Bürgergeld: Neuer Name für Hartz IV!

Bundestag und Bundesrat haben am Freitag der Einführung des Bürgergelds zugestimmt. Es soll zum Jahresanfang das bisherige Hartz-IV-System ablösen und wird von den Ampel-Parteien als „Systemwechsel“ angepriesen.

Doch was ändert sich wirklich? Ein paar kleine Verbesserungen gibt es: So wird u.a. der Regelsatz erhöht – für alleinstehende Erwachsene von derzeit 449 € auf 502 € monatlich, die Zuverdienstgrenzen werden angehoben und der Fokus soll mehr auf der Weiterbildung von Arbeitslosen liegen statt auf Vermittlung auch in Aushilfsjobs.

Dennoch bleiben die menschenunwürdigen Prinzipien des Hartz-IV-Systems weiterhin erhalten, wesentliche Änderungen wurden durch die Union verhindert.

Im Vergleich zu den ursprünglichen Ampel-Plänen wurden Schonvermögen und Karenzzeiten, in denen z. B. größere Wohnungen unangetastet bleiben, deutlich verringert.

Die ursprünglichen Pläne sahen zudem vor, dass es am Anfang des Bürgergeld-Bezugs eine halbjährige „Vertrauenszeit“ geben soll. In ihr hätten Betroffenen nur eingeschränkt Leistungskürzungen gedroht, was den anfänglichen Schock der Arbeitslosigkeit hätte lindern können. Doch diese fällt nun weg. Sanktionen sollen vom ersten Tag an umfassend möglich sein, z. B. wenn Betroffene eine „zumutbare Stelle“ nicht annehmen.

Dahinter steckt der Irrglaube, dass mehr Sanktionsmöglichkeiten die Bezieher:innen von Bürgergeld schneller in Arbeit bringen und somit zu geringeren Kosten führen würden, verbunden wohl mit dem deprimierenden Menschenbild, dass Menschen faul sind und ökonomischen Druck bräuchten. Doch wissenschaftliche Studien zeigen, dass Sanktionen kontraproduktiv sind und eher zu einer geringeren Beschäftigung führen, weil sie Menschen psychisch noch stärker unter Druck setzen und zu geringeren Bemühungen führen. Die Mehrheit der Betroffenen will jedoch von sich aus wieder arbeiten, denn Arbeit würde ihnen die Möglichkeit geben, etwas Sinnvolles zu tun sowie soziale Teilhabe und Anerkennung zu erfahren.

Zudem bedeutet eine Erhöhung des Regelsatzes um nur 53 Euro in Zeiten, in denen auch viele hart arbeitende Menschen sich die gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise kaum noch leisten können, keine wirkliche Verbesserung der Lebensumstände, sondern nur einen Inflationsausgleich. Über längere Zeit können 502 Euro im Monat zu Verelendung, Krankheit und Einsamkeit führen, denn eine anständige materielle Versorgung sowie Teilhabe am Sozialleben sind dadurch kaum möglich. Sozialverbände fordern z. B. 650 Euro.

Der Bundesratskompromiss mit der Union ist im Ergebnis gerade das, was die Ampel wohl auch ohne Inflation vorhatte – bei den Grünen war die Anhebung des ALG2-Satzes um 50 € im Wahlprogramm verankert. Daher hätte die Ampel aufgrund der veränderten Situation mit einem ambitionierteren Vorschlag in die Verhandlungen gehen müssen.

Wir setzen uns für eine grundlegende Abkehr vom System Hartz IV (egal unter welchem Namen) ein und fordern die Erprobung und darauf folgende Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens, das sozial ausgerichtet, ökonomisch machbar und nachhaltig ist und eine dringende und sinnvolle Antwort auf ökonomische Herausforderungen darstellt.