartei wird sich auch in Zukunft dafür stark machen, Kastrationsprogramme in Rumänien zu unterstützen und zu fördern, und sich dafür einsetzen, dass die junge Generation in Rumänien eine Einstellung zu den Straßenhunden haben wird, die den ethischen Grundsätzen des zivilisierten Europa entspricht, und darum auf allen Ebenen, auf denen sie Gehör findet, für ein Ende des Hundemassakers in Europa kämpfen. Denn was gerade in Rumänien passiert, ist eine Schande für Europa.