Bericht von der September-Sitzung des Kreistags Vorpommern-Greifswald

Das erste Mal in 2022 tritt der Kreistag nicht in Pasewalk, sondern in Greifswald zusammen, in der Stadthalle. Und das erste Mal überhaupt mit elektronischen Abstimmungsgeräten. Diese funktionieren einwandfrei, alle sind begeistert. Für die Bürgerschaft hatte unsere Fraktion beantragt, dass wir ebenfalls elektronisch abstimmen können und hoffen auf baldige Umsetzung. Hier nun die wichtigsten Tagesordnungspunkte und unsere Positionierungen:

 

Mobile Impfteams zum Betrieb der Impfzentren

Die nächste Coronawelle steht an und es gibt auch bereits frisch zugelassene Impfstoffe, die speziell gegen Variante B5 helfen. Wir begrüßen die Fortführung der Impfzentren und mobilen Impfteams. Dem Antrag der Kreisverwaltung stimmen alle zu – außer einige Verwirrte von Rechtsaußen natürlich.

 

Digitalisierungsstrategie des Landkreises Vorpommern-Greifswald

Die Digitalisierung schreitet voran, unser Landkreis darf den Anschluss nicht verpassen. Deutschland hat generell immensen Nachholbedarf im Vergleich zu vielen anderen Ländern. Wenn wir im Nordosten attraktiver für Betriebsansiedlungen, Tourismus und Menschen jeden Alters werden wollen, müssen wir insbesondere hier massiv aufholen. Großindustriestandort werden wir so leicht nicht werden, daher müssen wir ganz auf den Faktor „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ setzen – und dank Digitalisierung und Home Office ist das besser als jemals zuvor möglich.

Die Rechtsaußenfraktion polemisiert leider tatsächlich gegen diesen Antrag, so unfassbar entrückt sind die. Wir hingegen sagen Danke für diesen Antrag der Verwaltung und die ambitionierten Ziele im Strategiepapier und werden darauf achten, dass es auch wirklich voran geht!

 

Satzung des Landkreises Vorpommern-Greifswald über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung

Der große Streitpunkt dieser Kreistagssitzung! Kleingärtner:innen beschweren sich während der Sitzung, weil sie nun Gebühren zahlen müssen, die vorher nicht anfielen. Eine Gesetzesänderung zwinge uns dazu, meint Vizelandrat Hasselmann (CDU). Doch viele Fragen bleiben offen, der Dialog mit den Gartenvereinsvorständen sollte nachgeholt werden und es gibt den Vorschlag, den Antrag um einen Gremienlauf zu verschieben. Damit würden wir immer noch gut im Zeitplan liegen, niemand zwingt uns nämlich, die Satzung genau jetzt zu beschließen. Hasselmann wird unsachlich und schmettert den Vorschlag ab.

Die Kleingärtner:innen sind fassungslos, denn auch der Änderungsantrag an der Satzung zugunsten der Kleingärtner:innen wird durch die CDU-AfD-FDP-Mehrheit im Kreistag abgelehnt. Die Satzung wird mit Gewalt durchgedrückt. Axel Hochschild von der Greifswalder CDU verlässt klammheimlich den Sitzungssaal, denn in der Bürgerschaft mimt er den großen Gartenfreund. Wir werden dieses unsägliche Gebahren seiner CDU gegenüber den Kleingärtner:innen im Landkreis nicht vergessen!

 

Bewährtes und etabliertes ILSE-Rufbussystem weiterhin sichern und ausbauen

Das Erfolgsmodell des Rufbusses, das im Nordwesten des Landkreises etabliert wurde, muss fortgesetzt werden. Und Überraschung, das ist selten: 100 % Ja-Stimmen im Kreistag!

