Zypern: Staatsbankrott vorerst abgewendet!

Aber zu welchem Preis?

Alles spricht dafür, dass der drohende Banken- und Staatsbankrott Zyperns vorerst abgewendet ist. Aber zu welchem Preis?

Die Meldungen über den Rettungsplan der zyprischen Regierung und der Eurogruppe sind verwirrend; niemand weiß so recht, was in dem gestrigen Krisentreffen in Brüssel genau ausgehandelt wurde.

Fest steht bisher, dass die Laiki-Bank, zweitgrößtes Geldinstitut des Mittelmeerstaates, „abgewickelt“ werden soll, aber die Guthaben bis zu 100.000 Euro nicht angetastet werden. Wie mit Guthaben über diesem Betrag verfahren wird, ist im Detail nicht bekannt; sie sollen „eingefroren“ werden, was immer dies auch bedeuten mag. Das Bankensystem Zyperns soll darüber hinaus bis 2018 „zurechtgestutzt“ werden. Auch bei der Bank of Cyprus dürfen nach unbestätigten Verlautbarungen Anlagen von über 100.000 Euro nicht ins Ausland transferiert werden. Ob Teile der Rentenfonds im Rettungsplan noch eine Rolle spielen, ist ebenso unklar wie die Frage, ob der Mittelmeerstaat Maßnahmen für einen längeren Zeitraum gegen den Geldabfluss internationaler Anleger ins Auge gefasst hat. Mit einem Wort: Die Lage ist undurchsichtig! Die Laiki-Bank zahlt nur noch Beträge von 100 Euro pro Tag am Geldautomaten aus, die Bank of Cyprus 20 Euro mehr. Wann beide Banken wieder ihre Pforten öffnen, ist auch noch ungewiss, denn wie will man sich gegen einen „Bank-Run“ schützen. Im Gespräch ist, dass morgen die Banken wieder offen sein sollen.

Fakt ist, dass Großanleger, Gläubiger und Anteilseigner der maroden Banken sich auf erhebliche Verluste einstellen müssen, was dazu führen dürfte, dass zukünftig das internationale Kapital einen großen Bogen um Zypern machen wird. Zigtausende Arbeitsplätze im Bankensektor werden mittelfristig verloren gehen und die Binnenwirtschaft wird durch dies und andere geplante Sparmaßnahmen des Staates – ähnlich wie in Griechenland – massiv einbrechen.

Die große Frage ist nun, wie sich die um ihre „Spargroschen“ betrogene zyprische Bevölkerung in den kommenden Tagen verhalten wird. In der Nacht zum Montag ging laut einer Pressemeldung in Limassol bereits eine Brandbombe in einer Bankfiliale hoch. Der Preis für die Abwendung des Staats- und Bankenbankrotts könnte höher ausfallen, als die Eurogruppe und die zyprische Regierung veranschlagt haben.

Web-Redaktion: 25.03.2013

Unsere bisherige Berichterstattung zur Zypern-Krise:

22.03.2013: Die Zypern-Krise spitzt sich weiter zu

Zyperns Regierung setzt auf „Plan B“

Nachdem Russland die Verhandlungen über Finanzhilfen für Zypern für gescheitert erklärte und die Vorschläge des zyprischen Finanzministers Michalis Sarris zurückgewiesen hat, einigten sich die politischen Parteien Zyperns am Donnerstag auf die Bildung eines Solidarfonds zur Abwendung des Staatsbankrotts und der Bankenpleite.

Zuvor hatte die Regierung in Nikosia nun endgültig Zwangsabgaben auf Sparguthaben und sonstige Anlageformen ausgeschlossen, nachdem in den vergangenen Tagen dieses Vorhaben zu massiven Protesten der verängstigen Bevölkerung geführt hatte.

„Plan B“ sieht angeblich vor, dass ein Rettungsfonds Staatsanleihen ausgeben soll, die von der Rentenkasse und der zyprischen Kirche sowie anderen staatlichen Institutionen gekauft werden sollen. Auch die Goldreserven der zyprischen Zentralbank will man angeblich zum Kauf der jetzt schon mehr als bedenklichen Anleihen anzapfen.

Um eine massive Kapitalflucht aus dem Krisenland zu verhindern, bereitet die Europäische Zentralbank einem „Handelsblatt“-Bericht zufolge massive Beschränkungen des Kapitalverkehrs vor. Auch Zyperns Regierung plant inoffiziellen Verlautbarungen zufolge, dass die Banken des Landes für längere Zeit nur einen begrenzten Bargeldbetrag auszahlen dürfen, Spareinlagen eingefroren werden sollen und Überweisungen ins Ausland nur mit einer vorherigen Genehmigung der Zentralbank erlaubt sind. Als zusätzliche Rettungsmaßnahme sollen die maroden Banken die Möglichkeit erhalten, ihre wertlosen Ramschpapiere in eine Bad-Bank auszulagern.

Ob „Plan B“ von der Eurogruppe akzeptiert wird, weiß heute noch niemand, denn damit würde das Systemproblem Zyperns nicht behoben. „Plan B“ ist nichts anderes als eine oberflächliche Kosmetik, die das eigentliche Problem der Banken-Insolvenz verschleiern soll.

