Bericht von der Bürgerschaftssitzung Oktober 2022

Subventionierung der Fischereibranche

Im letzten Jahr beantragten die Grünen, dass etwas für die Fischerei in Greifswald getan werden müsse, denn diese befände sich im „Notstand“. Damals sprachen sich zwei Bürgerschaftsmitglieder für das Töten von Kormoranen und Robben als Maßnahme aus!

Auch wenn die antragstellende Fraktion das im Details anders sehen sollte: solcherlei Forderungen sind nunmal leider das geistige Umfeld der Grünen-Beschlussvorlage! Damit die Fischerei Umsatz machen kann, geht man eben über Leichen und will im „Notstand“ sogar noch mehr Tod und Leid produzieren.

Grundlage des diesjährigen Beschlusses ist eine Vorlage aus 2021 – zwei Bürgerschaftsmitglieder forderten damals die Tötung von Kormoranen und Robben und auch in diesem Jahr war es tatsächlich wieder Thema

Ein Satz des damaligen Beschlusstextes aber war wirklich sinnvoll: Man solle „sich dafür einsetzen, dass alternative Möglichkeiten zur Fischerei gefördert werden.“

Davon ist in der diesjährigen Beschlussvorlage, die auf der im letzten Jahr aufbaut, aber leider nichts mehr übrig geblieben. Es wird lediglich nebenbei erwähnt, dass man mit der Universität Greifswald ja was im Bereich Algen-Anbau machen könnte.

Diese Umstellung auf pflanzliche Alternativen aber wäre die Zukunft im maritimen Bereich! Hier hätte man mutig ansetzen müssen, um mit der Zeit zu gehen, Arbeitsplätze zu retten und neue zu schaffen! So aber ist die aktuelle Beschlussvorlage nicht zukunftstauglich, da hilft auch das Feigenblatt Universität nicht.

Auch der Versuch, junge Leute in die Fischerei zu locken (Punkt 5 der Beschlussvorlage), empfinden wir als beschämend und sehen hier lediglich, wie junge Menschen, die eigentlich so viel Chancen in ihrem Leben haben, eines Tages ebenfalls das Abschlachten von Kormoronen und Robben fordern, in ihrer Not, weil sie in einen Berufszweig gelockt wurden, der keine erfüllende Perspektive bieten kann.

Die Ostsee ist eines der schmutzigsten Gewässer der Welt und ist massiv von Überfischung betroffen. Das ist leider die traurige Wahrheit. Wir brauchen Geld und Innovationskraft, damit unsere Gewässer wieder sauber und lebendig werden! Wir brauchen zukunftsweisende Umstellungen auf pflanzliche, ethisch-ökologische Alternativen. Und kein Geschäft mit dem Tod!

Robert Gabel kurz nach seiner Rede gegen die Fischerei-Subventionierung

Wir als PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ haben dieser Beschlussvorlage daher nicht zugestimmt.

Allerdings erhielt sie dennoch eine Mehrheit, denn den Fischerei-Befürwortern von Grünen, Linken und SPD sprangen etliche Bürgerschaftsmitglieder von CDU, FDP und AfD zur Seite, um die Mehrheit zu retten. Dass diese übrigens auch in der diesjährigen Debatte wieder das Töten von Kormoranen thematisierten und sodann eine Erhöhung der EU-Fangquoten forderten, bewies noch einmal eindrücklich, wie fatal falsch die Richtung ist, in der sich die Bürgerschaft hier bewegt!

Liebe Bürgerschaftsmitglieder von Grünen, Linken, SPD, CDU, FDP und AfD: wenn euch eure Enkel oder Urenkel eines Tages fragen, was ihr gegen das Aussterben und gegen die Verdreckung der Meere unternommen hattet, dann werdet ihr schändlicherweise nur sagen können, dass ihr einfach ein Subventionsprogramm für die Fischerei aufgelegt habt! Soll das wirklich alles gewesen sein; die Fischereibranche dabei zu unterstützen, dass sie weiterhin und noch mehr fischen kann?

Hafengebührensatzung

In diesen Zeiten, in denen wir gemeinsam auf der Suche nach Einsparpotenzialen und sozial sinnvollen Einnahmemöglichkeiten für die Stadt sind, damit die Leistungen für die Bürger:innen aufrecht erhalten werden können, will die Verwaltung die Gebühren für Boots- und Yachtbesitzende massiv senken? Und das mit fragwürdigen Berechnungsgrundlagen? Wir setzten uns dafür ein, dass diese Beschlussvorlage uns nochmal beehren darf und stimmen für nochmalige Verweisung in die Ausschüsse, was auch eine Mehrheit fand.