 

Prüfung der Einführung der Biotonne

Wir möchten, dass endlich die Biotonne in Vorpommern-Greifswald eingeführt wird! Fast überall im Bundesgebiet ist sie bereits Standard und es gibt entsprechende gesetzliche Vorgaben. In unserem Landkreis werden diese aber sehr locker interpretiert und man begnügt sich damit, dass die Bürger:innen ihren Biomüll zentral anliefern können. Das ist nicht hinnehmbar! Biomüll kann zu Biogas verarbeitet werden und hilft bei den Herausforderungen der künftigen Gasmangelsituation. Auch ist der Einsatz als Kompost möglich, was zur Reduzierung von Tier- sowie Kunstdünger beiträgt. Da der Chef der VVOD als Fachmann terminlich leider nicht für eine Stellungnahme im Kreistag erscheinen konnte, um die konservativen Kreistagsmitglieder zu überzeugen, haben wir unseren Antrag auf den nächsten Gremienlauf verschoben.

 

Dringlichkeitsvorlage Energiekrise in Vorpommern-Greifswald

Wir hatten ja eine Kleine Anfrage gestellt, um die Aktivitäten der Kreisverwaltung im Zusammenhang mit der Energiekrise in Erfahrung zu bringen. Leider gab es keine Antworten, sondern eher Vermerke, dass derzeit nichts geplant sei.

Nun also eine Dringlichkeitsvorlage zum Thema. Und da es für uns alle von enormer Relevanz ist, sollten sich hier auch alle demokratischen Parteien wiederfinden und einig sein – vom Kreistag sollte ein Signal ausgehen, dass wir besonnen, sachgerecht und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger vorgehen.

Allerdings gab es sowohl von DIE LINKE als auch von unserer Fraktion Ergänzungsbedarf. Also einigten sich alle Kreistagsfraktionen (außer Rechtsaußen) auf eine gemeinsame Vorlage. Das ist auch etwas einmaliges!

Die Fokussierung auf Atomkraft im CDU-Teil der Vorlage irritiert aber. Die Energieprobleme von Vorpommern werden gewiss nicht durch zwei sehr teure Atomkraftwerke in Süddeutschland gelöst, die grundsätzlich so gut wie gar keine Auswirkung auf die Strom- oder gar die Gaspreise haben. Da sind kurzfristige und wirkungsvolle Maßnahmen wie der Energiepreisdeckel, die Entkoppelung von Gas- und Strompreisen und ein Ende der Verstromung von Gas sowie Power-to-Heat-Lösungen, wie im Ergänzungsantrag unserer Fraktion genannt, viel entscheidender.

Auch vermissen wir im ersten Punkt des CDU-Teils die Nennung von Vereinen und Privathaushalten. Der CDU sind offenbar nur die Unternehmen wichtig.

Zur Verwunderung Vieler brachte MdB Philipp Amthor (CDU) den Antrag ein. Seine Redezeit nutzte er, um sich als Vertreter des Volks zu inszenieren und um in übelster Tonlage gegen die Ampelkoalition auszuteilen. So hatten sich das die miteinbringenden Fraktionen eher nicht gedacht. Als MdB Erik von Malottki (SPD) betonte, dass er das Regierungshandeln seiner eigenen Partei ebenfalls teilweise kritisch sieht, bekommt er aber keinen Zuspruch von Amthor, sondern wird abermals in arroganter Weise von Amthor abgekanzelt. Ein anderes SPD-Kreitagsmitglied polemisiert sodann massivst gegen die Grünen und seine eigene Partei und erhält dafür tosenden Applaus von Rechtsaußen und CDU.

Der gesamte Antrag war im Effekt also eine einzige Amthor-Show und billigste Polemik gegen die Ampelkoalition. Was hat sowas im Kreistag zu suchen? Aus dem großen und wichtigen Anliegen wurde leider – trotz treffendem Redebeitrag von Ulrike Berger – ein Tiefpunkt in der Geschichte des Kreistags.

Passend dazu gab es noch zwei Anträge von Rechtsaußen zur Öffnung von Nord Stream II und gegen Russlandsanktionen, die verlogenste Putinpropaganda sowie entsetzliche demokratiefeindliche Aussagen enthielten. Wenigstens hier gab es u.a. von Amthor einen vernünftigen verbalen Konter. Mittelfristig benötigen wir aber wohl den Schweriner Weg nicht nur für die NPD, sondern auch für andere Rechtsaußenfraktionen in unserem Kreistag.