Tierschutz und Tierrechte in der Europäischen Union

Brief an 96 deutsche EU-Abgeordnete

Nachfolgendes Schreiben, initiiert vom Landesverband Niedersachsen der Tierschutzpartei, wird heute postalisch versendet an die 96 deutschen EU-Abgeordneten.

European Parliament
z.H. xxx
Rue Wiertz
Altiero Spinelli 15E140
1047 Brussels

An die deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments

Tierschutz und Tierrechte in der Europäischen Union

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

mit Sorge betrachten wir den Umgang mit Tieren in der Europäischen Union und möchten diesen so auch nicht mehr hinnehmen. Maßlose und weltzerstörende Massentierhaltung, überflüssige Tierversuche, komplett vermeidbare und viel zu lange Tiertransporte, mit Tradition gerechtfertigte Tierquälereien, Mitgliedsländer ohne Gesetze zum Schutz der Tiere mit verheerenden Auswirkungen auf die dort lebenden Tiere und das alles der auf Europaebene schriftlich fixierten Anerkennung von Tieren als fühlende Wesen zum Trotz.

Initiiert durch unseren Landesverband Niedersachsen appellieren wir an Sie, sich nachhaltig und zeitnah für den Schutz und die Rechte von Tieren einzusetzen und erlauben uns, u.a. Vorschläge zu unterbreiten. Wir sind uns bewusst, dass die Veränderung bzw. der Erlass von Rechtsvorschriften eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird und auch muss. Aus diesem Grund schlagen wir auch kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Tiere vor.

Langfristig zu ergreifende Maßnahmen:
Schaffung einer bekennenden Regelung zum umfassenden Tierschutz durch Aufhebung der Beschränkung auf die sieben Politikbereiche in Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sowie Streichung des letzten Halbsatzes („sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.“) Darauf aufbauend der Erlass einer in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltenden Tierschutzverordnung, die mindestens dem Standard des deutschen Tierschutzrechts entspricht.

Kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen:
Finanzielle Unterstützung der insbesondere in den östlichen und südlichen Ländern bereits durch Privatpersonen geleisteten, konzeptionellen Tierschutzarbeit. Für die Beantragung der Mittel sollte ein unkompliziertes, auf das nötige Maß reduzierte Verfahren zeitnah entwickelt werden.

Beispielsweise halten wir eine finanzielle Unterstützung von Markus Raabe für denkbar.
www.equiwent.eu (Verbesserung der Bedingungen für Arbeitspferde in Rumänien und humanitäre Hilfe)

Wir beziehen uns auf folgende Vorschriften:

Gem. Artikel 3 des EU-Vertrages ist es Ziel der Union, den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern. Zu diesen Werten gehört auch der Tierschutz.

In Artikel 13 AEUV heißt es, dass bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung tragen; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.

Durch die Bezeichnung des Artikel 13 als „Querschnittsklausel“ ist er eine verbindliche Rechtsnorm und nicht etwa ein bloßer politischer Programmsatz. Er ist als Anweisung an Union und Mitgliedstaaten zu verstehen, Erfordernisse des Wohlergehens der Tiere in andere EU-Politiken und -maßnahmen zu integrieren. Da der Tierschutz nunmehr in den mit „Grundsätze“ überschriebenen ersten Teil des AEUV aufgenommen wurde, ist er als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts zu sehen. Artikel 13 hat rechtsverbindliche Steuerungswirkung. Den Tieren wird ein schützenswertes Interesse an der Freiheit von Schmerzen und Leiden sowie am Leben schlechthin zugestanden. Ihnen soll es umfassend wohl ergehen, und zwar artgerecht.

Es genügt also nicht, wenn sie lediglich nicht verhungern bzw. ernährt werden. Sie sollen sich vielmehr entsprechend ihren Eigenarten und Gefühlen entfalten können. Das Schutzgut „Wohlergehen“ ist gleichbedeutend mit einem artgerechten Zustand des Wohlbefindens. Es geht also um den Schutz von vermeidbaren Schmerzen, Leiden und Schäden sowie um den Schutz vor nicht verhaltensgerechter Unterbringung und nicht artgemäßer Ernährung und Pflege.

Von einem „in vollem Umfang Rechnung tragen“ könnte man nicht sprechen, wenn das Unionsrecht bereits wirtschaftliches Gewinnstreben oder das Ziel, Arbeit, Zeit und Geld einzusparen, genügen ließe, um die Zufügung von Schmerzen und Leiden zu rechtfertigen. Insoweit gilt, dass wirtschaftliche Gründe allein es nicht rechtfertigend können, Tieren Schmerzen oder Leiden (einschließlich Angst) zu verursachen.

Hilfreich bei unseren Ausführungen war die Kommentierung zum TierSchG von Hirt, Maisack und Moritz.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Des Bundesvorstandes und des Landesvorstandes Niedersachsen

Horst Wester                                            Matthias Ebner
(Bundesvorsitzender)                             (Bundesvorsitzender)

 

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