Ergänzungsausweis für Trans*Personen

Anja Hübner bringt unseren Antrag zum Ergänzungsausweis ein

Der DGTI-Ergänzungsausweis hilft Trans*Personen, dass sie nicht (insbesondere ungewollt) diskriminiert werden während der Zeit, in der ihre eigentliche Identität noch nicht formell im Personalausweis anerkannt ist. Das Bundesinnenministerium erkennt diesen Ergänzungsausweis als standardisiertes Ausweisdokument in Kombination mit den amtlichen Ausweisdokumenten an. Wir als PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ möchten daher, dass der Oberbürgermeister die Mitarbeitenden in der Verwaltung, den städtischen Unternehmen und insbesondere beim ÖPNV über den Ergänzungsweis informiert, damit er bekannter wird und akzeptiert werden kann.

Leider hatten CDU und AfD massive Polemiken gegen unseren Antrag aufgefahren. In einer CDU-Pressemitteilung wurde der Ergänzungsausweis sogar mit einem Reichsbürgerausweis verglichen! Diese völlig geschmacklose Grenzüberschreitung zeigt nochmal deutlich auf, dass wir es mit der Tolani-CDU mit einer reaktionären Kraft zu tun haben, die verdientermaßen vom Amt der Oberbürgermeisterin ferngehalten werden konnte. Solche menschenverachtenden Ansichten dürfen in Greifswald keine Mehrheit haben!

Dankenswerterweise wurde unsere Beschlussvorlage gegen die Stimmen von CDU und AfD von der Bürgerschaft aber mehrheitlich angenommen!

Hilfspakete für gemeinnützige Vereine

Wir möchten, dass kein Verein in unserer Stadt in finanzielle Not geraten muss oder gar aufgelöst werden muss aufgrund der steigenden Energiepreise!

Wir haben unsere Beschlussvorlage im Anschluss an die Ausschüsse nochmal angepasst. Es ist nun ein Prüfauftrag und im Rahmen der Haushaltsdiskussionen möchten wir dann über die Summe beschließen und im Zeitraum bis zur Genehmigung des Haushalts dann die ganz konkrete Aufteilung und einzelnen Maßnahmen, in Absprache mit den Vereinen.

Während der Bürgerschaftssitzung brachten nichtstädtische Kulturvereine einen Ergänzungsantrag ein, dass diese auch berücksichtigt werden mögen. Dem kamen wir nach und übernahmen diesen Wunsch ad hoc. Unser Antrag wurde mehrheitlich angenommen, wofür wir uns bei allen Ja-Stimmenden sehr bedanken!

Ethisch-nachhaltige Finanzen (Divestment)

Wir haben Divestment schon zwei mal als generelles Vorhaben beschlossen. In der Nachhaltigkeitsstrategie und im Haushaltsbeschluss. Entsprechend haben wir uns gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Gruppen und der städtischen Verwaltung an die Arbeit gemacht und das allgemein Beschlossene nun konkretisiert. An dieser Stelle vielen Dank an Frau Wiedemann und Frau Stawinski aus der Finanzabteilung und auch an Oberbürgermeister Dr. Fassbinder, der sich der Wichtigkeit des Themas bewusst ist.

Denn Geld ist nicht gleich Geld. Je nachdem, wofür es ausgegeben wird, ist es niemals neutral, sondern immer qualitativ gebunden an den Zweck. Und genauso ist es mit der Beschaffenheit von Geld, wenn man es etwa als Investment anlegt oder Kredite aufnimmt. Hier ist genauso darauf zu achten, in welchem Zusammenhang das Geld steht. Daher freuen wir uns, dass wir hier in Greifswald das Thema Divestment anpacken und dass es hier eine breite Zusammenarbeit gibt. Übrigens empfahl die CDU/SPD-Bundesregierung Divestment für Kommunen und die neue Bundesregierung werden wir da sicher auch auf unserer Seite haben.

Allerdings warten wir noch auf die Rückmeldung einiger Banken, um die Kriterien zu verfeinern, die unsere Finanzabteilung dann anwenden kann. Da diese Rückmeldungen wider Erwarten noch nicht vollständig vorliegen, haben wir beschlossen, diese Beschlussvorlage nochmal zu schieben und sie wird dann inklusive der Änderungen aus den Ausschüssen, die wir bereits eingebaut, aber noch nicht ins Ratsinfosystem hochgeladen haben, erneut eingebracht werden.