Durch die Schließung der Banken ist die wankende Wirtschaft auf der Mittelmeerinsel noch mehr ins Straucheln geraten; in vielen Geschäften bleibt die Kundschaft aus, es wird nur noch das Notwendigste zum täglichen Leben gekauft, denn viele Supermärkte akzeptierten seit Donnerstag keine Kreditkarten mehr. Größere Anschaffungen werden aus Mangel an Bargeld überhaupt nicht mehr getätigt.

Wo das hinführen wird, kann sich jeder selbst ausrechnen…

20.03.2013: Zypern am Abgrund

Und die Demonstranten Jubeln in Nikosia

Die 36 zyprischen Parlamentarier haben am Dienstagabend in Nikosia die Gesetzesvorlage der Regierung, die eine Zwangsabgabe von 6,75 Prozent für Guthaben ab 20.000 Euro und bei Guthaben von über 100.000 Euro 9,9 Prozent betragen sollte, abgelehnt. Erstaunlich dabei ist, dass selbst die Abgeordneten der Regierungsparteien ihrer eigenen Gesetzesvorlage nicht mehr zustimmten, sondern geschlossen mit Enthaltung votierten.

Tausende Demonstranten vor dem Parlament jubelten und skandierten nach dem Nein ihrer Volksvertreter: „Zypern gehört seinem Volk!“, „Ein einiges Volk wird niemals besiegt!“

Noch in der gleichen Nacht wurden Verhandlungen mit Moskau aufgenommen. Präsident Anastasiades telefonierte nur wenige Minuten nach der Abstimmung mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin und der zyprische Finanzminister Michael Sarris, der sich eiligst auf den Weg nach Moskau gemacht hatte, versuchte den Totalzusammenbruch des geteilten Inselstaates durch Gespräche mit seinem russischen Amtskollegen Anton Siluanow noch abzuwenden. Sarris hatte Siluanow um die Verlängerung eines existierenden Kredits im Volumen von 2,5 Milliarden Euro um fünf Jahre sowie um einen Zinsnachlass gebeten. Möglicherweise wurden aber hinter verschlossenen Türen auch ganz andere Optionen zur Verhandlung gestellt: Erdgasförderrechte für Russland in den Küstengewässern Zyperns gegen „Bares“.

Mit dem Parlamentsvotum ist die Voraussetzung für die Zusage der Eurogruppe vom Wochenende, Zypern mit einem Kredit von bis zu zehn Milliarden Euro unter die Arme zu greifen , hinfällig geworden, denn als Bedingung dafür wurde die Teilenteignung der Bankkunden eingefordert, die dem Land rund 5,8 Milliarden Euro einbringen sollte.

Es herrscht Chaos im Land. Die Banken bleiben geschlossen und sollen nach letzten Informationen erst am Donnerstag wieder geöffnet werden. Ob dies ohne Hilfe der Eurogruppe oder Russlands möglich ist, steht in den Sternen, denn die beiden führenden Geldinstitute – die Laiki-Bank und die Bank of Cyprus – sind quasi insolvent, nachdem sie sich total „verzockt“ haben.

Die europäischen Regierungschefs, die mehrheitlich die Beteiligung der zyprischen Bankkunden zur Vermeidung des drohenden Staatsbankrotts forderten, stehen jetzt vor dem Scherbenhaufen ihrer Politik, weil sie Hunderttausende Kleinsparer für die Spekulationssucht und „Zockerei“ der zyprischen Banker in Mithaftung nehmen wollten. Damit haben sie weltweit das Vertrauen in eine solide Finanzpolitik der EU verspielt. Davon abgesehen, ist eine solche Maßnahme, die vor allem den Kleinsparer hart trifft, alles andere als sozial. Die Kleinen bluten für die Gier der Banker und Politiker, die den Inselstaat durch ihr Geschäftsmodell – gute Zinsen, wenig Steuern, keine Bankenkontrolle – ins Verderben geführt haben.

Natürlich wandern die Manager der Bank of Cyprus und der Laiki Bank, die eine Summe so hoch wie die jährliche Wirtschaftsleistung Zyperns verspielt haben, nicht ins Gefängnis – ebenso wenig wie die zyprischen Zentralbanker und Politiker, die ihre Aufsichtspflicht nicht wahrnahmen und den Banken alles erlaubten, was mutmaßlich „Kohle“ bringt.

Jetzt heißt es „rien ne va plus“ – nichts geht mehr, ausgespielt…

Auch Merkel und Schäuble tragen Mitschuld an der Situation, denn beide habe zugelassen, dass erstmals in der Euro-Krise Kontoinhaber „faktisch teilenteignet“ werden sollen.

Kommt innerhalb der nächsten Wochen keine tragfähige Lösung zustande und fließen keine Milliarden aus der Eurogruppe oder aus Russland, dürfte sich Zypern wieder zum idyllischen „Olivenländle“ zurückentwickeln.

Aber da ist ja auch noch China! Vielleicht sollte man dort einmal anklopfen. Vielleicht lässt sich Zypern als geostrategischen Wirtschaftsvorposten des Reichs der Mitte verkaufen…

Das chinesische Großkapital ist schon seit geraumer Zeit auf der Sonneninsel zu Hause und kauft riesige Areale für chinesische Luxuswohnviertel zusammen.