Defizite der Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrssystem

Menschen mit Behinderung haben es noch immer schwer, am gesellschaftlichen Leben ausreichend zu partizipieren. Dabei gibt es auf europäischer Ebene zwischen den Mitgliedsstaaten der EU eklatante Unterschiede. Das beginnt bei dem großen Thema Barrierefreiheit im öffentlichen Nah- und Fernverkehr:

Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie der Buchungsplattform OMIO ist leider jeder fünfte deutsche Bahnhof nicht barrierefrei. Allerdings ist die Situation in anderen europäischen Staaten noch viel dramatischer: In Frankreich gilt nur jeder dritte Bahnhof als barrierefrei, in Italien bloß jeder siebte.
Aktuelle visuelle Reiseinformationen wie digitale Anzeigetafeln bieten in Tschechien, Polen und Spanien nur gut die Hälfte der Bahnhöfe an. In Deutschland und den Niederlanden sind es immerhin 98 %.
Dafür hapert es in Deutschland an der Zuverlässigkeit. Eine kurzfristige Gleisänderung, eine Verspätung, die zu einer Verknappung der Umsteigezeit führt, oder gar der Totalausfall eines Zuges – für einen Menschen mit Behinderung kann eine Reise so zur Tortur werden.
Und auch sehr wichtig: Einrichtungen zur Barrierefreiheit nützen nur, wenn sie funktionieren. Ein defekter Fahrstuhl hilft einem Menschen mit Behinderung gar nicht.
Wie im Fernverkehr so ist auch im Bereich des ÖPNV das Ziel bei weitem noch nicht erreicht. Nach wie vor sind vielerorts Hochflurbusse unterwegs. Das Problembewusstsein ist in den Kommunen zwar meistens vorhanden, aber nicht die Finanzspielräume für die Umsetzung. Und auch im ÖPNV ist die Orientierung an den Stationen – etwa für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen – oftmals eine nicht zu bewältigende Herausforderung. Nummer der Linie, Anzahl der Stationen, Umsteigemöglichkeit – all diese Informationen müssten nach dem Zwei-Sinne-Prinzip verfügbar sein, sind es aber vielerorts nicht.
Menschen mit Behinderungen haben völlig unterschiedliche Anforderungen an die Barrierefreiheit im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Es ist daher absolut unabdingbar, dass ihre Perspektiven in die Planungen einfließen und dass – gerade im kommunalen Bereich – dringend notwendige Geldmittel zur Verfügung gestellt werden.