Heute ist IDAHOBIT und Selbstbestimmungsgesetz überwindet letzte Hürde

Pünktlich zum heutigen IDAHOBIT (Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit) wurde in Deutschland ein wichtiger Meilenstein erreicht:
Das #Selbstbestimmungsgesetz hat die letzte echte Hürde überwunden und den Bundesrat passiert. Somit kann und soll es wie geplant noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Happy #IDAHOBIT allen Betroffenen!

Das Selbstbestimmungsgesetz soll es Menschen künftig erleichtern, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister sowie Vornamen ändern zu lassen.

Es ist ein wichtiger Schritt für transgeschlechtliche und allgemein nichtbinäre Personen, da bei ihnen das bei der Geburt eingetragene Geschlecht nicht ihrer tatsächlichen Geschlechtsidentität entspricht, sowie für intergeschlechtliche Personen, die trotz biologisch nicht eindeutig zuzuordnenden Geschlechtsmerkmalen einfach dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeteilt wurden. Mit der Zuordnung zum falschen Geschlecht gehen meist auch diesem Geschlechtseintrag entsprechende und damit unpassende Vornamen, sogenannte Deadnames, einher.
Diese beiden Missstände vergleichsweise unkompliziert beheben zu können, sorgt nicht nur dafür, dass mehr Menschen auch offiziell die Personen sein können, die sie schon immer waren, sondern wird höchstwahrscheinlich auch die Selbstgefährdungs- und Suizidraten unter Betroffenen senken.

Es ist zwar schon länger möglich, eine Änderung des eigenen Geschlechtseintrages zu beantragen, aber bisher ist das ein langwieriger, kostspieliger und im Zweifelsfall auch diskriminierender und entwürdigender Prozess, der auch nicht zwingend erfolgreich ist. Bislang sind dazu nämlich zwei voneinander unabhängige Sachverständigen-Gutachten und eine gerichtliche Entscheidung notwendig. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz soll dafür künftig eine Erklärung gegenüber dem Standesamt ausreichen. Bei Minderjährigen über 14 mit Zustimmung der Sorgeberechtigten, bis 14 Jahre durch die Sorgeberechtigten. Jedoch können diese im Zweifelsfall durch ein Familiengericht zum Wohle der minderjährigen Betroffenen überstimmt werden. So ist es auch aktuell vor der Einführung des neuen Gesetzes bereits Praxis.

In der Diskussion um das Selbstbestimmungsgesetz wurden und werden von Gegner:innen immer wieder verschiedene Bedenken geäußert, daher möchten wir an dieser Stelle noch auf drei besonders häufige davon eingehen:

Können Menschen mit dem neuen Gesetz ihr Geschlecht einfach munter hin- und herwechseln?
Nein. Es ist vorgesehen, dass eine erneute Änderung erst nach einem Jahr wieder möglich ist – falls Betroffene die Änderung am Ende doch bereuen. Und darüber hinaus ist zu bedenken, dass natürlich auch an allen dafür relevanten Stellen die entsprechenden Änderungen vorgenommen werden müssen, also z. B. Personalausweis, Führerschein, bei Banken, Versicherungen, beim Arbeitgeber, ggf. im Grundbuch, etc. Das ist nicht nur mit viel Aufwand verbunden, sondern bei offiziellen Dokumenten auch mit Kosten.

Wird durch das Selbstbestimmungsgesetz ermöglicht, dass Minderjährigen Hormone gegeben oder gar geschlechtsangleichende Operationen bei ihnen durchgeführt werden können?
Nein. Hier ändert sich am Ist-Zustand nichts, denn die Gesetzesneuerung bezieht sich da rein auf Personenstand und Namen.

Was ist mit Schutzräumen für Frauen? Müssen entsprechend vorbelastete Frauen befürchten, dort künftig von Männern belästigt zu werden, die zu diesem Zwecke ihren Geschlechtseintrag ändern lassen?
Nein. Wie zuvor ausgeführt ist es mit einem einfachen Gang zum Standesamt noch nicht getan, sondern es müssen natürlich auch alle Dokumente etc. entsprechend geändert werden. Das alleine ist natürlich noch keine echte Sicherheit, aber zumindest eine deutliche Hürde. Jedoch gilt in entsprechenden Schutzräumen auch weiterhin das Hausrecht, sodass im Zweifelsfall Personen abgewiesen werden können, wenn dadurch z.B. eine Retraumatisierung anderer Schutzbedürftiger zu befürchten wäre. Dies bezieht sich jedoch dann auf konkrete Fälle vor Ort, ermöglicht aber im Sinne der Antidiskriminierung keine pauschale Abweisung, damit auch trans Frauen ohne vorherige geschlechtsangleichende OP dort Schutz suchen und finden können.

Weitere Informationen dazu findet ihr z. B. beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/queerpolitik-und-geschlechtliche-vielfalt/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg–199332

(bw)