Katar-WM-Boykott

Immer mehr Sportvereine, Fanclubs, Lokalitäten und Städte schließen sich weltweit derzeit der #BoycottQatar2022-Initiative an. Auch in Deutschland und in den unterschiedlichsten Arten und Weisen. Mit offiziellen Statements, mit der Weigerung, Public Viewing durchzuführen oder diese WM in den eigenen Räumlichkeiten zu zeigen und vielem mehr.

Es geht darum, das System der WM-Vergabe zu kritisieren. Es geht darum, die unfassbaren Umstände des Baus der Stadien zu thematisieren. Es geht darum, die generelle politische Situation in Katar anzusprechen. Wir alle wissen, wie menschenfeindlich das Leben für Frauen und Minderheiten ist. Es muss gelingen, das Bewusstsein für all diese Problemlagen zu erhöhen und Greifswald kann hier einen Beitrag leisten.

Wir haben im Vorfeld viele Gespräche dazu geführt. Alle waren sich einig, dass diese WM besonders kritikwürdig ist, viele wollen die WM privat boykottieren, obwohl sie Fußballfans sind. Nur fehlte es mitunter an Mut und Selbstverständnis, dies auch politisch auszudrücken. Wir haben daher die Fraktionen darum gebeten, sich einen Ruck zu geben und unseren kurzfristig eingereichten Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung zu wählen.

Im Andenken an die tausenden gestorbenen Arbeiter:innen beim Stadienbau, in der Hoffnung auf eine weltweite Sportgemeinschaft, die nach und nach sich von Korruption befreien kann und dass der Sport wieder im Mittelpunkt stehen kann. Dafür braucht es viele Einzelinitiativen und wir als Bürgerschaft, in Vertretung der Stadt Greifswald, können eine dieser sein.

Allerdings fehlte knapp die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen, damit unser Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung kommen konnte. Der gesamte Block rechts der Mitte stimmte dagegen, aber auch drei grüne Bürgerschaftsmitglieder.

Insbesondere über die Weigerung in den Reihen der Grünen sind wir maßlos enttäuscht!

Wir werden diese Vorlage voraussichtlich noch einmal einbringen, auch wenn dann die WM schon fast vorbei sein wird.

Was sonst noch passierte

Die Abwahl von Peter Multhauf (früher: PDS/LINKE, dann Wahlkämpfer für „dieBasis“-Sympathisantin Wuschek, derzeit für die FDP/Bürgerliste aktiv) aus der Ortsteilvertretung Schönwalde I/Südstadt misslang. Es fehlte eine Stimme. Gemäß der Schilderungen der Ortsteilvertretungsmitglieder ist seit Beginn der Legislaturperiode vor drei Jahren keine normale Sitzung mehr möglich, weil Multhauf massives Mobbing betreibt, stört und beleidigt. Eine Mehrheit aus CDU, FDP, Bürgerliste und AfD steht aber hinter Multhauf. Einfach aus Prinzip. Gründe können sie keine nennen, außer immer und immer wieder zu wiederholen, dass Multhauf kein Rassist sei. Hat auch niemand behauptet, aber das merken sie nicht. Ein Vorwurf von vielen (!) ist, dass er jemanden rassistisch beleidigte. Das kann man auch als (selbsternannter oder tatsächlicher) Nicht-Rassist.

Der Organisator der Greifswalder Querdenken-Demonstrationen, Andreas Pieper, meldete sich unter dem Tagesordnungspunkt „Fragen und Anregungen der Einwohner“ zu Wort und beschwerte sich über angeblich mangelnde Kooperation der Ämter bei der Genehmigung seines prorussischen Unternehmeraufstand-Autokorsos. Er forderte sogar einen Untersuchungsausschuss. Seine einzige sinnvolle Aussage war „Ich verstehe die Welt nicht mehr.“ Und wir verstehen nicht, wieso die Greifswalder FDP dieser Person auch noch applaudiert.

Erfreulich: Kostenfreie Tamponspender in den Schulen wurden mehrheitlich beschlossen! Und es sollen Smartbänke geprüft werden.

Zwiegespalten: Die Bettensteuer soll geprüft werden. Ob das was bringt oder nur Ärger beschert? Wir als PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ warten die Prüfung und Kalkulationen ab und entscheiden dann sachgerecht.