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Energieverbrauch für Internetanwendungen steigt kontinuierlich

Klimakiller Katzenvideo?!

Die Wartezeit auf Bus und Bahn mit der neuesten Folge der Lieblingsserie verkürzen, das Wetter für das kommende Wochenende und den Kontostand mittels App checken oder eben schnell den YouTube-Link zum putzigen Katzenvideo in diverse WhatsApp-Gruppen schicken.

Während den meisten Nutzer*innen bewusst ist, wie wichtig es ist Plastik zu vermeiden oder welche Vorteile ein Verzicht auf unnötige Autofahrten für den Klimaschutz haben kann, ist der Anteil des alltäglichen Smartphone-Einsatzes dabei oft nicht im Fokus.

Nach aktuellen Studien entfallen auf Online-Anwendungen bereit bis zu 3,7 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und die Prognosen für das Jahr 2030 gehen weit in den zweistelligen Prozentbereich, denn jeder Film- oder Serien-Stream, jede Suchanfrage und jede Videokonferenz landen auf dem Zähler.

Immer mehr Ressourcen…

In den letzten Jahren kam es zu einem drastischen Anstieg der erforderlichen Ressourcen, Datenmengen und dem daraus resultierendem Energiebedarf. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Zunächst einmal stieg die Anzahl der weltweiten Endgeräte von vier Milliarden im Jahr 2017 auf 5,5 Milliarden im Jahr 2020 kontinuierlich an. Aber auch die Produktion von Smartphones, Tablets, Smartwatches und Co. erfordert durch immer aufwendigere Features wie größere Displays und immer leistungsstärkere Akkus stetig mehr seltene Rohstoffe.

Auf der anderen Seite steht laut den Forschenden des französischen Thinktanks „The Shift Project“ ein sich stark wandelndes Nutzungsverhalten: Mobiles Surfen wird dank LTE und demnächst 5G immer schneller und zugleich günstiger. So verwundert es wenig, dass sich das durchschnittliche monatliche Datenvolumen in Deutschland in den letzten zehn Jahren von 0,027 auf 2,5 Gigabyte verhundertfacht hat.

Zudem werden Videoinhalte immer hochauflösender und dadurch natürlich auch deutlich attraktiver, was dazu geführt hat, dass die bewegten Bilder inzwischen 69 Prozent des weltweiten Internetverkehrs ausmachen, mit stetig steigender Tendenz. Laut den Aktivist*innen des Shift-Projects verursachen Streamingdienste inzwischen alleine einen Ausstoß von 300 Millionen Tonnen CO2 im Jahr, was in etwa einem Prozent aller globalen Emissionen entspricht. Heruntergebrochen bedeutet es, dass zwei Stunden Netflix in HD-Qualität so viel Strom verbraucht wie ein Backofen. In den Bereich Streaming werden neben den Marktführern Netflix, Amazon Prime und Disney+ auch YouTube und diverse Seiten der „Erwachsenen-Unterhaltung“ mit eingerechnet.

Aber auch andere Internetanwendungen benötigen Energie – So beziffert Google den Wert pro Suchanfrage mit 0,3 Wattstunden. Der Konzern selbst verbraucht laut eigenen Angaben derzeit 5,7 Terrawattstunden pro Jahr, was dem Energiebedarf einer amerikanischen Großstadt entspricht. Viele Internetkonzerne werben zwar damit, dass Sie für ihre großen Serveranlagen Wind- und Sonnenenergie als Stromquellen nutzen – Jedoch würde die komplette weltweite Ökostromproduktion derzeit noch nicht ausreichen, um den Energiehunger der Internet- und Mobilfunkanbieter zu decken. Wissenschaftler des Shift-Thinktanks rufen aus diesem Grund zu einer „digitalen Mäßigung“ auf.

Individueller Blickwinkel

Zurück zu Katzenvideos und Co. sehen viele Nutzer*innen in Sachen Energieverbrauch meist nur den dauerhaft schwindenden Akku der Hosentaschen-Endgeräte, jedoch nicht die gesamte dafür erforderliche Infrastruktur, die es letztendlich erst ermöglicht, bei YouTube die putzige Katze zu zeigen, die vom Sofa purzelt.

Das ganze Internet ist eben mehr als nur der Smartphone-Akku, denn es kommt die Energie dazu, die benötigt wird um Handy, Tablet und Co zu produzieren, der Strombedarf der Anbieter wie YouTube und Google, der jeweilige Mobilfunkbetreiber und zigtausende Funkmasten.

Den gesamten Stromverbrauch des Internets geben die Forschenden des Shift-Projektes 2019 mit mehr als 3600 Terawattstunden (TWh) pro Jahr an, was einem fast 1000 TWh höheren Stromverbrauch als ganz Deutschland entspricht. Und während auf allen Gebieten versucht wird, den Energieverbrauch und damit die Kohlendioxidemissionen zu verringern, schätzen sie, dass es hier jedes Jahr rund neun Prozent mehr werden.

Was kann man selber tun?

Wie bei vielen Dingen rund um den Umwelt- und Klimaschutz können auch viele kleine Dinge in der Folge großes bewirken, was in einer Veränderung des Verhaltens beginnen kann: Müssen wirklich alle Dateien in einer Cloud gespeichert werden oder reicht auch die lokale Festplatte? Kann ich vielleicht uralte Mails aus dem Speicher des Postfachs löschen? Können vielleicht Newsletter abbestellt werden die man eh nie liest? Muss die Serie wirklich „zwischendurch“ online gestreamt werden oder doch lieber entspannt zuhause auf dem Sofa im WLAN?

Grundsätzlich müssen mündige Internet-Nutzer*innen für dich festhalten, dass der Zugang zum World Wide Web über das Mobilfunknetz deutlich mehr Strom benötigt, als über das heimische Kabel. Expert*innen gehen hier sogar von einem bis zu 23x höheren Energiebedarf aus und je höher die verfügbare Geschwindigkeit unterwegs ist, umso geringer das Bedürfnis, zuhause das WLAN nutzen zu wollen. Vor diesem Hintergrund fordern einige Wissenschaftler*innen Geschwindigkeitslimits oder zumindest Begrenzungen des Datenvolumens für das Streaming, um das mobile Internet so wieder mehr zu einem Text- und Bildmedium zu machen.

Zusammenfassend gesehen ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht entschieden, ob sich das (mobile) Internetwachstum weiter zum Klimakiller entwickeln wird, oder ob es durch politisches Eingreifen eine Koexistenz von Katzenvideos in Einklang mit der Begrenzung der Erderwärmung geben kann.